Vor der UNO hat sich Donald Trump als Friedensstifter gefeiert – und der Welt gleich sieben angeblich beendete Kriege aufgezählt. Gleichzeitig attackierte er die Vereinten Nationen scharf, drohte Russland mit neuen Zöllen und erklärte den Klimawandel zum "grössten Betrug aller Zeiten".
US-Präsident
Dazu zählte er unter anderem Kriege zwischen Kambodscha und Thailand, Kosovo und Serbien, dem Kongo und Ruanda, Pakistan und Indien, Israel und dem Iran, Ägypten und Äthiopien sowie Armenien und Aserbaidschan.
"Jeder sagt, dass ich den Friedensnobelpreis für jede einzelne dieser Errungenschaften bekommen sollte", so Trump weiter. "Mir geht es nicht darum, Preise zu gewinnen, sondern Leben zu retten."
Trump macht UNO für mehr Probleme als Lösungen verantwortlich
Zugleich attackierte er die UN scharf. "Schade, dass ich diese Dinge tun musste anstelle der Vereinten Nationen. Und traurig, dass in all diesen Fällen die Vereinten Nationen noch nicht einmal versucht haben zu helfen", sagte Trump. "Die Vereinten Nationen waren nicht für uns da. Sie waren nicht da." Die Organisation habe "ein grosses Potenzial", aber sie erfülle dieses nicht.
Die UNO sei nur gut in "leeren Worte, und leere Worte beenden keinen Krieg". "Die UN lösen nicht nur zu selten die Probleme, die sie lösen sollten, sondern schaffen sogar neue Probleme, die wir lösen müssen", sagte der US-Präsident bei seiner Rede vor mehr als 140 Staats- und Regierungschefs.
Unter anderem machte er die Vereinten Nationen für die angeblich unkontrollierte Immigration in den USA verantwortlich. "Die UN unterstützen Menschen, die illegal in die Vereinigten Staaten einreisen, und dann müssen wir sie wieder herausholen." Die UN unterstützten Menschen ohne legale Einreiseerlaubnis unter anderem mit Lebensmitteln und Unterkünften.
US-Präsident erhöht Druck auf Russland und Europa
Ungeachtet seiner Ankündigungen vor seiner Wiederwahl hat Trump den Krieg in der Ukraine unterdessen noch nicht beendet. Vor der UNO drohte er Russland mit neuen Zöllen - und erhöhte dabei erneut den Druck auf die europäischen Partner.
Falls Russland nicht bereit sei, ein Abkommen zur Beendigung des Ukraine-Krieges zu schliessen, seien die USA bereit, eine Reihe "sehr gewaltiger Zölle" zu verhängen, sagte der Republikaner bei der UN-Generaldebatte.
Damit diese Zölle wirksam seien, müssten sich die europäischen Nationen den USA anschliessen und genau dieselben Massnahmen ergreifen, betonte er. "Europa muss einen Gang zulegen", es könne nicht so weitermachen wie bisher und Öl und Gas von Russland kaufen.
Trump hatte zuletzt weitere Russland-Sanktionen der Vereinigten Staaten daran geknüpft, dass die europäischen Partner hohe Zölle auf chinesische Importe erheben und kein russisches Öl mehr kaufen. EU-Kommissionspräsidentin
Russland führt seit mehr als dreieinhalb Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. In New York sagte Trump nun, alle hätten gedacht, Russland würde diesen Krieg in drei Tagen gewinnen. Dass es nicht so gekommen sei, werfe kein gutes Licht auf Russland.
Vergiftetes Lob für Deutschland
In seiner Rede vor der UN-Vollversammlung lobte Trump jedoch auch die Europäer, speziell Deutschland. Die Bundesrepublik habe unter der neuen Bundesregierung den "kranken Weg" der Ampel-Koalition bei der Einwanderungs- und Energiepolitik verlassen, sagte Trump.
