Dem Deutschen Meister des Frauen-Handballs droht der finanzielle Kollaps. HB Ludwigsburg hat seinen Spielerinnen, darunter mehreren Nationalspielerinnen, mitgeteilt, laufende Verträge nicht mehr erfüllen zu können. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was ist passiert beim Deutschen Handball-Meister der Frauen?

HB Ludwigsburg, Serienmeister in der Handball-Bundesliga der Frauen, steht nach dem Insolvenzantrag vor dem sportlichen Ausverkauf. Der Verein kann die laufenden Verträge mit seinen Spielerinnen nicht mehr erfüllen – zu gross ist die Finanzierungslücke. Der Supercup-Auftritt wurde gestrichen, ebenso der Startplatz in der Champions League. Ein geregelter Saisonstart in der Bundesliga ist fraglich.

Veronika Mala (M) vom HB Ludwigsburg.
Veronika Mala (M) und ihre Kolleginnen vom HB Ludwigsburg feiern im März 2025 einen Sieg in der Handball-Champions-League der Frauen. © wolf-sportfoto/IMAGO/Marco Wolf

Wie kam es zu der finanziellen Schieflage beim HB Ludwigsburg?

Laut Klub war die Finanzierung der kommenden Saison nicht mehr gesichert. Sponsor Olymp hatte bereits 2024 eine gestaffelte Reduzierung des Engagements angekündigt. Zwar liefen Gespräche mit Partnern, doch die entstandene Lücke konnte nicht geschlossen werden. Der Verein spricht von einer länger gewachsenen Schieflage – offenbar ohne belastbare Notfallstrategie.

Wie geht es nun weiter?

Ludwigsburg prüft einen Neustart – mit kleinerem Etat. Die Bundesliga schliesst eine Teilnahme nicht aus, kündigt aber eine erneute Lizenzprüfung an. In jedem Fall droht ein Punktabzug von acht Zählern. Für Ludwigsburg geht es mit Blick auf die mittelfristige Zukunft vor allem darum, einen kompletten Absturz zu vermeiden. Die zweite Mannschaft des Double-Gewinners spielt nur in der Landesliga Baden-Württemberg. Eine Aberkennung der Titel steht laut Liga nicht zur Debatte.

Wer ist schuld an der Situation?

Die Schuldfrage sorgt für heftige Diskussionen. Trainer Herbert Müller vom Thüringer HC spricht von "erschlichenen Meisterschaften" und wirft Ludwigsburg vor, die Preisstruktur der Liga zerstört zu haben. Ludwigsburgs Vereinschef Christian Köhle konterte am Mittwochabend mit einem scharfen Schreiben – Müller sei ein "notorischer Krawallmacher", der mit "haltlosen Unterstellungen" gezielt nachtrete.

Ist die Heim-WM des deutschen Frauen-Handballs nun in Gefahr?

Organisatorisch nicht, aber sportlich gibt es einige Fragezeichen. Viele Nationalspielerinnen wie Anführerin Xenia Smits, DHB-Kapitänin Antje Döll oder Shootingstar Viola Leuchter stehen nach dem Kollaps praktisch ohne Verein da – wenige Monate vor der Heim-WM, die Deutschland vom 26. November bis 14. Dezember gemeinsam mit den Niederlanden austrägt. DHB-Vorstandschef Mark Schober sieht "alles andere als optimale" Bedingungen und fordert schnelle Lösungen.

V.l.n.r.: Xenia Smits, Dorottya Faluvegi, Viola Leuchter und Antje Döll.
V.l.n.r.: Xenia Smits, Dorottya Faluvegi, Viola Leuchter und Antje Döll stehen nun vor einer ungewissen Zukunft. © IMAGO/Kolektiff/IMAGO/Jozo Cabraja / kolektiff

Welche Schlüsse zieht Bundestrainer Markus Gaugisch?

Auch Markus Gaugisch spricht von einer unsicheren Situation mit Blick auf das sportliche Herzstück der DHB-Auswahl. Die Planungen für die Heim-WM werden Gaugisch und sein Team "aktuell genauso fortsetzen, wie es geplant war, werden aber auch die sich immer wieder ändernden Situationen im Auge behalten und dahingehend anpassen".

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Wo spielen die Spielerinnen des HB Ludwigsburg künftig?

Das ist noch unklar. Noch hat keine Spielerin den Verein offiziell verlassen, doch das Team dürfte auseinanderbrechen. Die Suche nach Alternativen ist aber gar nicht leicht: Die meisten Klubs haben ihre Kader bereits zusammengestellt. Der DHB will helfen, doch die Zeit bis zur WM ist knapp – der erzwungene Vereinswechsel kurz vor der Saison stellt viele vor grosse Herausforderungen.

Mai 2025: Empfang der Deutschen Handball-Meisterinnen in Ludwigsburg
Mai 2025: Empfang der Deutschen Handball-Meisterinnen in Ludwigsburg mit Eintrag ins Goldene Buch der Stadt. © IMAGO/Eibner-Pressefoto/Christiana Kun

Welche Folgen hat der Fall für den Frauenhandball insgesamt?

Der Kollaps trifft den deutschen Frauenhandball ins Mark. Ausgerechnet jener Klub, der zuletzt national und auch international mit dem Einzug ins Champions-League-Finale für Glanzlichter gesorgt hatte, bricht in sich zusammen. Das kratzt am Selbstbild der Liga, die sich nach einem Zuschauerrekord in der Vorsaison auf einem guten Weg wähnte. Entscheidend wird sein, welche Lehren die HBF, der DHB und die Vereine ziehen - und wie schnell. (sid/bearbeitet von msb)