Berlin - Giulia Gwinn, Klara Bühl und Jule Brand sind derzeit Stars des deutschen Frauenfussballs, Birgit Prinz und Alexandra Popp bereits Legenden. Deutsche Fussballerinnen waren in den vergangenen Jahrzehnten ausserordentlich erfolgreich: die Nationalmannschaft hat zahlreiche internationale Titel eingeheimst, ihre Spiele finden breite Beachtung. Zudem waren noch nie zuvor so viele Frauen und Mädchen in deutschen Fussballclubs aktiv wie heute, nämlich über 200.000. All diese Erfolge lassen fast vergessen, was für einen unglaublich schweren Weg der Frauenfussball in Deutschland hinter sich hat.

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Daran erinnert der Journalist und Filmemacher Torsten Körner in seinem Buch "Wir waren Heldinnen". Es ist gerade einmal 55 Jahre her, dass der DFB seine jahrzehntelange Obstruktions- und Verweigerungspolitik aufgab und den Frauenfussball endlich offiziell zuliess. Denn bis 1970, man glaubt es kaum, war der Frauenfussball in Deutschland offiziell verboten. Seit den 1920er Jahren hatten Mädchen und Frauen, die den Fussball liebten und grosse Begabung dafür zeigten, hierzulande meist nur Hohn und Verachtung zu ertragen. Nicht nur reagierten Familien und Freunde oft mit Unverständnis, schlimmer noch waren der Sexismus und die Herabwürdigung durch Fussballvereine und Medien.

Fussball als Kampfsport der Kriegsgeneration

Körners Buch ist nicht nur eine Hommage an die wagemutigen Pionierinnen des deutschen Frauenfussballs wie Christa Kleinhans, Anne Trabant-Haarbach oder Bärbel Wohlleben, die er häufig selbst zu Wort kommen lässt und deren Mut, Können und Leidenschaft er bewundert. Es ist vor allem auch eine beissende Kritik an dem frauenfeindlichen Gebaren des Deutschen Fussballbundes, den er einen "Haufen Ewiggestriger" nennt. Kein Argument war den Herren läppisch genug, den Frauen das Fussballspiel zu verleiden und zu verbieten. In einem DFB-Jahrbuch von 1955 heisst es: "Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand."

Gut gelingt es dem Autor, die "maskuline Meistererzählung" des DFB vor dem Hintergrund der restaurativen Adenauer-Zeit zu erklären. Fussball wurde von der Kriegsgeneration als Kampfsport gesehen und mit martialischen Worten als Männerrevier beschrieben, das es zu verteidigen galt.

Von unterstützenden Vätern, Freunden oder Trainern

Das Buch enthält viele anrührende und empörende Szenen aus dem Alltag der Fussballpionierinnen. Etwa wenn die Frankfurterin Lotte Specht (1911-2002) und ihre Mitstreiterinnen in den Dreissigerjahren mit Steinwürfen vom Platz getrieben wurden. Oder wenn junge Frauen sich schon fast konspirativ den Zugang zu Fussballplätzen erkämpften. Oft mussten Mädchen, die begeistert jahrelang in Jungenmannschaften mitkickten, mit 13 oder 14 die Clubs verlassen und sich einen anderen Sport suchen.

Das Buch erzählt aber auch von unterstützenden Vätern, Freunden oder Trainern, die aussergewöhnliche Begabungen erkannten und förderten. Besondere Verdienste erwarb sich hier Josef Floritz (1899-1965), der zum Gründer des Deutschen-Damen-Fussball-Vereins wurde. In der "Verbotszeit" organisierte er die Spiele der inoffiziellen deutschen Ländermannschaft. Es war die grosse Zeit von Christa Kleinhans, die zwischen 1957 und 1965 nicht weniger als 150 solcher Länderspiele absolvierte.

Frauen als Eindringlinge in letzte Männerreviere

Allerdings war sie eine heimliche Heldin, denn kaum einer bekam es mit. Die Rolle der Medien war mindestens so kritikwürdig wie die des DFB. Der Autor spricht von Ignoranz und Sexismus in Zeitungen und Fernsehen in Bezug auf den Frauenfussball und bietet hierfür viele peinliche Beispiele. Schlüpfrige Kommentare wie dieser waren lange an der Tagesordnung: "Ach so, Sie mögen Damen-Fussball nicht? Wir auch nicht, weil dieser Sport den schönen Frauenbeinen nicht bekommt."

So unangemessen, sexistisch und gönnerhaft ging es noch bis in die 90er Jahre zu. Doch leider ist Frauenfeindlichkeit im Fussball immer noch nicht passé. Heute betrifft es allerdings eher Kommentatorinnen. So wird die ZDF-Reporterin Claudia Neumann immer wieder mit Hass in den sozialen Medien verfolgt. Einmal mehr werden Frauen hier als Eindringlinge in die letzten Männerreviere empfunden.  © Deutsche Presse-Agentur