50 Tage will Trump Putin Zeit geben, ernsthafte Friedensgespräche aufzunehmen. Sonst würden die USA die russische Wirtschaft mit heftigen Sanktionen angreifen. Die Frage ist nur: Wie realistisch ist diese Drohung?
Aktuell vergeht kein Tag, an dem
Dafür spricht, dass sich seine Haltung zum russischen Präsidenten deutlich verändert hat. Zum Amtsantritt war Trump noch überzeugt, er könne
Die Demokraten begrüssen Trumps Kehrtwende, die sich auch in der Lieferung neuer Waffen an die Ukraine niederschlagen könnte: "Er hat anscheinend endlich verstanden: Wladimir Putin spielt mit ihm", sagte die demokratische Senatorin Jeanne Shaheen, die hinterherschob: "Ob das lange anhält, ist jedoch unklar."
Kongress befürwortet härteres Vorgehen gegen Russland
Die Befürworter eines härteren Vorgehens gegen Russland wollen die aktuelle Verstimmung des Präsidenten nutzen. Dabei kommt es zu einer seltenen Zusammenarbeit zwischen Republikanern und Demokraten. Im Senat gibt es schon seit Anfang diesen Jahres eine überparteiliche Mehrheit für ein Gesetz, das Länder, die Gas und Öl aus Russland importieren, mit bis zu 500 Prozent Zöllen belegen würde.
Der republikanische Senator Lindsay Graham und sein demokratischer Kollege Richard Blumenthal nennen diese Massnahme den "Vorschlaghammer". Die vorgesehenen Sekundärzölle zielen darauf ab, dass Russlands Handelspartner sich in Zukunft anderweitig mit Gas und Öl versorgen, um den heftigen US-Zöllen zu entgehen.
Der republikanische Sprecher im Repräsentantenhaus, Mike Johnson, machte klar, dass auch das Abgeordnetenhaus "grossen Appetit" auf harte Sanktionen gegen Russland hätte. Beide Kammern des Kongresses scheinen bereit – es liegt also an Trump, ob die USA ernst machen und gegenüber Putin den "Vorschlaghammer" herausholen.
Legt Trump sich mit China an?
Doch Experten haben Zweifel, ob Trump das wirklich vorhat. Der US-Präsident spricht in seinem Ultimatum von 100-Prozent-Zöllen statt der vom Senat vorgeschlagenen 500 Prozent. Allerdings wären selbst diese 100 Prozent eine Massnahme mit massiven Folgen für die USA selbst: Sie würden den Zollstreit mit China wieder neu befeuern.
China ist der wichtigste Handelspartner Russlands. 2024 importierte China Öl im Wert von rund 62 Milliarden Dollar und Gas im Wert von 13 Milliarden Dollar aus Russland. Dass China diesen Handel abbricht, scheint unwahrscheinlich. Sollte Trump seine Drohung in die Tat umsetzen, wären also wieder höhere Zölle für chinesische Waren fällig. Und China würde vermutlich mit Gegenzöllen reagieren.
Im Mai hatten die USA und China ihre gegenseitigen Zölle deutlich gesenkt und damit der Eskalation des Handelskriegs zwischen den grössten Volkswirtschaften der Welt vorläufig ein Ende gesetzt. Allerdings galt die Senkung nur für 90 Tage – im August endet die Frist.
US-Wirtschaftsexperte sieht "leere Drohung"
Andere Handelspartner wie Indien, die Türkei, Japan oder die EU-Länder wären im Fall der Fälle ebenfalls von den Zöllen betroffen, wenn sie weiter Öl und Gas aus Russland importieren.
Der US-Wirtschaftsexperte Eddie Fishman hält das 50-Tage-Ultimatum deshalb für einen Bluff. Auf X schrieb er: "Zölle von über 100 Prozent auf China erwiesen sich bereits als politisch unmöglich. Nun droht Trump auch Indien, der EU und Japan mit Zöllen von über 100 Prozent. Leere Drohungen werden das Verhalten nicht ändern."
Auch die russischen Börsen zeigten sich bislang unbeeindruckt von Trumps Ansage und schnellten nach der Ankündigung des Ultimatums sogar um 2,5 Prozent nach oben.
Verhandlungen über Waffenstillstand im Herbst?
Der Militärexperte Thomas Wiegold betrachtet Trumps Drohung ebenfalls skeptisch. Im Interview mit der Tagesschau gibt er zu bedenken, dass Trump auch in der Vergangenheit Ultimaten schnell wieder abgeräumt hat: "Verlässlich ist das noch nicht. Die Taten, die daraus folgen, das ist das Entscheidende", so Wiegold.
Jennifer Kavanagh von der Denkfabrik "Defense Priorities" in Washington glaubt nicht daran, dass Trumps Ultimatum Putins Pläne in der Ukraine ändert. Gegenüber der New York Times wies sie aber darauf hin, dass das 50-Tage-Ultimatum zur selben Zeit enden könnte wie die russische Sommeroffensive: "Ich denke, da könnte ein Fenster für Verhandlungen aufgehen", vermutet die Expertin.
Aussagen gefangengenommener russischer Offiziere deuten zumindest darauf hin, dass Putin nach der Sommeroffensive seine Strategie ändern könnte. Sie berichten laut Tagesspiegel, dass ihnen die Offensive als "letzter Vorstoss" angekündigt worden war. Sollte Putin wirklich im Herbst Verhandlungen anstreben, wäre das für Trump optimal. Dann könnte er behaupten, dass es sein Ultimatum war, das den Frieden gebracht hat.
Verwendete Quellen:
- Tagesschau.de: Thomas Wiegold zu Trumps Wende in der Ukraine-Russland-Politik (Video)
- nytimes.com: Behind Trump’s Tough Russia Talk, Doubts and Missing Details
- tagesspiegel.de: Ukraine-Invasion, Tag 1234 - "Letzter Vorstoss"? So tödlich ist die russische Sommeroffensive