"Sie setzten auf Grün, und sie gingen in den Bankrott. Und die neue Führung (...) kam, und sie kehrten zurück zu fossilen Brennstoffen und Kernenergie, was gut ist", sagte Trump fälschlicherweise. Tatsächlich ist Deutschland aus der Atomkraft ausgestiegen.
Die Worte des US-Präsidenten wurden bei der UNO als Seitenhieb gegen die frühere Aussenministerin
Baerbock stellt sich vehement vor die Vereinten Nationen
Annelena Baerbock verteidigte in ihrer Rede die Vereinten Nationen gegen scharfe Kritik von Ländern wie den USA, Israel und Russland. "Ja, wir haben Misserfolge. Aber stellen Sie sich vor, wie viel schlimmer es ohne die Vereinten Nationen wäre", sagte sie zu den Vertretern der 193 Mitgliedstaaten und verwies auf Programme gegen den Hunger in der Welt und gegen Krankheiten.
"Wie vor 80 Jahren stehen wir an einem Scheideweg", sagte Baerbock weiter. Sie rief die Weltgemeinschaft auf, die Grundsätze der UN-Charta von 1945 zu wahren, zu denen die internationale Zusammenarbeit für den Frieden und die Sicherheit gehören. Die Vereinten Nationen seien eine "Lebensversicherung" für zahlreiche Länder, betonte sie.
UN-Generalsekretär António Guterres übte seinerseits Kritik an politischen Anführern wie Trump und Kremlchef Wladimir Putin, ohne diese jedoch namentlich zu nennen. "Rund um die Welt sehen wir Länder, die sich so verhalten, als würden die Regeln nicht für sie gelten", kritisierte der Portugiese. "Wir sehen, wie Menschen als minderwertig behandelt werden."
Klimawandel "grösster Betrug aller Zeiten"
Dass eine Rückkehr zu fossilen Brennstoffen auch ein Rückschritt im Kampf gegen den Klimawandel wäre, liess Trump nicht gelten. Der US-Präsident bezeichnete den Klimawandel in seiner Rede als "Betrug". "Der Klimawandel - das ist der weltweit grösste Betrug aller Zeiten", sagte Trump. Die Masseinheit des individuellen CO₂-Fussabdrucks bezeichnete Trump zudem als "Lüge, die von Menschen mit bösen Absichten erfunden wurde, die einem Pfad der totalen Zerstörung folgen".
Sie sagten, die globale Erwärmung würde die Welt zerstören... Aber dann wurde es kälter", sagte Trump in seiner Rede weiter. Der US-Präsident bestreitet bereits seit dem Wahlkampf für seine erste Präsidentschaftswahl im Jahr 2016 den menschengemachten Klimawandel und will die Öl- und Gasförderung in den USA massiv ausweiten. Bereits am ersten Tag seiner zweiten Amtszeit verfügte er im Januar den erneuten Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen. Auch in seiner ersten Amtszeit hatte er den Austritt erklärt, die Nachfolgeregierung unter Joe Biden war aber zwischenzeitlich wieder eingetreten.
"Gescheitertes Experiment offener Grenzen"
Bei der Einwanderungs- und Migrationspolitik warb Trump ebenfalls, wie beim Lob für Deutschland, für einen harten Weg. "Es ist Zeit, das gescheiterte Experiment der offenen Grenzen zu beenden. Es muss sofort beendet werden", sagte er in New York. "Stolze Nationen müssen ihre Gemeinschaften schützen und verhindern können, dass ihre Gesellschaften von Menschen überwältigt werden, die sie noch nie zuvor gesehen haben, mit anderen Bräuchen, Religionen und einfach allem".Migranten verletzten in vielen Ländern Gesetze und stellten falsche Anträge, behauptete Trump.
Weiter sagte er: "Ihre Länder fahren vor die Hunde. In Amerika haben wir mutige Massnahmen ergriffen, um unkontrollierte Migration schnell zu stoppen." In den USA hat Trump die südliche Grenze zu Mexiko für irreguläre Migration im Prinzip dicht gemacht. Im Land hat er die Behörden angewiesen, Hunderttausende Ausländer ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung aufzuspüren und abzuschieben.
