Seit ihrem "DSDS"-Sieg vor zwölf Jahren trägt Beatrice Egli ihre motivierenden Botschaften und ihre "Ganz egal, was alle sagen"-Haltung stets mit guter Laune vor. Doch ihr stets strahlendes Lächeln ist auch eine Entscheidung, wie uns die Schlagersängerin im Interview verrät. Wir haben die Schweizerin gefragt, wie sie mit Gegenwind und unaufgeforderten Bewertungen wie Bodyshaming umgeht.
Vor zwei Jahren wagte
Im Interview mit unserer Redaktion erklärt die 37-Jährige, warum sie nie damit aufhören wird, sich zu Dingen zu äussern, mit denen sie selbst Erfahrungen gemacht hat. Zudem spricht Egli über Selbstliebe und verrät, welche Eigenschaft sie sich von ihrem Wegbegleiter
Frau Egli, mit Ihrem Album vor zwei Jahren haben Sie einen musikalischen Neustart hingelegt. Was ist es diesmal?
Beatrice Egli: Diesmal ist es im Prinzip eine Weiterentwicklung dessen. "Hör nie auf damit" ist ein Statement zum Weitermachen. Das Album ruft dazu auf, das Gute und Positive zu sehen, aber auch seinen eigenen Weg zu gehen. Musikalisch gesehen ist wieder eine neue Sound-Welt entstanden – wenn auch nicht in einem extremen Ausmass, sondern vielmehr im Hier und Jetzt. Und in der Dankbarkeit für das, was man schon alles riskiert hat und weiterhin mit Neugier am Leben halten möchte. Vor allem aber ist dieses Motivationsalbum dem Optimismus und der Zuversicht gewidmet. Ein Ja zum Leben mit all seinen Facetten!
Womit haben Sie in Ihrer Karriere und Ihrem Leben nie aufgehört?
Ich glaube, mein ganzes bisheriges Leben ist ein ständiges Dranbleiben gewesen – vor allem in der Zeit nach meinem "DSDS"-Sieg. Zwölf Jahre später darf ich noch heute das machen, was ich liebe. All das wäre nicht möglich gewesen, wäre ich nicht drangeblieben und hätte mich nicht weiterentwickelt. Dazu gehört aber auch, dass man nie damit aufhört, Dinge zu hinterfragen. Man darf auch mal zweifeln. Und gerade dann, wenn man Gegenwind verspürt, ist es wichtig, weiterzumachen.
"Selbstreflexion kann auch mit Leichtigkeit einhergehen."
Wie gehen Sie mit Gegenwind um?
Auch wenn es von der Öffentlichkeit vielleicht anders wahrgenommen wurde, ging es auch bei mir in den vergangenen zwölf Jahren nicht immer wie selbstverständlich weiter. Ich habe aber nie aufgehört, an mich zu glauben. Seinen eigenen Weg zu gehen, bedeutet wortwörtlich, dass noch niemand vor dir diese Fussstapfen gemacht hat. Wenn wir das mal auf den Schnee beziehen: Es ist nicht immer leicht, und doch lohnt es sich, die Kraft aufzubringen, seinen eigenen Weg zu stampfen.
In der gleichnamigen Single singen Sie, dass Sie nie aufhören werden, sich selbst und das Leben zu lieben. Wie wichtig ist für Sie Selbstliebe in unserem Social-Media-Zeitalter?
Mittlerweile kann ich sagen: Nur wenn du dich selbst liebst, kannst du andere Menschen und das Leben lieben. Denn du bist das Leben! Es ist und bleibt ein Prozess, wir alle verändern uns. Das Leben macht Narben und hinterlässt Spuren. Jeder Mensch hat Schwächen. Diese Schwächen lieben zu lernen, ist das, worauf ich auch mit diesem Lied hinaus möchte.
Bei keinem anderen meiner Songs singen die Leute live so laut mit wie bei "Hör nie auf damit". Das ist wahnsinnig beeindruckend. Selbstreflexion kann auch mit Leichtigkeit einhergehen. Und ich finde es schön, dass ich diese Message mit meiner Musik platzieren kann und dass wir uns gegenseitig daran erinnern, wie wichtig es eben ist, nie damit aufzuhören, an sich zu glauben, und das Leben in all seinen Facetten anzunehmen und zu leben.
Häufig werde ich gefragt, warum ich immer so gut drauf bin. Die Antwort lautet: Es ist schon auch eine Entscheidung, den Dingen mit Liebe zu begegnen. Mein neues Album soll motivieren und inspirieren, aber auch Leichtigkeit und Freude vermitteln.
"Die Öffentlichkeit, mit der andere Menschen in ihrem Dorf oder in ihrer Familie zu tun haben, ist nicht unbedingt schonungsloser als die, mit der ich konfrontiert werde."
Trotz der Leichtigkeit in Ihren Texten: Werden Sie nie damit aufhören, sich gegen Bodyshaming zu positionieren und diese Haltung bei Ihren Auftritten kundzutun?
Haltung ist unglaublich wichtig. Und ja, ich werde mich immer zu Dingen äussern, mit denen ich selbst Erfahrungen gemacht habe – um anderen Menschen Mut zu machen. Ich stehe zwar seit über einem Jahrzehnt in der Öffentlichkeit, glaube aber, dass das auf jeden zutrifft.
