Frankfurt/Main - Mit dem Gendern hat Frauen-Bundestrainer Christian Wück noch so seine Probleme. "Ich bemühe mich. Wenn ich es mal vergesse, korrigiere ich mich aber auch nicht", sagte der 52-Jährige im dpa-Gespräch und räumte lächelnd ein: "Das passiert schon mal auf dem Platz, wenn ich sage: Ey Jungs, passt doch auf!"
Seine "Mädels" nehmen es
Am 4. Juli geht es gegen Polen los
Der Countdown für die EM vom 2. bis 27. Juli in der Schweiz beginnt an diesem Donnerstag, wenn Wück und Sportdirektorin
Dass er eines Tages für die deutschen Fussballerinnen verantwortlich sein wird, hätte sich Wück einst als Bundesliga-Stürmer nie vorstellen können. "Ich muss ganz ehrlich sagen: Also für mich war Frauenfussball in meiner Welt als aktiver Spieler nie ein Thema." Erste Berührungspunkte gab es 2019 bei der WM in Frankreich, wo der DFB ihn als Scout einsetzte. Von der Stimmung und den Leistungen her, lernte er damals, war es "ein sehr, sehr hohes Niveau".
Ob es bei den Frauen einen anderen Führungsstil bedarf als bei den Junioren? "Ich glaube, meine Art zu führen, meine Art, mit Menschen umzugehen, ändert sich ja nicht mit dem Geschlecht oder dem Alter der Mannschaft", erklärte Wück. Zuletzt hatte es vor dem 4:0 gegen die Niederlande und dem 6:0 in Österreich unter anderem von der nicht nominierten Abwehrspielerin Felicitas Rauch ("Hier wünschte ich mir eine viel transparentere Kommunikation") Kritik und danach eine interne Aussprache gegeben.
"Ich möchte einer sein, der offen mit Spielerinnen umgeht, der nicht vorgibt, was wir machen, sondern der gemeinsam die besten Lösungen finden möchte", betonte der DFB-Chefcoach nun. "Die Spielerinnen und meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Staff sollen mir auch sagen, wenn ich Mist gebaut habe oder etwas Falsches gemacht oder gesagt habe."
"Unheimlich viel Lachen"
Kapitänin Giulia Gwinn sprach danach von einem Prozess, "der nicht von heute auf morgen geht.". Der Nachfolger von Horst Hrubesch selbst spricht immer noch von einer Kennlernphase, manche Dinge sind halt doch anders.
Als Wück im vergangenen Oktober seinen ersten Lehrgang mit den deutschen Frauen abhielt, da staunte er: "Die Mädels haben eine unheimlich gute Stimmung, unheimlich viel Harmonie, unheimlich viel Lachen. Aber sobald sie auf dem Trainingsplatz sind, können sie diesen Hebel umlegen. Und das muss ich ihnen wirklich hoch anrechnen."
Zuletzt hatte der Franke die EM-Absage für die lange verletzte Lena Oberdorf (FC Bayern München) moderieren müssen. "Tränen gibt es bei solchen Enttäuschungen natürlich auch. Das ist vielleicht ein Unterschied zu den Jungs und Männern. Aber klar: Natürlich hat sie sich Hoffnung gemacht."
Auch der Bundestrainer hat einen Instagram-Account
Dass bei der heutigen Generation - gerade im Frauenfussball - Social Media eine grosse Rolle spielt, daran hat sich der Vater zweier Töchter schon länger gewöhnt. Schon zu Zeiten als männlicher Nachwuchstrainer eröffnete er einen eigenen Instagram-Account, um mehr mit den Spielern zu kommunizieren.
Die Eigenvermarktung werde eben über diese Kanäle betrieben. "Weil es gerade auch im Frauenfussball nicht nur ein adäquates Mittel ist, um mit seinen Fans direkt zu kommunizieren, sondern diese Möglichkeiten auch kommerziell optimal genutzt werden können", so Wück.
Immer alle super pünktlich
Und noch etwas sei vielleicht ein Unterschied zum Männerfussball: Bei den DFB-Frauen herrscht offenbar grösste Verlässlichkeit und Disziplin. Er habe in seiner Amtszeit im Team der Olympia-Dritten noch keine Strafe verhängen müssen. "Immer noch nicht. Es gibt keinen Strafenkatalog. Ich weiss gar nicht, ob es bei uns eine Mannschaftskasse gibt, weil noch nie eine hat bezahlen müssen."
Zum Mittagessen um 13 Uhr darf man bei den DFB-Frauen auf deren Wunsch zehn Minuten vorher oder zehn Minuten nachher erscheinen. "Da kommt dann aber keine um zwölf nach eins", so Wück. © Deutsche Presse-Agentur