Buffets wirken wie ein Schlaraffenland – bis man sich bewusst macht, wie viel dabei weggeworfen wird. Warum der Überfluss dem Klima schadet und wie es besser geht.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Elena Matera (RiffReporter) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Der Mann neben mir isst ein Spiegelei. Die anderen drei auf seinem Teller bleiben liegen. Auch sonst sehe ich im Frühstücksraum lauter halbleere Teller, angebissene Croissants, unberührte Käsescheiben und Kuchenstücke. Buffets wie dieses wirken oft wie ein ungebremstes Essensgelage.

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All-inclusive bedeutete für mich früher als Jugendliche: unbegrenzt Eis, Cocktails und Desserts. Doch als mein Partner und ich nach drei Wochen Wandern und Kajakfahren in Montenegro am Ende unserer Reise noch drei Nächte in einem All-inclusive-Hotel verbrachten, verging mir spätestens am Buffet die Lust darauf.

Es wirkte wie ein Ritual: holen, probieren, stehen lassen. Auch ich füllte meine Teller viel zu voll, weil die Auswahl so gross war. Ich wollte alles probieren. Und obwohl ich längst satt war, habe ich dann auch alles aufgegessen. Irgendwo zwischen dem Wunsch, nichts zu verschwenden, und dem Drang, zu viel zu nehmen.

Psychologische Effekte am Buffet

Das Verhalten von mir und den anderen Gästen kommt nicht von ungefähr: Eine Studie der Cornell University zeigt, dass Menschen am Buffet bis zu 40 Prozent mehr essen als sonst – besonders, wenn sie eine Pauschale bezahlt haben. Sie wollen so viel wie möglich vom Angebot nutzen, um nicht das Gefühl zu haben, etwas zu verpassen.

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Gleichzeitig sinkt die Schwelle zur Verschwendung. Denn obwohl das Essen bezahlt ist, wirkt es am Buffet wie kostenlos – es hat keinen sichtbaren Preis mehr. Genau dadurch greifen psychologische Effekte, wie der sogenannte Zero-Price-Effekt: Was nichts kostet, erscheint weniger wertvoll. Und was weniger wertvoll erscheint, wird eher achtlos liegen gelassen.

Lebensmittelverschwendung als Klimakiller

Weltweit werden laut Food Index Report 2024 der Vereinten Nationen (UN) jedes Jahr rund 1,05 Milliarden Tonnen Lebensmittel weggeworfen, während gleichzeitig 783 Millionen Menschen Hunger leiden. Diese Verschwendung hat auch massive Folgen fürs Klima: Die unnötigen Lebensmittel verursachen laut UN rund acht bis zehn Prozent der globalen Treibhausgasemissionen, mehr als der gesamte Flugverkehr weltweit.

Jedes angebissene Croissant im Müll steht für verschwendete Ressourcen: Wasser und Getreide für das Mehl, Milch und Butter aus der Tierhaltung, Energie fürs Kneten, Backen und Kühlen. Die Zutaten wurden angebaut, verarbeitet, gebacken, verpackt, transportiert und gelagert, für ein Produkt, das am Ende niemand gegessen hat.

Besonders bei tierischen Produkten ist der CO2-Fussabdruck riesig: Ein Kilogramm Rindfleisch verursacht je nach Haltungsform zwischen 30 und fast 100 Kilogramm CO2-Äquivalente (also Treibhausgase umgerechnet auf ihre Klimawirkung im Vergleich zu CO2). Das entspricht den Emissionen einer Autofahrt von Berlin nach Prag, pro Kilo Fleisch. Wenn das Fleisch auf dem Buffet liegen bleibt, ist es nicht nur unnötig, sondern klimaschädlich.

Das Problem der Lebensmittelverschwendung betrifft nicht nur All-inclusive-Hotels. Es ist ein strukturelles Problem bei All-you-can-eat-Konzepten. Laut dem World Resources Institute (WRI) ist der Grossteil der Lebensmittelverschwendung in der Hotel- und Restaurantbranche auf Buffets zurückzuführen, nicht auf A‑la‑carte‑Restaurants oder Kantinen. Denn sie bauen auf der Idee von Überfluss auf.

Die Angst, ein leerer Teller könnte den Eindruck von Knappheit erzeugen, führt dazu, dass überproduziert wird. Hygienevorschriften sorgen dann dafür, dass nicht verzehrte Speisen oft nicht weiterverwendet oder gespendet werden dürfen. Was folgt, ist eine massive tägliche Verschwendung. Eine Analyse des Beratungsunternehmens Winnow in über 450 Hotelküchen weltweit zeigt: Der Grossteil der Lebensmittelabfälle entsteht bereits, bevor überhaupt ein Teller den Gast erreicht, vor allem durch übervolle Buffets und falsche Mengenplanung.

Buffets neu gedacht: Was Hotels und Restaurants besser machen können

Sollte man also komplett auf Buffets bei All-inclusive-Hotels verzichten? Nicht unbedingt. Denn Buffets müssen nicht zwangsläufig verschwenderisch sein. In einer Studie in skandinavischen Hotels ersetzten Forschende beispielsweise die üblichen grossen Teller durch kleinere – drei Zentimeter weniger im Durchmesser – und ergänzten das Buffet um dezente Hinweisschilder wie "Lieber nachnehmen, als wegwerfen".

Das Ergebnis: Die Lebensmittelabfälle sanken um rund 20 Prozent. Schon ein Teller, der nur einen Zentimeter kleiner ist, führte zu über sieben Prozent weniger Abfall, bei drei Zentimetern lag die Einsparung bei rund 22 Prozent.

Auch wenn Speisen am Buffet nicht überfrachtet, sondern bewusst portioniert platziert werden – zum Beispiel in kleineren Schalen –, wirkt sich das auf das Verhalten aus: Gäste wählen überlegter und lassen deutlich weniger übrig. Live-Cooking-Stationen sind eine weitere Möglichkeit, um Abfälle zu reduzieren. Man bestellt frisch zubereitet, was man wirklich essen möchte.

Auch digitale Gästebefragungen können Hotels helfen, realistischere Mengen zu kalkulieren. Einige Hotels verwenden bereits KI-Algorithmen, um aus Verbrauchsdaten exakte Einkaufspläne zu erstellen und so Überproduktion zu vermeiden. Ausserdem gibt es auch in Deutschland immer mehr Restaurants, die einen kleinen Aufpreis verlangen, wenn man am Buffet volle Teller zurückgibt. Denn die enorme Lebensmittelverschwendung kostet auch Gastronomen viel Geld.

Verantwortung übernehmen – auch als Gast

Und wir als Gäste? Wir können Hotels wählen, die auf Nachhaltigkeit achten, zum Beispiel mit Labels wie GreenSign, Green Key oder Green Globe. Wir können nachfragen, wie mit Essensresten umgegangen wird oder selbst kleinere Teller nehmen und nur das holen, was wir wirklich essen. Und auch ausserhalb des Urlaubs gibt es Möglichkeiten: Mit Apps wie Too Good To Go lässt sich zum Beispiel übrig gebliebenes Essen von Restaurants oder Bäckereien in der Umgebung retten.

Kaum zurück aus dem Urlaub, war ich mit Freundinnen in Berlin bei einem All-you-can-eat-Buffet eines asiatischen Restaurants. Und tatsächlich stand direkt an der Essensausgabe ein Hinweis: "Bitte nur nehmen, was Sie auch essen." Ich habe den Impuls, alles probieren zu wollen, unterdrückt – und genau das getan: nur genommen, was ich wirklich wollte.

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