Noch in diesem Monat will Bundeskanzler Merz Klarheit schaffen, wie es mit dem eingefrorenen russischen Vermögen weitergehen soll. Ein Politiker steht jedoch seinen Plänen bislang im Weg.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erwartet noch in diesem Monat eine Entscheidung über die Verwendung der in Europa eingefrorenen russischen Vermögenswerte für weitere Ukraine-Hilfen. "Es wird in drei Wochen auf dem nächsten Europäischen Rat aller Voraussicht nach dazu eine konkrete Entscheidung geben", sagte Merz am Donnerstag beim Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Kopenhagen.

Merz hat vorgeschlagen, das Vermögen für Kredite in Höhe von 140 Milliarden Euro zu nutzen, um die Ukraine für den weiteren Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer aufzurüsten. Dagegen gibt es aber massive Bedenken unter anderem in Belgien, wo der grösste Teil des in der EU eingefrorenen russischen Zentralbankvermögens lagert.

Der belgische Premierminister Bart De Wever warf den Unterstützern des Projekts vor, die Risiken sträflich zu vernachlässigen und keine Antworten auf offene Fragen zu haben. Neben der Gefahr einer Beschlagnahmung von Vermögenswerten europäischer Unternehmen in Russland nannte er dabei auch die Möglichkeit, dass es Anschlagsversuche gegen den Chef des belgischen Finanzinstituts Euroclear geben könnte. Euroclear verwaltet derzeit einen grossen Teil der in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerte. De Wever ist bei den von Merz und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen vorangetriebenen Plänen eine Schlüsselfigur, weil das Vorhaben ohne die Zustimmung Belgiens nicht umsetzbar ist.

Merz fürchtet weder Putin noch die Ablehnung Belgiens

Bislang werden nur die Zinsen des festgesetzten Geldes zur Unterstützung der von Moskau angegriffenen Ukraine genutzt. De Wever verglich das festgesetzte Staatsgeld mit einem dicken Huhn und die abfallenden Zinsen mit goldenen Eiern. Die Frage sei: Wann esse man das Huhn? Zudem seien rechtliche Fragen nicht abschliessend geklärt, mahnte der flämische Politiker. Man sei bereits in den bekannten Gewässern einem Risiko ausgesetzt. "Nun aber begeben wir uns in unbekannte Gewässer. Das ist sehr, sehr riskant. Es gibt dafür keinen Präzedenzfall", sagte De Wever.

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Neben rechtlichen Bedenken gibt es auch eine Furcht vor möglichen Vergeltungsmassnahmen des russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Putin sollte unsere Entschlossenheit nicht unterschätzen", mahnte Merz in Richtung Moskau. "Es gibt wirklich eine grosse Geschlossenheit und eine feste Entschlossenheit, dieser Aggression gemeinsam zu begegnen." Dabei gehe es nicht nur um die Ukraine, erläuterte er. Auch die Europäer seien "fest entschlossen (…) uns selbst zu schützen".

Merz fügte hinzu, er verlasse den Gipfel in Kopenhagen "mit dem sicheren Gefühl, dass es eine sehr grosse Übereinstimmung in der Europäischen Union und auch in der Europäischen Politischen Gemeinschaft gibt", die russischen Vermögenswerte für die Ukraine-Hilfe zu nutzen. "Ich werde jeden Weg unterstützen, der es ermöglicht, russische Vermögenswerte zu nutzen, um der Ukraine weiter zu helfen und dafür zu sorgen, dass dieser Krieg möglichst bald zu einem Ende kommt." Der nächste EU-Gipfel findet am 23. und 24. Oktober in Brüssel statt. (afp/dpa/bearbeitet von the)