Die Fussballverbände in Schottland und England verabschieden sich von der Idee des "Football for all" – "Fussball für alle" und verbannen trans Frauen aus ihren Teams. Aber die Basis begehrt auf und demonstriert lautstark und solidarisch.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Mara Pfeiffer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Wer sich auf der Homepage des Londoner Vereins Goal Diggers FC umschaut, darf viel lernen darüber, wie echte Inklusion im Fussballsport aussehen kann. Gelebte Offenheit, bezogen auf Gender, aber nicht darauf begrenzt. Eine Vorstellung des lebenslangen Lernens, auch über die Kategorie Geschlecht. Die Idee, dass Fussball wirklich offen für alle Menschen ist, mit all ihren Facetten und Eigenarten, entwickelt hier ihre ganze Kraft.

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Insofern ist es nicht verwunderlich, dass diese Goal Diggers sich an die Spitze einer Bewegung gestellt haben, die derzeit gegen die Fussballverbände in England und Schottland protestiert. Jene Verbände, die nicht einmal vier Wochen gebraucht haben, um ein Urteil des UK Supreme Court, das derzeit nicht nur queere Menschen erschüttert, für sich zu definieren.

Das Gericht hat am 16. April entschieden, dass unter dem "Equality Act 2010" ausschliesslich cis Frauen Anerkennung und Schutz geniessen. Trans Frauen hingegen sind ausgeschlossen, auch, wenn ein "Gender Recognition Document" sie rechtlich als Frau ausweist. Das Urteil zitiert aus transfeindlichen Kampagnen, vor Gericht durfte keine trans Person sprechen. Die Entscheidung verbannt sie nun aus geschlechtsspezifischen öffentlichen Räumen.

Kostenlose Therapiestunden – wofür?

Fussball versteht sich gerne als Ort, an dem Menschen zusammenkommen – und sein dürfen, wie sie sind. Der DFB hat sein Spielrecht 2018 dahingehend verändert, dass Sporttreibende im Amateuer*innen- und Jugendbereich selbst entscheiden dürfen, für welche Teams sie spielen: Männer oder Frauen. Während andere Sportverbände trans Personen zunehmend faktisch ausschliessen, spielt Fussball hier bisher in vielen Ländern eine gute Rolle.

Auch der englische Verband hat das bisher unter gewissen Voraussetzungen getan und diese Entscheidung erst kürzlich verlängert. Nun macht er mit dem schottischen Nachbarn die Rolle rückwärts. Angekündigte Unterstützungsangebote an die rund 30 Frauen, die ihre sportliche Heimat verlieren, entpuppen sich als Angebot für kostenlose Therapiestunden.

Verkauft wird die Exklusion, wie all solche Massnahmen, als Schutz für Frauen und ihren Sport. Der Spott, mit dem viele Frauen nicht nur im Vereinigten Königreich darauf reagieren, ist nicht zu überhören. Wenn im Fussball der Frauen miese Bedingungen kritisiert werden, wenn Fälle sexualisierter Gewalt gegen Frauen öffentlich werden oder struktureller Sexismus angemahnt wird, fallen die Verantwortlichen – in der Regel Männer – selten durch Änderungswillen auf.

Die Basis leistet Widerstand

Nun können sie gar nicht schnell genug ein Urteil umsetzen, das gesellschaftlich noch gar nicht verarbeitet worden ist – und das künftig vermutlich dafür wird herhalten müssen, Ausschlüsse und Diskriminierungen zu verteidigen. Statt zu sagen "Dabei machen wir nicht mit!", gehen die Verbände in England und Schottland bei dieser fragwürdigen Entscheidung sogar voran.

Aber sie sind nicht "der Fussball" – und die Basis leistet Widerstand. Der offene Brief der Goal Digger, den bereits mehr als 100 Vereine, Einzelpersonen und Institutionen unterschrieben haben, beginnt mit der Feststellung, dass die FA Frauen schon 1921 verboten hat, Fussball zu spielen – nun tut sie es wieder. Damals wie heute lassen die Frauen sich diese Einschränkung nicht gefallen. Und damals wie heute lassen sie sich nicht gegeneinander aufhetzen.