Beim Teutates! Die unbeugsamen Gallier gehen zum ersten Mal in Serie. Und waren vielleicht noch nie so gut auf dem Bildschirm wie in der Verfilmung von Netflix.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Felix Reek dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es dauert nur wenige Sekunden, schon ist man als Zuschauer wieder mitten in seiner Kindheit. Denn bevor in der neuen Animationsserie "Asterix & Obelix: Der Kampf der Häuptlinge" (ab 30. April auf Netflix) irgendetwas passiert, werden Römer vermöbelt.

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Zu den Klängen von "Buona Sera Signorina" fliegen Helme, Rüstungen und Menschen in hohen Bogen durch die Luft. Es macht "Dazing!", "Pif!" und "Paff!", und zwar in grossen Buchstaben quer über den Bildschirm geschrieben. Das macht richtig Laune. Aber natürlich nicht jedem.

Als die ersten Trailer vor ein paar Monaten erschienen, ging das grosse Gejammer los. Da wurde sich auf YouTube über den fehlenden Charme der Zeichentrickfilme beschwert, nicht passende Synchronstimmen beanstandet und generell, so der ewig gleiche Subtext, sei früher sowieso alles besser gewesen.

Ausserdem hätte nun wirklich mal ein anderer Band der Comicreihe umgesetzt werden können, als "Kampf der Häuptlinge", der bereits 1989 in "Operation Hinkelstein" im Kino verwurstet wurde.

Asterix & Obelix ganz ohne Schnurrbart

Jetzt alle erstmal beruhigen und ein Wildschwein futtern: Es darf nicht vergessen werden, dass "Asterix & Obelix: Der Kampf der Häuptlinge" nicht nur Alt-Fans einsammeln, sondern auch neue dazu gewinnen soll, sprich Kinder. Wer einmal mit seinem Nachwuchs die alten Zeichentrickfilme gesehen hat, wird schnell merken, dass die nicht ganz so gut gealtert sind, wie man es im Gedächtnis hat.

Die Sehgewohnheiten haben sich geändert und mit modernen 3D-Animationen kann das nicht mehr mithalten. Aus dem gleichen Grund verfilmt Disney seine Klassiker als Realverfilmung. Etwas Neues muss also her - und das gelingt der Netflix-Produktion ziemlich gut: den Geist der Comics einfangen und sich gleichzeitig für neue Zuschauer öffnen.

"Asterix & Obelix: Der Kampf der Häuptlinge" vermischt mehrere Bände der Comicreihe zu einer neuen Geschichte. Basis ist das gleichnamige vierte Abenteuer, das zuerst 1969 erschien. Es gibt aber auch Anleihen aus "Asterix und der Arvernerschild" und dem Sonderband "Wie Obelix als kleines Kind in den Zaubertrank geplumpst ist". Los geht es mit den beiden Helden als halbwüchsige Gallier, ganz ohne Schnurrbart.

Obelix ist der Schwächste im Dorf, wird von einem Häuptlingssohn getriezt und fällt beim Einbruch in das Haus des Druiden Miraculix in dessen Zaubertrank. Danach ist alles anders: Obelix kann Hinkelsteine auf der Hand balancieren und seinen Mobber mit nur einem Schlag senkrecht in die Luft schicken. Ein perfekter Einstieg für alle Kinder, die Asterix und Obelix zum ersten Mal kennenlernen.

Danach wechselt die fortlaufende Netflix-Serie schnell zu den erwachsenen Helden. Cäsar will mal wieder das letzte gallische Dorf, das sich ihm widersetzt, unterwerfen. Ein ihm treu ergebener Häuptling soll Majestix, den Chef von Asterix' Dorf, herausfordern. Der Gewinner übernimmt beide Dörfer. Eigentlich kein Problem für die Gallier, dummerweise hat der Druide Miraculix sein Gedächtnis verloren und weiss nicht mehr, wie er den Zaubertrank herstellen soll, der übermenschliche Kräfte verleiht. Und das Abenteuer beginnt. Klingt vielversprechend, oder?

Ohne Metadata geht es auch hier nicht

Netflix geht mit der Produktion von "Der Kampf der Häuptlinge" natürlich auf Nummer sicher, der Comicband gilt als einer der Klassiker von Texter René Goscinny und Zeichner Albert Uderzo. Der Serie gelingt es allerdings, sich an moderne Bedürfnisse anzupassen.

Als weibliche Identifikationsfigur fügt sie die junge Römerin Metadata ein, die gut in den Kosmos von Asterix und Obelix passt und der Geschichte einen modernen Twist verleiht. Ein weiteres Highlight ist die dauernörgelnde Mutter von Cäsar, die den grossen römischen Kaiser menschlicher erscheinen lässt, als ihm das lieb ist.

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Durchsetzt ist das, getreu den Comics, mit einem Sammelsurium an Seitenhieben auf die Gegenwart und vielfältigen popkulturellen Referenzen. Es gibt beispielsweise Verweise auf "Pulp Fiction" oder Sprüche zur Lage der Welt wie: "Wenn sich etwas niemals wandelt, dann das Klima."

Auch wenn die fünf Folgen die Geschichte vielleicht etwas zu lang ziehen, war wohl noch nie eine Umsetzung von Asterix und Obelix so nah am Geist der Comicreihe. Das sollte selbst die grössten Kritiker überzeugen – egal ob jung oder alt.