Schwimmer Marius Kusch will bei den umstrittenen Enhanced Games starten, die als Dopingspiele gelten. Mit dem Grund für seine Entscheidung hält der Deutsche nicht hinter dem Berg. Kritik hagelt es trotzdem.

Schwimmer Marius Kusch hat als erster Deutscher seine Zusage für die umstrittenen Enhanced Games gegeben, bei denen Weltrekorde auch mit Hilfe von Dopingmitteln aufgestellt werden sollen. "Jetzt ist Zeit für ein neues Kapitel", kündigte Kusch auf seinem Instagram-Kanal an. "Die Teilnahme an den Enhanced Games ist eine Chance, an meine Grenzen zu gehen und gegen einige der besten Athleten der Welt um ein beispielloses Preisgeld anzutreten."

Die Enhanced Games sollen erstmals im Mai 2026 in Las Vegas steigen. Drei Sportarten sind vorgesehen: Schwimmen, Leichtathletik und Gewichtheben mit jeweils ausgewählten Disziplinen.

Kusch will über 50 und 100 Meter Schmetterling an den Start gehen. Bei den Kurzbahn-Europameisterschaften 2019 in Glasgow hatte Kusch über 100 Meter Schmetterling Gold gewonnen, ein Jahr zuvor gab es für ihn ebenfalls in Glasgow bei der Langbahn-EM über die 4x100 Meter Lagen mit dem deutschen Team Bronze.

Verband verurteilt Spiele "aufs Schärfste"

Vom Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Schwimm-Verbandes, Jan Pommer, gab es nach Kuschs Bekanntgabe deutliche Kritik: "Die Enhanced Games stehen diametral zu allem, wofür der Sport steht." Sie würden Fairness, Gesundheit und die Daseinsberechtigung des Sports selbst verhöhnen, indem sie Doping nicht nur tolerieren würden, "sondern als vermeintlich autonom zu treffende Option zur Selbstoptimierung inszenieren. Der DSV verurteilt dies aufs Schärfste".

Er wies auch auf die besondere Vorbildfunktion von Sportlerinnen und Sportlern hin, während und auch nach der Karriere. "Wer sich bewusst von diesen Werten abwendet, verabschiedet sich von unserem Schwimmsport", sagte Pommer und erwähnte auch noch die "nie vollständig zu überblickenden gravierenden gesundheitlichen Gefahren".

Auch für Ex-Schwimmerin Dorothea Brandt ist der Wechsel ihres früheren Teamkollegen zu den Enhanced Games so etwas wie ein Verrat an den Idealen des Sports. "Irgendwie fühlt es sich schon so an. Wir haben eigentlich gewisse Werte, gewisse Haltungen - und da rückt jetzt jemand aus diesem Kreis aus, der das jahrelang mitgetragen hat. Das ist für mich erstmal schwer zu verstehen", sagte die frühere Aktivensprecherin des Deutschen Schwimm-Verbands (DSV) der Deutschen Presse-Agentur.

Britta Steffen, Doppel-Olympiasiegerin von 2008 im Schwimmen, sagte auf dpa-Anfrage: "Letztlich hängt eine solche Entscheidung immer vom eigenen Wertesystem ab."

Nada prüft Doping-Verstoss

Die Nationale Anti Doping Agentur (Nada) prüft bereits, "ob ein Verstoss gegen das Anti-Doping-Gesetz vorliegt". Das teilte die Nada auf SID-Anfrage und mit und erklärte weiter, dass der 32-Jährige sich "derzeit nicht" in einem Testpool der Anti-Doping-Organisation befinde. Sie sieht "die Gefahr, dass der finanzielle Anreiz über mögliche gesundheitliche Folgen hinwegtäuscht. Gerade Athletinnen und Athleten auf einem so hohen sportlichen Niveau sind zudem Vorbilder für junge Sportlerinnen und Sportler. Es ist fatal, wenn Doping von solchen Vorbildathletinnen und -athleten aufgrund hoher Preisgelder hingenommen wird und die gravierenden Folgen ausgeblendet werden."

Kusch selbst macht aus dem Grund für seine Entscheidung keinen Hehl und der hat recht wenig mit den Werten und Haltungen des Sports zu tun, sondern ist rein rational. "Ich bin stolz auf das, was ich erreicht habe, aber die Wahrheit ist, dass mir der Sport nie die finanzielle Stabilität gegeben hat, um mir eine Zukunft aufzubauen. Diese Tatsache war schon immer eine Herausforderung", begründete Kusch seinen Schritt, an den Enhanced Games teilnehmen zu wollen. "Ich weiss, dass diese Entscheidung Diskussionen auslösen wird." Bei den Enhanced Games werde er unter ärztlicher Aufsicht antreten. "Denn meine Gesundheit und Langlebigkeit sind genauso wichtig wie meine Leistung."

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Medaillengewinner von Olympischen Spielen dabei

Jede Einzelveranstaltung ist den Angaben zufolge mit einem Preisgeld von 500.000 US-Dollar (rund 424.000 Euro) dotiert, 250.000 US-Dollar (rund 212.000 Euro) gehen jeweils an die Sieger. Darüber hinaus bieten die Veranstalter den Sportlerinnen und Sportlern Antrittsgelder und eine Million US-Dollar für bisher nicht gelaufene und geschwommene Zeiten über 50 Meter Freistil und die 100 Meter in der Leichtathletik.

Vor Kusch hatten unter anderem schon der britische Schwimmer Ben Proud und Sprinter Fred Kerley aus den USA ihre Teilnahme angekündigt. Beide sind schon mit Olympia- sowie WM-Medaillen dekoriert. Kerley fehlte zuletzt bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Tokio. Er wurde durch die unabhängige Integritätskommission des Weltverbands suspendiert. Der Grund: ein Verstoss gegen Meldepflichten. (dpa/SID/bearbeitet von ska)