Trump: Anerkennung von Palästinenserstaat als Belohnung zu gross
Auch der Gazakrieg war Teil von Trumps Rede. Der Republikaner forderte von der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas erneut die sofortige Freilassung aller Geiseln im Gazastreifen. Lasst die Geiseln jetzt frei", sagte der Republikaner mit Blick auf die Hamas. Im Gazastreifen befinden sich nach israelischen Informationen noch 48 Geiseln. Demnach dürften 20 von ihnen noch leben.
Trump sagte weiter, der Krieg müsse sofort beendet und eine Waffenruhe erreicht werden. Die Hamas habe aber wiederholt Friedensangebote abgelehnt. Der US-Präsident sprach sich für weitere Friedensverhandlungen aus. Eine Waffenruhe ist allerdings derzeit nicht in Sicht: Die jüngste Bodenoffensive Israels in der Stadt Gaza hat Hunderttausende Menschen zur Flucht gezwungen.
Trump sagte weiter, aus seiner Sicht wäre mit einer Anerkennung eines palästinensischen Staates die Belohnung für die Gräueltaten der Hamas zu gross. Ähnlich hatte sich zuvor auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geäussert, nachdem unter anderem Grossbritannien am Sonntag den Staat Palästina anerkannt hatte.
Der 7. Oktober 2023 dürfe nicht vergessen werden, betonte der US-Präsident. Der Krieg im Gazastreifen hatte mit dem beispiellosen Überfall der Hamas und weiterer islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023 begonnen. Dabei wurden rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 in den Gazastreifen verschleppt.
Initiative gegen biologische Waffen angekündigt
Trump kündigte am Dienstag auch eine Initiative gegen biologische Waffen an. "Ich gebe heute bekannt, dass meine Regierung eine internationale Initiative zur Durchsetzung der Biowaffenkonvention anführen wird. Sie wird sich mit den führenden Politikern der Welt treffen und ein KI-Verifizierungssystem entwickeln, dem jeder vertrauen kann", sagte Trump. Er hoffe, die Vereinten Nationen könnten dabei eine konstruktive Rolle spielen. Weitere Details nannte er nicht.
Ärger über Teleprompter und Rolltreppe
Zu Beginn seiner Rede musste sich Trump über einen nicht funktionierenden Teleprompter ärgern. Er werde ohne den Monitor sprechen, der ihm seinen Redetext anzeigt, sagte Trump zu Beginn seines Auftritts - "weil der Teleprompter nicht funktioniert."
Trotzdem sei er glücklich, in New York sprechen zu können, sagte Trump. "Ich kann nur sagen, wer auch immer diesen Teleprompter bedient, steckt in grossen Schwierigkeiten." Das Publikum in der grossen Halle der UN-Vollversammlung lachte daraufhin.
Auch über eine defekte Rolltreppe im UN-Hauptquartier beschwerte sich der US-Präsident. Die Rolltreppe habe plötzlich angehalten, als er und seine Ehefrau Melania sie benutzt hätten, sagte Trump während seiner Rede.
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"Wenn die First Lady nicht so gut in Form wäre, wäre sie gefallen, aber sie ist gut in Form. Wir sind beide gut in Form." Zusammenfassend sagte er: "Das sind die zwei Sachen, die ich von den Vereinten Nationen bekommen habe: Eine schlechte Rolltreppe und einen schlechten Teleprompter. Vielen Dank."
Mit seiner Rede am ersten Tag der UN-Generaldebatte in New York kehrte Trump auf die grösste diplomatische Bühne der Welt zurück. Zuletzt hatte er 2019 in seiner ersten Amtszeit vor der Vollversammlung gesprochen. (dpa/afp/bearbeitet von skr und jst)