Dieter "Didi" Hallervorden hat TV-Geschichte geschrieben. Nun wird er 90 Jahre alt. Im Gespräch erzählt er von Wünschen, Meinungsfreiheit, Lampenfieber und was ein Foto seiner Frau damit zu tun hat.

Dieter Hallervorden hört gerade viele Fragen doppelt und dreifach. Woher nehmen Sie die Kraft, in Ihrem Alter auf der Bühne zu stehen? Wie halten Sie sich fit? "Im Moment bin ich eigentlich nur Interviewgeber", sagte er in seinem Berliner Schlosspark Theater kürzlich treffend.

Das hat einen besonderen Anlass. Hallervorden wird an diesem Freitag (5. September) 90 Jahre alt und ist natürlich mehr als nur ein Interviewpartner. Als Schauspieler, Kabarettist, Theaterbesitzer und mit seiner früheren Slapstick-Figur "Didi" hat er sich einen grossen Namen in Deutschland gemacht.

Fernsehgeschichte mit "Nonstop Nonsens"

In den 1970ern schrieb er mit der Serie "Nonstop Nonsens" Fernsehgeschichte. "Palim, Palim" und "Kuh Elsa" haben für viele Kultstatus. Hallervorden, 1935 in Dessau geboren, ist ein vielseitiger Künstler - und auch ein streitbarer. Mit einigen seiner Aussagen ist er in der Vergangenheit in die Kritik geraten. Doch dazu später.

Wenn man ihn trifft, wirkt er energiegeladen, er trägt Turnschuhe. Bei Hallervorden steigt aktuell die Nervosität von Tag zu Tag, wie er in seinem Schlosspark Theater erzählt. Denn dort übernimmt er am Freitag bei der Premiere von Molières "Der eingebildet Kranke" die Hauptrolle - an seinem Geburtstag. Hat man nach den vielen Jahren im Geschäft eigentlich noch Lampenfieber?

"Lampenfieber ist immer da"

"Das Lampenfieber ist immer da", sagt Hallervorden im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Es hängt auch damit zusammen, dass man von Jahr zu Jahr mehr weiss, was alles schieflaufen kann. Was nützt der beste Monolog, geprobt und wunderbar dargestellt, wenn zufällig der Beleuchter den falschen Schalter drückt und man im Dunkeln steht?"

Vor seinen Auftritten, erzählt er, stelle er sich ein Bild von seiner Frau Christiane an den Schminkspiegel, die er 2022 geheiratet hat. Seine dritte Ehe. Aus seinen ersten beiden Ehen hat er insgesamt vier Kinder. Das Bild seiner Frau jedenfalls erinnere ihn daran, dass es "wichtigere Dinge gibt als einen Versprecher".

Er stelle sich auch vor, dass seine Eltern und Grosseltern im Publikum sässen. "Ich weiss noch, wie sie lachen, wie sie schmunzeln und stelle mir vor, dass sie unten im Publikum sitzen und trete gut gelaunt und guten Willens auf die Bühne."

Hallervorden hat in Berlin die Kabarett-Bühne "Die Wühlmäuse" gegründet, in Dessau eröffnete im Jahr 2022 sein Mitteldeutsches Theater in der Marienkirche. Wie seine Karriere begann, zeigt die Dokumentation "Hallervorden – Didi gegen den Rest der Welt" in der ARD.

Kampf gegen das Witzel-Image "Didi"

Die Doku erzählt von seinem Leben und seinem Abschied aus der DDR, von seinen Erfolgen als Spassmacher "Didi", seinem Interesse an politischem Kabarett ("Spott-Light") oder seiner Rolle als Killer im Thriller "Das Millionenspiel" (1970).

Hallervorden kämpfte später jahrzehntelang gegen sein Witzel-Image an. Wenn er in der Kneipe sass, so sagt er es in der Doku, hätten Leute ihm ohne ein Wort einen Schnaps auf die Tischplatte geknallt und gesagt: "Als Gegenleistung jetzt mal einen gespielten Witz."

Dass es auch ganz anders geht, zeigte er vor zwölf Jahren dem Kinopublikum mit dem Film "Sein letztes Rennen". Dafür gewann er einen Deutschen Filmpreis. Gelobt wurde er auch für seine Rolle des an Alzheimer erkrankten Grossvaters in der Tragikomödie "Honig im Kopf" (2014) mit Til Schweiger.

Kritik nach "Palim, Palim"-Sketch in Jubiläumsshow

Für andere Dinge schlägt Hallervorden aber auch Gegenwind entgegen. Bei der Jubiläumsshow der ARD verwendete er in einer leicht abgewandelten Form des "Palim, Palim"-Sketches das "N-Wort" und das "Z-Wort", die als diskriminierend gelten. Einige Nutzer in den sozialen Medien warfen ihm Rassismus vor. Hallervorden verteidigte seinen Auftritt als Satire.

Mit dem Begriff "N-Wort" wird heute eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben. Das "Z-Wort" steht für eine ebenfalls früher in Deutschland gebräuchliche Bezeichnung für Sinti und Roma.

Der Schauspieler betont öffentlich immer wieder, wie wichtig es ihm sei, die eigene Meinung sagen zu können. Er bilde sie sich "ohne Rücksicht auf Vor- oder Nachteile politischer oder privater Art", erklärt Hallervorden im dpa-Gespräch.

"Ich sage meine Meinung, und die muss ja nicht richtig sein. Andere können mich gerne korrigieren. Wenn ich genügend Argumente finde, bei denen ich denke: 'Das habe ich nicht bedacht', dann bin ich auch zum Umdenken bereit."

Grossdemo in Berlin: "Bin auf der richtigen Seite"

Auch mit seiner Haltung zum Gaza-Krieg geriet er in die Schlagzeilen. Mitte September will er an einer Grossdemo in Berlin unter dem Motto "Stoppt den Völkermord in Gaza! Keine Waffen in Kriegsgebiete! Frieden statt Wettrüsten!" teilnehmen, unter anderem mit der BSW-Chefin Sahra Wagenknecht.

Natürlich unterscheiden ihn politisch Dinge von Wagenknecht, wie Hallervorden sagt. "Aber das ist doch gerade interessant, wenn sich Leute mit unterschiedlichen politischen Einstellungen alle zusammen zielmässig für Frieden einsetzen. Also finde ich, ich bin da auf der richtigen Seite."

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Nun steht erst mal der 90. Geburtstag an. Am Samstag (6.9.) ist eine Überraschungsgala für ihn im Schlosspark Theater geplant. Was er gerne noch erleben möchte? Er überlegt. "Es gibt zwei Reiseziele, die ich noch nie betreten habe: Japan und China. Ich muss unbedingt noch mal diese Seite der Welt kennenlernen." (Sabrina Szameitat, dpa/bearbeitet von pak)