Genf - Die Aussenminister von Deutschland, Frankreich und Grossbritannien halten nach gut vierstündigen Verhandlungen mit ihrem iranischen Kollegen Abbas Araghtschi weitere Gespräche mit Teheran über eine diplomatische Lösung des Atomkonflikts für sinnvoll. "Das gute Ergebnis heute ist, dass wir den Raum verlassen mit dem Eindruck, dass die iranische Seite grundsätzlich bereit ist, über alle wichtigen Fragen weiter zu sprechen", sagte der deutsche Aussenminister Johann Wadephul nach dem Treffen in Genf.
Der Iran will die Gespräche fortführen. "Wir unterstützen die Fortsetzung der Gespräche mit den drei europäischen Ländern und der Europäischen Union und sind bereit, in naher Zukunft ein weiteres Treffen abzuhalten", sagte Araghtschi laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Er betonte aber: "Solange die Angriffe Israels andauern, werden wir mit keiner Partei verhandeln."
Offen ist allerdings weiterhin, ob US-Präsident
Eine Woche nach Kriegsbeginn hatten
US-Präsident Trump hatte seine Sprecherin Karoline Leavitt am Vorabend erklären lassen, er wolle vor dem Hintergrund der anstehenden Verhandlungen innerhalb der nächsten zwei Wochen entscheiden, ob die USA als wichtigster Verbündeter Israels in den Krieg eingreifen werden.

Wadephul betont Bedeutung von USA für Verhandlungslösung
Wadephul sprach von sehr ernsthaften Gesprächen. "Die ganze Region ist in einer ausserordentlich kritischen Situation, und es ist unser gemeinsames Bestreben, eine weitere Eskalation zu vermeiden und in Verhandlungen weiterzukommen." Für die Europäer sei wichtig, dass sie an diesen Gesprächen beteiligt würden. "Aber vor allen Dingen ist von grosser Bedeutung, dass die Vereinigten Staaten von Amerika an diesen Verhandlungen und einer Lösung beteiligt werden", fügte er hinzu.
"Existenzielle Bedrohung für Staat Israel muss beseitigt werden"
Die Europäer sähen das Nuklearprogramm des Iran mit grosser Sorge, sagte Wadephul. Deutschland sei dabei den Sicherheitsinteressen des Staates Israel besonders verpflichtet. "Iran ist eine existenzielle Bedrohung für den Staat Israel, und diese existenzielle Bedrohung für den Staat Israel, die muss beseitigt werden", betonte Wadephul anschliessend im ZDF-"heute journal". "Aus meiner Sicht in dieser gefährlichen Situation am schnellsten und am effektivsten auf dem Verhandlungswege."
Lammy: Dies ist ein gefährlicher Moment
Lammy sagte, man strebe an, die Gespräche und Verhandlungen mit Teheran fortzusetzen. "Dies ist ein gefährlicher Moment", sagte er. Er ergänzte: "Es ist von enormer Bedeutung, dass wir keine regionale Eskalation dieses Konflikts erleben – sowohl wegen der Folgen, die das für uns alle hätte, als auch für die Menschen zu Hause, die sich in dieser Zeit Sorgen um die Lebenshaltungskosten machen."
Auch Barrot sagte, die Europäer erwarteten vom Iran Gesprächsbereitschaft auch mit den USA, um eine Verhandlungslösung durch Dialog in der aktuellen Krisensituation zu erreichen. Das Risiko für die Nahostregion, aber auch für Europa, durch den Krieg zwischen Israel und dem Iran sei beträchtlich.
An den Gesprächen hatte auch die EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas teil. Die Europäer kamen zunächst unter sich in der Residenz des deutschen Abrüstungsbotschafters zusammen.

Luftwaffe fliegt Deutsche direkt aus Israel aus
Die Luftwaffe flog unterdessen mehrere Dutzend deutsche Staatsbürger aus Israel aus. Zwei Propellermaschinen vom Typ Airbus A400M mit 64 Personen an Bord befänden sich aktuell auf dem Weg von Tel Aviv nach Deutschland, teilten das Verteidigungsministerium und das Auswärtige Amt am Abend mit. Wegen des Krieges ist der Luftraum in beiden Ländern eigentlich für den Luftverkehr gesperrt. Zuerst hatte der "Spiegel" darüber berichtet.
Es ist das erste Mal in dem aktuellen Konflikt, dass Deutsche von der Bundeswehr ausgeflogen werden - zuvor gab es zwei Charterflüge, die allerdings nicht in Israel, sondern in Jordanien abhoben. Für die Reise dorthin waren längere Bus- oder Autofahrten notwendig, die die Betroffenen selbst organisieren mussten.
Irans Aussenminister: Wer Israels Angriff rechtfertigt, ist Komplize
Araghtschi hatte die internationale Gemeinschaft vor dem Treffen mit den Europäern im UN-Menschenrechtsrat aufgerufen, die Angriffe Israels auf sein Land zu verurteilen. "Jede Rechtfertigung dieses ungerechten und verbrecherischen Krieges käme einer Komplizenschaft gleich", sagte er. Der Iraner warf Israel wegen dessen Vorgehens im Gazastreifen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.
Gegenseitige schwere Angriffe gehen weiter
Israel und Iran attackierten sich ungeachtet der Gespräche in Genf gegenseitig weiter. In der israelischen Stadt Haifa wurden laut dem israelischen Rettungsdienst Magen David Adom bei einem Angriff mindestens 23 Menschen verletzt, drei von ihnen schwer. Iranische Medien meldeten auch einen israelischen Angriff auf die Hafenstadt Buschehr, in der sich das einzige AKW des Landes befindet.

Schweiz und Grossbritannien schliessen Botschaften in Teheran
Grossbritannien und die Schweiz, die seit Jahrzehnten auch die diplomatischen Interessen der USA im Iran vertritt, schlossen ihre Botschaften in Teheran. Die Briten teilten mit, das Botschaftspersonal wegen der Sicherheitslage vorübergehend aus dem Iran abzuziehen. Das Schweizer Aussenministerium erklärte, die Entscheidung sei "angesichts der Intensität der militärischen Operationen im Iran und der äusserst instabilen Lage" getroffen worden.
UNHCR bereitet Krisenpläne für Flüchtlinge aus Iran vor
Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) bereitet sich auf grössere Flüchtlingsgruppen aus dem Iran vor. "Wir erstellen Krisenpläne", sagte UNHCR-Chef Filippo Grandi der Deutschen Presse-Agentur. Es gebe bereits unbestätigte Berichte über ankommende Flüchtlinge aus dem Iran in Armenien, Aserbaidschan und Turkmenistan, sagte Grandi.
Seit Kriegsbeginn sind nach offiziellen Angaben in Israel 24 Menschen durch die iranischen Angriffe getötet sowie mehr als 800 verletzt worden. Im Iran kamen laut des in den USA ansässigen Menschenrechtsnetzwerks HRANA bislang mehr als 650 Menschen ums Leben; mehr als 2.000 seien verletzt worden. Die Aktivisten stützen sich auf Informanten und öffentlich zugängliche Quellen. Die Regierung selbst veröffentlicht keine Zahlen zu Verletzten und Todesopfern. © Deutsche Presse-Agentur