Die Weiterführung der erfolgreichen Filmreihe mit Liam Neeson als Lieutenant Frank Drebin Jr. ist witzig, absurd und manchmal einfach nur dämlich. Und fast genauso gut wie das Original "Die nackte Kanone".
Frank Drebin Jr. (Liam Neeson) sitzt zu Beginn von "Die nackte Kanone" (ab 31. Juli im Kino) vor dem Bild seines Vaters in der Polizeistation. Er wolle so sein wie er, sagt der Cop, aber eben auch "original" – so heisst es in der englischen Fassung, wofür es keine passende deutsche Übersetzung gibt. Echt, einzigartig, eben sein eigenes Ding machen. Nur wie das mit Remakes oder Fortsetzungen so ist: Das ist keine leichte Aufgabe.
Thematisch passt die Neuauflage perfekt in diesen Kinosommer. "Karate Kid" und die "Avengers" sind zurück, ebenso wie "Ich weiss, was du letzten Sommer getan hast", "Jurassic World", "Twenty Eight Years Later" und "Schneewittchen". Mit einer Neuauflage von "Die nackte Kanone" hätten aber die wenigsten gerechnet.
Mit dem Original-Film gelang dem Team Jerry Zucker, Jim Abrahams und David Zucker, kurz "ZAZ", 1988 ein riesiger Erfolg. Zwei Fortsetzungen folgten, sowie weitere Filme im selben Stil wie die "Hot Shots"-Reihe.
Für Hauptdarsteller Leslie Nielsen – bis dahin erfolgloser Darsteller in Western- und Science-Fiction-Filmen – war die Rolle des Lieutenants Frank Drebin der späte Durchbruch mit 62 Jahren. Sein Talent, in vollkommen absurden Situationen einen absolut unbewegten Gesichtsausdruck zu präsentieren, gepaart mit dem grossväterlichen Charme eines älteren Herren, trug die Filme über weite Strecken.
Alle drei Sekunden ein Gag, so die Regel – die Witze prasselten nur so auf die Zuschauer ein. Die "Nackte Kanone"-Trilogie zog das konsequent durch: mal überdreht, albern oder einfach nur dämlich im positiven Sinn. Filme dieser Art werden heute nicht mehr gedreht, reine Komödien sind im Kino tot. Bis jetzt.
Verhaltener Einstieg, dann nimmt der Film Fahrt auf
"Die nackte Kanone" startet gemächlich. Frank Drebin Jr. schleicht sich als kleines Mädchen verkleidet bei einem Banküberfall in die Aufenthaltshalle und reisst sich, ganz im "Mission Impossible"-Stil, die Gummimaske vom Gesicht. Ein mässiger Auftakt – die legendäre Anfangssequenz des Originals 1988 liess sich kaum toppen.
Da sassen die schlimmsten Staatsführer der Welt an einem Tisch und überlegten, wie sie den USA schaden könnten, bis Frank Drebin das Zimmer stürmt und im Handgemenge Michail Gorbatschow das markante Muttermal von der Glatze wischt.
Die neue "Nackte Kanone" hat die Schlagzahl an Witzen im Vergleich zur Trilogie etwas heruntergefahren – dennoch prasseln die Gags mit hoher Dichte auf die Zuschauer ein. Frank Drebin Jr. muss diesmal die Menschheit vor dem fiesen Technologie-Mogul Richard Cane (Danny Huston) retten, den die woke Gegenwart nervt und der lieber zurück in die "gute alte Zeit" will – auf wen das anspielt, dürfte klar sein. Unterstützt wird Drebin Jr. von der mysteriösen Beth Davenport (
Hommage und Weiterführung zugleich
Regisseur Akiva Schaffer ("Saturday Night Live") und die Drehbuchschreiber Dan Gregor und Doug Mand bleiben nah an der Story des ersten Films, ohne ein Remake zu drehen. Ihre Variante ist zugleich Hommage und Weiterführung, ohne vom ursprünglichen Stil abzuweichen.
Demolierte Frank Drebin im Original bei jedem Parkversuch etwas mit seinem Auto, lässt sich sein Sohn von einem autonomen Elektroauto chauffieren – das aber auch nicht besser fährt. Der Running Gag diesmal: der enorme Verschleiss an Kaffeebechern von Drebin und seinem Partner Captain Ed Hocken Jr. (Paul Walter Hauser), natürlich der Sohn von George Kennedys Charakter aus der Originalreihe.
Die Liebesgeschichte zwischen Drebin Jr. und Davenport inszeniert Schaffer haargenau wie die zwischen Drebin und Jane Spencer (Priscilla Presley): düstere Film-Noir-Musik, Pamela Anderson als Femme fatale und Liam Neeson, der ihr verfällt.
Wer soll diesen Film schauen?
Es ist erstaunlich, wie gut das funktioniert. Die Witze sind perfekt, der Slapstick-Humor der späten 80er und 90er zündet noch immer – mit brachialen Hau-drauf-Witzen, dann wieder so stumpf, dass man nur den Kopf schütteln kann, kompakt inszeniert in kurzweiligen 85 Minuten.
Liam Neeson ist ein würdiger Nachfolger von Leslie Nielsen und scheint in seiner Rolle aufzublühen, eine gelungene Abwechslung zu seinem faden Action-Einerlei der letzten Dekade. Und "Baywatch"-Nixe Pamela Anderson hat es mit 58 Jahren geschafft, sich als Charakterdarstellerin neu zu erfinden.
Nur, wer soll diesen Film schauen? Eine Slapstick-Komödie mit zwei ergrauten Hauptdarstellern, zu einer Zeit, in der die Branche kriselt und Jugendliche hauptsächlich zu Hause streamen? Die Antwort findet sich im Kinosaal.
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Bei der Vorführung von "Die nackte Kanone" ist der Saal rappelvoll mit Menschen, die laut lachen, sich auf die Schenkel hauen und 85 Minuten lang einfach froh sind, abschalten zu können. Genau das kann Kino. Ist "Die nackte Kanone" so gut wie das Original? Nein. Aber es fehlt auch nicht viel.