Nicht nur die Vorabendserie "Notruf Hafenkante" feiert mit der 20. Staffel ein Jubiläum - Rhea Harder ebenfalls. Die Schauspielerin ist seit der ersten Staffel dabei. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt sie, inwiefern die Produktion bei ihrer Serienfigur "die Kurve gekriegt" hat.

Ein Interview

Die neue Staffel von "Notruf Hafenkante" zeigt das ZDF ab dem 9. Oktober donnerstags um 19:25 Uhr (ab dem 2. Oktober jeweils eine Woche vorab in der ZDF-Mediathek streambar). Die Streifenpolizisten des PK 21 an der Hamburger Hafenkante und die Notärzte im fiktiven Elbkrankenhaus geben sich in 22 Folgen die Klinke in die Hand.

Im Interview spricht Schauspielerin Rhea Harder (49), die ihre Schauspielkarriere einst bei GZSZ begann und die nun die Polizeikommissarin Franzi Jung spielt, über die Weiterentwicklung ihrer Serienfigur, ihren Einstellungstest bei der Polizei in jungen Jahren und die Rolle der Frau in der Filmbranche.

Ausserdem verrät die Ehrenkommissarin der Stadt Hamburg, ob sie sich ein GZSZ-Comeback vorstellen könnte.

Frau Harder, Sie sind seit der ersten Staffel der "Notruf Hafenkante" dabei. Ist Ihnen Ihre Figur der Franzi Jung mittlerweile richtig ans Herz gewachsen?

Rhea Harder: Ich finde, dass sich Franzi über die Jahre ganz toll entwickelt hat. Es ist ja nicht so, dass sie immer nur ein und denselben Partner hatte. Sie musste sich immer wieder auf neue Kolleginnen und Kollegen an ihrer Seite einstellen. So ein eingespieltes Team kann auch mal langweilig werden. Die Gefahr besteht bei ihr schonmal nicht. Ausserdem gefällt mir, dass die "Hafenkante" eine ziemlich dynamisch erzählte Serie ist, die mit der Zeit geht.

Worin liegt der Unterschied im Vergleich zu den Anfängen?

Früher wurde die Serie eher über die Episodenrollen erzählt. Heute reagieren die Polizistinnen und Polizisten nicht nur, sondern sie sind die treibende Kraft. Jeder Charakter hat seinen Standpunkt. Bei Franzi spielen Bauchgefühl und Gerechtigkeit eine grosse Rolle. Sie will oft mit dem Kopf durch die Wand, nimmt nie ein Blatt vor den Mund. Dass sie dabei vielleicht manchmal den Bogen überspannt, macht sie erst so authentisch und liebenswert.

Wohin sollte Franzis Weg noch führen, wenn Sie die Wahl hätten?

Franzi darf gerne so trotzköpfig und frech bleiben. Mir würde es weniger gefallen, wenn sie den Moralapostel raushängen lassen und anderen Menschen damit auf den Keks gehen würde. Eine Zeitlang hatte sie diese Tendenz. Sie war zwar immer die gute Seele, neigte zwischenzeitlich aber auch mal zur Besserwisserin. Jetzt hat sie eben wieder Ecken. Ich denke, wir haben die Kurve gut hingekriegt.

Solarium und Bewegung gegen schlechte Laune

Ihre Kollegin Lilli Hollunder, die erst zur 18. Staffel hinzugestossen ist, schwärmt von Ihrer stets guten Laune am Set. Haben Sie nie einen schlechten Tag?

Oh, doch. Auch wenn ich grundsätzlich eher positiv in den Tag gehe, stehe auch ich manchmal mit dem falschen Bein zuerst auf. Bei mir gibt es da aber kein Muster. Zum Beispiel gehöre ich nicht zu den Menschen, die Montage per se blöd finden. Wenn es aber wochenlang draussen kaum hell wird und immer nur regnet, dann kriege ich schonmal schlechte Laune. Dagegen kann man aber etwas tun.

Was zum Beispiel?

Klingt vielleicht komisch, aber in solchen Situationen gehe ich ins Solarium (lacht). Wenn man im hohen Norden lebt, kann das wirklich stimmungsaufhellend sein. Denn egal, ob du morgens, mittags oder abends aus dem Fenster schaust: Hier ist es oft grau. Oder ich setze mich auf mein Fahrrad und fahre trotz des Regens die 45 Minuten raus zum TV-Studio, weil ich andernfalls überhaupt keine Bewegung kriegen würde. Und ohne Bewegung bin ich nicht gut zu ertragen. Fragen Sie mal meine Familie!

Ist der Drehplan der "Notruf Hafenkante" so straff, dass Sie nicht in die Wärme fliegen können?

Ach, man hat zwischendurch schon mal einen Block frei. In diesem Jahr gab es zum allerersten Mal, seit die "Hafenkante" auf Sendung ist, sogar eine dreiwöchige Sommerpause für alle. Diese fiel nur leider ausgerechnet in die Zeit, in der das Wetter in Deutschland so schlecht war. Seit einigen Jahren drehen wir übrigens nicht mehr im Winter – da kann man dann dem Winterblues entfliehen und in die Sonne fliegen.

In der "Notruf Hafenkante" arbeitet das Polizeikommissariat 21 eng mit dem fiktiven Elbkrankenhaus zusammen. Hätten Sie nicht den Weg in die Schauspielerei eingeschlagen, wären Sie dann eher Polizistin oder Ärztin geworden?

