• Bei Synästheten sind bestimmte Sinneswahrnehmungen miteinander gekoppelt.
  • Es gibt mehr als 80 verschiedene Erscheinungsformen von Synästhesie.
  • Die Mehrheit der Synästheten empfindet dieses Phänomen als Bereicherung.

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Synästhesie leitet sich von den altgriechischen Wörtern "syn" (zusammen) und "aisthesis" (Empfinden) ab und bedeutet wörtlich übersetzt, dass zwei oder mehrere Sinneswahrnehmungen miteinander verknüpft sind. Das heisst, dass ein primär nicht beteiligtes Gehirnareal bei einem äusseren Reiz mit erregt wird.

Akustische Töne, Farben, Geschmack oder Formen können dann miteinander gekoppelt sein. So gibt es Menschen, die beispielsweise Buchstaben in bestimmten Farben wahrnehmen, Zahlen nehmen eine bestimmte Position im Raum ein oder eine Melodie ruft einen Geschmack im Mund hervor.

Besondere neuronale Gehirnstrukturen bei Synästheten

Wie die Universität Zürich auf ihrer Website schreibt, handelt es sich dabei nicht um eine Krankheit. Diese Phänomene werden durch besondere neuronale Gehirnstrukturen hervorgerufen. Bei Synästheten gibt es zusätzliche Verbindungen zwischen zwei oder mehreren Gehirnarealen, die Sinnesreize verarbeiten.

Diese Wahrnehmungen lassen sich nicht kontrollieren oder unterdrücken, sondern tauchen unwillkürlich auf. In der Regel sind Synästhesien auch nicht umkehrbar. Das heisst, wenn eine Zahl in einer bestimmten Farbe wahrgenommen wird, so muss diese Farbe umgekehrt nicht die Wahrnehmung der entsprechenden Zahl hervorrufen.

Es gibt mindestens 80 verschiedene Formen von Synästhesie

Die häufigste Form der Synästhesie ist das Farbenhören, also durch das gehörte, gelesene oder nur gedachte Wort kommt es vor dem inneren Auge zu einem synästhetischen Farberlebnis. Wenn Farben konsistent zu bestimmten Zeichen, also Buchstaben oder Zahlen, zugeordnet werden, bezeichnet man dies als Graphem-Farb-Synästhesie. Aber auch viele andere Verknüpfungen sind möglich.

Der US-amerikanische Anthropologe, Linguist und Synästhet Sean A. Day hat mittlerweile mehr als 80 Varianten von Synästhesie aufgelistet. Der auslösende Reiz kann dabei eine Information in der Aussenwelt sein, aber auch ein Gedanke oder eine Idee.

Bei der Sequenz-Raum-Synästhesie werden Zeiteinheiten oder Zahlen in einer bestimmten Position im Raum visualisiert. Bei der lexikal-gustatorischen Synästhesie rufen Worte auf der Zunge einen bestimmten Geschmack hervor.

Synästheten sind oft kreativer und empathischer

Bei schätzungsweise vier Prozent der Weltbevölkerung tritt dieses Phänomen auf. Tatsächlich könnte es aber noch viel mehr Menschen betreffen, denn die meisten Synästheten sind sich ihrer besonderen Fähigkeit nicht bewusst, bis sie jemand darauf aufmerksam macht. Synästhesie gibt es von Geburt an und man geht davon aus, dass sie vererbt werden kann.

Die Begabung wird meistens als angenehm und unentbehrlich beschrieben. Synästheten verfügen zudem häufig über eine erhöhte Kreativität, bessere Merkfähigkeit und Vorstellungskraft, nehmen Details besser wahr und sind empathischer. Zu den berühmten Synästheten zählen etwa Franz Liszt, Leonard Bernstein, Nikola Tesla, Wassily Kandisky, Lady Gaga, Kanye West oder Chris Martin.

Synästhesie-Forschung ist noch lange nicht abgeschlossen

Synästhetische Phänomene werden seit dem 19. Jahrhundert dokumentiert, die wissenschaftliche Erforschung erfolgte aber erst in den letzten Jahrzehnten. 1980 liess der Neurologe und Neuropsychologe Richard E. Cytowic das Thema wieder aufleben und veröffentlichte seine Forschungsergebnisse in dem Buch "The Man Who Tasted Shapes".

Heute erlebt die wissenschaftliche Erforschung von Synästhesie einen Aufschwung - und ist noch lange nicht abgeschlossen. Geforscht wird vor allem in England, den USA und Australien, aber auch in Deutschland gibt es derzeit Forschungsstandorte, etwa an der Medizinischen Hochschule Hannover und der Universität Regensburg.

Verwendete Quellen:

  • Deutsche Synästhesie Gesellschaft e.V.: Was ist Synästhesie?
  • Sean A. Day: Demographic aspects of synesthesia
  • Universität Zürich: Synästhesie
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