Die Öffentlichkeit, mit der andere Menschen in ihrem Dorf oder in ihrer Familie zu tun haben, ist nicht unbedingt schonungsloser als die, mit der ich konfrontiert werde. Deswegen fühle ich sehr mit den Leuten mit, die im Alltag erfahren müssen, wie abwertend andere Personen über sie denken. Eine wertfreie Welt ist wahrscheinlich Wunschdenken – und doch möchte ich dranbleiben.
Was genau können Sie dazu beitragen?
Wie oft habe ich schon Bodyshaming erlebt? Und wie oft wurde mir gesagt, dass ich nie erfolgreich sein werde? Ich möchte Menschen Mut machen, indem ich ihnen zurufe, dass es nicht schlimm ist, wenn andere dir so etwas sagen. Schlimm ist, wenn du es an dich heranlässt. All meine Erfahrungen haben mich erst zu der starken Frau gemacht, die ich heute bin.
Ich versuche gar nicht, die Welt zu verändern. Meiner Meinung nach ist ein Menschenleben dafür auch viel zu kurz. Aber wenn jeder seinen eigenen Weg geht und damit vielleicht sein näheres Umfeld inspiriert, ist schon sehr viel getan. Ich wertschätze es sehr, dass meine Stimme gehört wird. Es geht mir aber nicht darum, meine Geschichte zu erzählen, sondern darum, vielleicht etwas bewirken zu können. Es ist gut so, dass jeder seinen eigenen Weg geht. So unterschiedlich unsere Wege sind, so verschieden sind auch unsere Seelen und Körper.
Ihre neue Single "So oder so (SOS)" ist nach "Hör nie auf damit", "Wolkälos" und "Au revoir" der bereits vierte Vorbote auf Ihr neues Album. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, das internationale Seenotsignal "SOS" als Abkürzung für "So oder so" zu verwenden?
Die Idee ist in Griechenland im Meer entstanden (lacht). Irgendwie kam mir "SOS" in den Sinn – und dazu eben diese neue Abkürzung "So oder so". Dahinter steckt, dass ich in dem Moment das Leben "so oder so" in Griechenland geniessen wollte und konnte.
Doch seien wir mal ehrlich: Mit Blick auf die jahrhundertelange Musikgeschichte, auf die wir zurückblicken, ist eigentlich schon alles mehrfach erzählt worden. Das Leben schreibt aber so viele Wörter und Gedanken, die man vielseitig interpretieren kann. Mich hat total geflasht, wie viele Creations zu diesem Song bei TikTok mittlerweile entstanden sind. Wenn ich "SOS" schreie, ist meine Community definitiv am Start!
"Florian war immer da": Was Egli an ihrem Kollegen Silbereisen besonders schätzt
Anfang August wurde Florian Silbereisen 44 Jahre alt, Sie haben ihm mit lieben Worten via Instagram gratuliert. Als Sie damals zum Schlager kamen, war er schon da und in der Branche etabliert. Ist er für Sie heute der vielleicht wichtigste Wegbegleiter Ihrer Karriere?
Das stimmt, Florian war immer da. Und er war auch schon vor meiner "DSDS"-Zeit da. Viele denken ja bis heute, dass für mich alles mit meiner Teilnahme an der Castingshow begann. Ich war aber schon vor "DSDS" in seiner Show zu Gast. Florian Silbereisen ist ein wichtiger Wegbegleiter meiner musikalischen Reise – und er ist und bleibt für mich ein wichtiger Mensch.
Von dem Sie was lernen konnten?
Empfehlungen der Redaktion
Von Florian konnte ich sehr viel lernen, was Gelassenheit angeht. Wenn er in eine Sendung geht, dann nimmt er es, wie es kommt. Ich finde es bemerkenswert, wie gelassen er mit der gesamten Branche umgeht. Das kann keiner so gut wie er. Er macht die Show, und die macht er grandios. Aber das ganze Drumherum ist ihm egal …
In diesem Sommer durften Sie bei der Frauenfussball-EM in der Schweiz im Stadion die Nationalhymne Ihres Heimatlandes singen. Inwiefern war dieser Auftritt eine völlig neue Erfahrung für Sie?
Das war etwas völlig anderes. Für mich war das ein absolutes Highlight in meiner ganzen Karriere. In meiner Heimat zu singen, und das gemeinsam mit 35.000 Menschen, war einfach nur gigantisch. Dieses grosse Miteinander werde ich immer in Erinnerung behalten – zumal wir hier nach wie vor von einer Sportart sprechen, die immer noch mehr zelebriert wird, wenn Männer den Fussballplatz betreten. Umso mehr habe ich aber dort vor Ort die riesige Magie spüren dürfen, wie gross die Begeisterung mittlerweile auch für die Frauen ist. Das ist und bleibt ein absoluter Gänsehautmoment für mich!
Am 10. Oktober werde ich erneut in meiner Heimat, dann in Zürich im Rahmen meiner Tour, im Stadion spielen. Schon jetzt steht fest, dass ich auf jeden Fall wieder die Schweizer Nationalhymne zum Besten geben werde. Das lasse ich mir nicht nehmen (lacht).
Über die Gesprächspartnerin
- Beatrice Egli ist eine Schweizer Schlagersängerin und Moderatorin. Mit ihrem Sieg in der Castingshow "Deutschland sucht den Superstar" gelang ihr 2013 der Durchbruch. Rund zehn Jahre später konnte Egli mit "Alles was du brauchst" (2021) und "Balance" (2023) ihre ersten beiden Nummer-1-Alben in Deutschland platzieren. Seit 2022 moderiert sie die nach ihr benannte Fernsehsendung "Die Beatrice Egli Show".