Es wäre tatsächlich auf die berittene Polizei hinausgelaufen. Ich habe ja damals den Einstellungstest in Berlin absolviert, bin aber leider durch den Mathe-Test geflogen. Meine beiden Söhne und meine Tochter verwundert das übrigens kein bisschen, da sie meine nicht vorhandenen Mathe-Künste kennen. Auch wenn ich keine echte Polizistin bin, so bin ich eine Polizistin im TV. Und dazu sogar noch Ehrenkommissarin der Stadt Hamburg, worauf ich sehr stolz bin.

Sie sind bereits in jungen Jahren bei GZSZ eingestiegen. Wie hart war das TV-Business damals? Und wie empfinden Sie Ihr Arbeitsumfeld heute?

Ich habe es nicht als hart empfunden. Ich habe bei GZSZ meine ersten Schritte vor der Kamera gemacht und bin sehr dankbar für die Stimmausbildung, den Sprachunterricht und die tolle Zeit, die ich dort mit meinen Kollegen hatte. Es waren mitunter lange und intensive Tage, an denen ich abends den Text für den nächsten langen Tag lernte. Was wir da alles Tolles erleben durften, ist so unfassbar. Wer bei GZSZ war, kann auf jeden Fall viel und sehr diszipliniert an einem Filmset arbeiten. Die TV-Branche hat sich über die Jahre sehr verändert, meine Disziplin und mein Anspruch, dass keiner meinetwegen warten soll, ist geblieben.

"Immer mehr Frauen führen auch Regie. Wobei ich, wenn es um dieses Thema geht, immer denke: Schade, dass man es sagen muss!"

Rhea Harder über der Rolle der Frau in ihrem Beruf

Wie hat sich die Rolle der Frau in Ihrem Beruf verändert?

Immer mehr Frauen führen auch Regie. Wobei ich, wenn es um dieses Thema geht, immer denke: Schade, dass man es sagen muss! Für mich persönlich fühlt sich das auch gar nicht so unfassbar neu an. Schon bei "Berlin, Berlin" habe ich mit Regisseurinnen gedreht. Überhaupt hatte ich schon immer das Glück, mit vielen Frauen an meiner Seite arbeiten zu können und ich finde es schön, dass sich in vielen anderen Berufen und Bereichen auch etwas getan hat.

Kürzlich haben Sie in Köln, Hannover und Hamburg die Premieren des Kinofilms "Ganzer halber Bruder" moderiert und die Interviews mit dem Cast geführt. Christoph Maria Herbst und Nicolas Randel, der Trisomie 21 hat, spielen zwei Halbbrüder. Wie haben Sie das Zusammenspiel der beiden empfunden?

Ich habe selten einen Film gesehen, in dem das Thema "anders sein" so smart und nebenher erzählt wurde, dass es mir am Ende gar nicht mehr aufgefallen ist. Es ist einfach eine Geschichte zwischen Geschwistern, die jeweils ihren Platz finden müssen. Die Handlung zielt nicht in erster Linie auf die Tatsache ab, dass einer der beiden Trisomie 21 hat. Beide Brüder durften so bleiben, wie sie sind. Und beide haben einen Weg gefunden, miteinander noch besser zu werden.

Haben Sie Ambitionen, künftig häufiger als Moderatorin in Erscheinung zu treten?

Ich merke, dass mir das wahnsinnig viel Spass macht. Vor zwei Jahren durfte ich gemeinsam mit Yared Dibaba zum Tag der Deutschen Einheit den grossen Staatsakt in der Elbphilharmonie moderieren. Ich bin jedes Mal dankbar für diese Erfahrung, auch wenn ich davor total aufgeregt bin. Und ich befürchte immer, dass die Leute im Publikum mein Shirt flattern sehen – vor lauter Herzklopfen (lacht).

Wann kehren Sie zu GZSZ zurück?

Werden Sie sich im Dezember das "Stromberg"-Comeback von Christoph Maria Herbst im Kino anschauen? Trifft das Ihren Humor – damals wie heute?

Da ich "Stromberg" früher mit meiner Familie immer sehr gerne geguckt habe, gehe ich davon aus, dass auch dieser neue Film meinem Humor entsprechen wird. Ich bin gespannt, wie sie das umgesetzt haben. Früher waren die Kommentare oft sehr direkt und ungefiltert, heute geht man mit vielen Themen sehr viel sensibler um.

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Sie wünschen sich also den alten, politisch unkorrekten "Stromberg" zurück?

Ich bin ein Fan des ehrlichen Wortes. Natürlich sollte man sich dabei nicht im Ton vergreifen. Aber meines Erachtens gehört es dazu, dass man Dinge überspitzt darstellt, um zum Kern zu gelangen.

Wann kehren Sie zu GZSZ zurück?

Solange da nicht drüber gesprochen wird, kann ich dazu auch keine verpflichtende Aussage tätigen. Ich würde aber nicht kategorisch Nein sagen. GZSZ ist noch immer eine tolle und super erfolgreiche Serie. Es wäre bestimmt witzig, nach so langer Zeit mal wieder in Babelsberg vor der Kamera zu stehen.

Über die Gesprächspartnerin

  • Rhea Harder ist eine deutsche Schauspielerin. Nachdem sie bereits 1993 in einigen Folgen von "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" zu sehen war, übernahm sie drei Jahre später in der Daily-Soap die Hauptrolle der Florentine "Flo Spira" Spirandelli di Montalban. Nach dem Jahrtausendwechsel spielte sie in der Serie "Berlin, Berlin" (2003-2005) mit, 2006 begann ihre Laufbahn bei "Notruf Hafenkante". Seit der Hochzeit mit ihrem Mann Jörg Vennewald heisst die Darstellerin mit vollständigem Namen Rhea Harder-Vennewald.