Die 18-jährige Victoria Mboko schreibt mit ihrem ersten Titel auf der WTA-Tour ein kanadisches Tennis-Märchen - und ist plötzlich Geheimfavoritin bei den US Open.

Victoria Mboko sackte auf die Knie und schlug die Hände vors Gesicht, dann liess sie Luftküsse ins jubelnde Publikum fliegen. Die neue kanadische Tennis-Hoffnung hat ihren märchenhaften Siegeszug beim Heimspiel in Montréal mit ihrem ersten Titel auf der WTA-Tour gekrönt, nach dem unverhofften Triumph überwältigten die erst 18-Jährige die Gefühle.

"Als ich gewonnen hatte und so viele Menschen aufstanden und applaudierten, war das eine unwirkliche Erfahrung", sagte Mboko nach ihrem Comeback im Finale des 1000er-Turniers. Nach Siegen über Sofia Kenin, Coco Gauff und Jelena Rybakina bezwang die gebürtige Amerikanerin im Endspiel die Japanerin Naomi Osaka mit 2:6, 6:4, 6:1 - und damit auch die vierte Grand-Slam-Siegerin binnen einer Woche. Das hatte bisher nur Serena Williams (1999) während eines Turniers geschafft.

Victoria Mboko: "Es beweist, dass deine Träume näher sind, als du denkst"

"Ich hätte nie gedacht, dass so etwas so plötzlich kommen würde. Ich denke, es beweist, dass deine Träume näher sind, als du denkst", sagte Mboko, die gegen die frühere Weltranglistenerste vor 11.000 begeisterten Zuschauern acht ihrer neun Breakchancen und nach 2:04 Stunden auch ihren ersten Matchball nutzte.

Die Glückwünsche folgten umgehend. "Sie hat es geschafft. Eine unglaubliche Leistung von unserem kanadischen Champion", schrieb Premierminister Mark Carney bei X. Auch über 500 Kilometer entfernt beim ATP-Masters in Toronto fieberten die Menschen mit. Als Mboko ihren Triumph perfekt machte, brach im ersten Satz des Finals zwischen dem Russen Karen Chatschanow und dem späteren Sieger Ben Shelton auf den Tribünen plötzlich lautstarker Jubel aus. Shelton und Chatschanow waren zunächst sichtlich verwirrt.

Victoria Mboko (18) beim Aufschlag gegen Weltstar Naomi Osaka.
Victoria Mboko (18) beim Aufschlag gegen Weltstar Naomi Osaka. © IMAGO/IMAGO/David Kirouac

Noch am Vormittag hatte sich Mboko wegen Schmerzen im rechten Handgelenk einem MRT unterzogen – am Abend stand sie dann ihrer Kindheitsheldin Osaka gegenüber. "Worte können nicht beschreiben, wie der Tag gelaufen ist", sagte Mboko, deren Eltern aus der Demokratischen Republik Kongo geflohen waren. Geboren wurde Mboko in Charlotte im US-Bundesstaat North Carolina, aufgewachsen ist sie in Toronto.

Riesen-Euphorie bei Heim-Triumph: Schiedsrichterin bittet Zuschauer um Ruhe

Das Endspiel begann allerdings zunächst nicht nach Plan. Osaka, die nach ihrer Babypause 2024 ihr erstes Tourfinale seit dem Australian-Open-Titel 2021 erreichte, dominierte den ersten Satz mit Tempo und Präzision. Doch Mboko kämpfte sich beflügelt von "Allez Vicky"-Sprechchören zurück, regelmässig musste die brasilianische Stuhlschiedsrichterin Paula Vieira Souza die Zuschauer ermahnen, während der Ballwechsel ruhig zu bleiben.

Vor der Saison hatte Mboko noch ausserhalb der Top 300 gestanden und war als Nummer 85 ins Turnier gestartet. Durch ihren Triumph wird sie in der Weltrangliste nun auf Rang 25 vordringen und zu Kanadas Nummer eins aufsteigen, höher war sie noch nie platziert.

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Die bereits am Donnerstag gestarteten Cincinnati Open lässt Mboko aus, dann steht bereits ihr Debüt bei den US Open (24. August bis 7. September) an. Beim letzten Grand Slam des Jahres zählt Mboko durch ihren Heimtriumph nun unweigerlich zu den Geheimfavoritinnen. (sid/bearbeitet von msb)