Heiss, teuer und sehr lang – die aufgeblähte Schwimm-WM in Singapur fordert nicht nur die deutschen Athleten extrem, sondern auch den Verband.
Klara Bleyer fliegt als Europameisterin zur Schwimm-WM – und muss aus eigener Tasche zuzahlen. Für die Synchronschwimmerin, eine der deutschen Medaillenhoffnungen in Singapur, sammelte der Verband sogar Spenden. "Ich bin mir sicher, dass wir einen Eigenanteil zahlen müssen", sagte die 21-Jährige, "Sport in Deutschland ist ein bisschen zweitrangig und wird nicht genug gefördert."
Die Finanzsorgen in der Nischensportart, der 25.000 Euro zu den WM-Kosten fehlten, sind besonders gross. Doch auch für andere deutsche Sportler gilt: Die am Freitag beginnenden Weltmeisterschaften in Fernost sind so lang wie noch nie, aber auch so teuer wie noch nie – ausgerechnet in Zeiten, in denen die öffentlichen Mittel gekürzt worden sind. "Die ersten Hotelpreise, die aufgerufen wurden, waren über 600 Dollar pro Person pro Nacht", berichtete Wassersprung-Bundestrainer Christoph Bohm, "meine erste Reaktion war, wir fliegen mit fünf Leuten hin, besetzen die wichtigen Disziplinen und fliegen wieder zurück."
Inzwischen sind die Preise auf 380 Dollar für die Sportler im Doppelzimmer und 520 für die Trainer im Einzelzimmer gesunken, "aber es ist immer noch der ultimative Wahnsinn", so Bohm. Zumal die Springerinnen und Springer mit 15 Prozent weniger Bundesmitteln auskommen müssen. Direktflüge nach Singapur sind deshalb nicht drin, Trainingslager in derselben Zeitzone zur Akklimatisierung ebenso wenig – auch nicht für die Schwimmer um Olympiasieger
WM für den DSV 20 bis 30 Prozent teurer
Auf insgesamt "fast 300.000 Dollar" (256.000 Euro) bezifferte Christian Hansmann, Vorstand Leistungssport beim Deutschen Schwimm-Verband (DSV), im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) die Kosten für die aufgeblähte WM, die erstmals über 24 Tage geht. "20 bis 30 Prozent teurer" als vorangegangene Weltmeisterschaften sei die XXL-Veranstaltung für die insgesamt 49 Athletinnen und Athleten sowie den 31-köpfigen Staff.
Während bei Bleyer, der ersten deutschen Europameisterin in der Geschichte des Synchronschwimmens, und ihren Kolleginnen rund 15.000 Euro Spenden helfen sollen, muss bei Märtens und Co. an anderer Stelle gespart werden. Bei Lehrgängen wird gekürzt, nicht alle Weltcups können bis zum Jahresende besetzt werden. Die Beckenschwimmer um Märtens bereiten sich in der Deutschen Schule in Singapur auf ihre Starts vor.
Die Freiwasserschwimmer um Tokio-Olympiasieger
Wassertemperatur liegt bei Höchstgrenze
Hinzu kommt die extreme Hitze. Bis zu 31 Grad Wassertemperatur sind vor Sentosa Island bereits gemessen worden, die vom Weltverband vorgegebene Höchstgrenze ist damit erreicht. "Das wird eine Quälerei und ein Glücksspiel", mutmasste Berkhahn.
Sportlich soll sich die erste WM nach Olympia trotz aller Probleme auszahlen. Nach nur drei Medaillen in Paris hofft der DSV auf eine Steigerung. Neben Märtens auf seiner Weltrekordstrecke 400 m Freistil zählen vor allem Europarekordler Sven Schwarz (800 und 1500 m), Wellbrock (1500 m) und Gose (800 und 1500 m) sowie Titelverteidigerin Angelina Köhler (100 m Schmetterling) zum Favoritenkreis im Becken. Wellbrock und Klemet rechnen sich über 10 km und im neuen Knock-out-Sprint im Freiwasser gute Chancen aus.
Im Wasserspringen hat Hansmann "in erster Linie die 3-m-Synchron-Wettbewerbe Männer und Frauen und das Teamevent im Sinn". Und Klara Bleyer, die neben EM-Gold auch den Gesamtweltcup gewann, peilt im freien Solo die erste deutsche WM-Medaille im Synchronschwimmen an - dank Spenden und dem ein oder anderen Euro aus der eigenen Tasche. (SID/bearbeitet von lh)