Vier Wochen nach dem EM-Finale bestreiten die deutschen Meisterinnen des FC Bayern München gegen die Vizemeisterinnen aus Wolfsburg ihr erstes Pflichtspiel der neuen Saison. Beide Teams gehen nach durchwachsener Vorbereitung mit neuem Cheftrainer in die erste Partie.
Kapitänin Sarah Zadrazil winkte eine Spielerin zu sich, nachdem sie als Kapitänin die Medaille entgegengenommen hatte.
Der Mittelpunkt ist nichts für sie – und doch drehte sich beim 4:2-Sieg der Bayern über den grössten Verfolger der vergangenen Jahre alles um sie. Nach über 400 Tagen Verletzungspause durch einen Kreuzbandriss stand Oberdorf erstmals wieder in einem Pflichtspiel auf dem Platz. Den ersten Titel gab es obendrauf – und setzen die Münchnerinnen die Dominanz fort, folgen weitere in dieser Saison. Die Erkenntnisse des Spiels.
Zwei neue Trainer – aber nur ein Umbruch
Zwei neue Gesichter am Seitenrand im Karlsruher Wildparkstadion: Bei den Bayern sitzt seit Anfang Juli der Spanier José Barcala auf der Trainerbank, die Wölfinnen starten mit einem alten Bekannten in die neue Spielzeit. Stephan Lerch trainierte den VfL bereits von 2017 bis 2021. Und obwohl "der alte Neue" in der Startelf auf das Grundgerüst der vergangenen Spielzeit – mit den beiden Spielführerinnen
Barcala hingegen hatte die Qual der Wahl, liess mehrere Topspielerinnen, wie
Mehrfach betonte der Bayern-Trainer, auf dem System seines Vorgängers Alexander Straus aufbauen zu wollen. Das 4-2-3-1 blieb also, Innenverteidigerin Stine Ballisager war der einzige Neuzugang in der Startelf. Die Adaption verlief erstaunlich gut, der FC Bayern hatte kaum Probleme im Spielaufbau und bei der Rollenverteilung.
FC Bayern: Wo bleibt das Spiel über die Flügel?
Bei seiner offiziellen Vorstellung Mitte Juli nannte Barcala als grossen Unterschied zu seinem Vorgänger, dass sein Spielsystem flügellastiger werden soll. Straus hatte das Zentrum dominant gemacht und selbst Flügelspezialistin Klara Bühl vermehrt in die Halbräume und die Mitte geschickt. Barcala will davon wieder abweichen und die Aussenpositionen stärken.
Im Supercup war davon wenig zu sehen, wenngleich die Besetzung auf den Flügeln überraschte. Neben
Das hohe Pressing und ein dominantes Spiel seien ihm wichtig gewesen, ebenso das Verteidigen der eigenen Box, erklärte Barcala seine Spielidee. "Er fordert mehr, dass wir den Abschluss suchen, wenn wir ins letzte Drittel kommen", ergänzte Nationalspielerin Linda Dallmann. Das gebe den Offensivspielerinnen ein gutes Gefühl. Und erwies sich im Supercup als überaus effizient gegen zeitweise verunsicherte Wölfinnen.
Starkes Oberdorf-Debüt für den FC Bayern
Es überraschte, dass Barcala seine "neue" Starspielerin Oberdorf nicht starten liess. Die 23-Jährige kam in der 62. Minute ins Spiel, nachdem die beiden offensiven Spielerinnen Momoko Tanikawa und Linda Dallmann das Spielfeld verlassen hatten. Der Trainer betonte auf Nachfrage unserer Redaktion, dass es wichtig sei, "welche Spielerinnen in einem Spiel starten, aber auch, welche es beenden." Oberdorf reihte sich positionsgetreu ein – und fiel direkt auf. Mit ihrer Physis und ihrem schonungslosen Pressing sorgte sie für viel Offensivdrang, holte sogar einen Elfmeter raus, als sie sich im Strafraum fallen liess: "Ich weiss jetzt nicht genau, wie stark der Kontakt war, aber ich glaube, wenn man im Sechzehner gehalten wird, kann man es mal probieren", sagte sie später. Sie war erfolgreich.
In den letzten Spielminuten tauschte sie mit Stanway die Rolle und liess es neben Kapitänin Sarah Zadrazil defensiver angehen. Wie Oberdorf, Zadrazil und Stanway sich im defensiven und zentralen Mittelfeld künftig aufteilen werden, bleibt abzuwarten. Das Sechser-Duo der vergangenen Jahre – Stanway und Zadrazil – ist bei Bayern kaum wegzudenken. Dass Oberdorf eine offensivere Rolle zugeschrieben bekommt, ist vorstellbar. Barcala nutzte den Supercup als Test dafür, wie Oberdorf erzählte. Kurz vor Schluss verschuldete sie selbst noch einen Wolfsburger Strafstoss, als sie Lineth Beerensteyn an der Strafraumgrenze umrempelte (86.).
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Wer soll Bayern in dieser Saison gefährlich werden?
Die Vorbereitungen beider Trainer hatten ihre Höhen und Tiefen: Die Vizemeisterinnen verloren ihre Testspiele gegen Union Berlin (0:2) und RB Leipzig (2:3), die Bayern bekamen zuletzt gegen Lyon klar ihre Grenzen aufgezeigt (1:4) und verloren zuvor schon 1:3 gegen Newcastle United. Dennoch: Die Bayern zeigten sich im Supercup wesentlich eingespielter, dominierten im Pressing, machten weniger Fehler im Stellungsspiel und zeigten sich abgezockter im Torabschluss. Der grosse Trumpf der Mannschaft ist aber die "Breite", sagte Dallmann. "Das hat man in der Transferpolitik gut gemacht. Wenn man in allen drei Wettbewerben erfolgreich sein will, braucht man das auch." Der Champions-League-Titel ist also das Ziel?
"Zwischen 60 und 70 Prozent" dessen, was möglich ist, habe man im Supercup gezeigt. "Das wird sich noch einspielen", versicherte Dallmann. Kommende Woche startet die Frauen-Bundesliga, in der nun 14 Teams mitspielen. Die Bayern-Frauen eröffnen in der Allianz Arena vor einem neuen Münchner Rekordpublikum. Schon jetzt sind über 45.000 Karten verkauft. Es könnte ein Festspiel der Bayern werden.
Verwendete Quellen
- Eindrücke und Stimmen aus dem Stadion und von der Pressekonferenz, 30.08.2025