Es wurde gemeinsam Weihnachten gefeiert, eine Trauerfeier mit anschliessender Hochzeit begangen, und nun wird gecampt. Seit fast zehn Jahren läuft die von Andrea Sawatzki erschaffene "Familie Bundschuh" nun schon im TV. Wir haben die Schauspielerin gefragt, ob die Familiengeschichte bald auserzählt ist.

Ein Interview

"Wir machen Camping" (am 1. September um 20:15 Uhr im ZDF) ist der neunte Film der "Familie Bundschuh"-Reihe. Gerald überrascht Gundula mit einem romantischen Kurztrip, der sich am Ende als Campingplatz-Urlaub entpuppt – inklusive Grillen, Angeln und FKK-Baden.

Im Interview mit unserer Redaktion erklärt Andrea Sawatzki, welche kränkenden Fragen zu ihrem Alter sie damals zu der Romanvorlage inspiriert haben. Zudem spricht die 62-Jährige über Unterschiede zwischen ihrem Ehemann Christian Berkel und ihrem Film-Partner Gerald Bundschuh sowie über ihren neuen Mutter-Tochter-Roman "Biarritz".

Frau Sawatzki, wie häufig haben Sie Ihren Urlaub bisher auf einem Campingplatz verbracht?

Andrea Sawatzki: Es war mein zweiter "Campingurlaub", wenn man so will – meinen ersten hatte ich mit 16. Meine Mutter hatte nach dem Tod meines Vaters damals einen Campingwagen an der Atlantikküste gemietet. Der war so klein, dass man sich darin kaum um sich selbst drehen konnte. Mit Geralds luxuriösem Wohnmobil hatte dieser Wagen also nichts gemein. Und trotzdem vermittelte er mir das Gefühl, als hätten wir ein eigenes, kleines Häuschen. In dem Alter fand ich das ganz toll.

Damals wie heute gilt: Wer campen möchte, sollte möglichst keine Berührungsängste haben und sich auf engstem Raum mit unterschiedlichen Menschen arrangieren können. Können Sie das?

Nein (lacht). Insofern wäre ein Campingurlaub heute nichts mehr für mich. Wenn ich eine Auszeit brauche, dann bin ich am liebsten allein. Auf dem Campingplatz, auf dem wir gedreht haben, ist mir aufgefallen, dass dort sehr viele Schilder aufgestellt sind. Unter anderem wird auf die Ruhezeiten verwiesen. Ich verstehe ja, dass man sich in einer grossen Gemeinschaft unterordnen muss. Aber was ist, wenn ich um 13 Uhr plötzlich die Lust verspüre, laut zu singen? Verbote wie diese würden mich schon einschränken.

"Man gab mir das Gefühl, als stehe ich bereits mit einem Bein im Grab – und das hatte mich verletzt."

Andrea Sawatzki über verletzende Fragen zu ihrem Alter

Vermutlich gibt es in jeder Familie mindestens ein Mitglied, das einem Bundschuh zumindest ähnlich ist. War das von vornherein Ihre Intention?

Nun ja, Gundula hat sehr viel mit mir selbst zu tun, sie ist ein bisschen von meinen persönlichen Beobachtungen und Ängsten abgeguckt. Entstanden ist diese Figur rund um meinen 50. Geburtstag vor etwas mehr als zehn Jahren. Ich wurde damals mit Fragen wie "Wie lange wollen Sie eigentlich noch arbeiten?" oder "Wollen Sie nicht langsam mal kürzertreten?" konfrontiert. Man gab mir das Gefühl, als stehe ich bereits mit einem Bein im Grab – und das hatte mich verletzt. Meine Antwort darauf war dann diese Komödie.

Wem sind die anderen Charaktere nachempfunden?

Bei einigen der Charaktere tauchen Wesenszüge auf, die ich irgendwann beobachtet habe. Diese Menschen gibt es also wirklich. Ich habe sie belauscht, ihren Bewegungsablauf studiert und mich von ihrem Kleidungsstil inspirieren lassen. Bei "Bundschuh"-Lesungen wird mir häufig die Frage "Woher kennen Sie eigentlich meine Familie?" gestellt. Das empfinde ich als ein schönes Kompliment.

Hat Ihre Erschaffung der "Familie Bundschuh" denn dazu geführt, dass Ihnen zu Ihrem 60. Geburtstag weniger kränkende Fragen gestellt worden sind?

Nicht wirklich. Das hört nie auf. Und ich finde es merkwürdig, dass es immer nur uns Frauen trifft. Nur die Qualität der Fragen und Kommentare hat sich mit den Jahren vielleicht verändert – allerdings nicht zum Besseren. Mittlerweile höre ich Sätze wie "Ach, für ihr Alter sieht sie ja noch ganz gut aus". Das würde man über einen Mann nicht sagen. Insofern ist zwischen den Leserinnen oder Zuschauerinnen der "Familie Bundschuh" und mir ein grosses Zusammengehörigkeitsgefühl entstanden, das uns stärkt. Jede Frau macht das durch – und wir müssen da zusammenhalten.

Sawatzki: "Die Unterschiede zwischen Gerald Bundschuh und meinem Mann sind eklatant."

Andrea Sawatzki und ihr Ehemann Christian Berkel im Juli 2025 in München. © IMAGO/Future Image/IMAGO/Nikita Kolinz

Sehen Sie Ihren Ehemann Christian Berkel immer wieder mit ganz anderen Augen, wenn Sie von den Dreharbeiten mit Axel Milberg, der den Gerald spielt, nach Hause zurückkehren?

(lacht) Ja, das kann man schon so sagen. Die Unterschiede zwischen Gerald Bundschuh und meinem Mann sind eklatant. Gerald ist definitiv ein harter Brocken. Ich denke, dass sich Gundula aufgrund ihres mangelnden Selbstbewusstseins in Gerald eine Art Vaterfigur ausgesucht hat. Und das Päckchen hat sie jetzt eben zu tragen.

Ein wiederkehrendes Element der "Bundschuh"-Filme ist, dass Gundula mitunter in die Kamera spricht. Wie schwierig ist das für eine Darstellerin?

Diese Idee ist uns während des Drehens gekommen. Wenn man in eine Kamera gucken muss, dann ist das immer eine Herausforderung, weil sie ja nicht lebt. Man guckt in ein Loch. Und trotzdem weiss man, dass einen dieses "Loch" beobachtet. Es ist echt spooky!

Im Dezember jährt sich die Ausstrahlung des ersten Films zum zehnten Mal. Ist die Familiengeschichte der Bundschuhs bald auserzählt?

Das denke ich nicht. Die Ursprungsidee war ja, dass die Familie im Kern möglichst erhalten bleibt und immer wieder in neue Situationen geworfen wird. Also so, wie das Leben eben spielt! Es wird auf jeden Fall noch mehr kommen. Wir befinden uns gerade inmitten der Planungen für den zehnten Teil, der nächstes Jahr gedreht werden soll. Eine neue Bestandsaufnahme ist immer möglich.

Die ersten fünf "Familie Bundschuh"-Filme basieren auf einer Romanvorlage von Ihnen, die darauffolgenden vier jedoch nicht. Hat Sie der straffe Produktionsplan eingeholt?

Tatsächlich habe ich es irgendwann nicht mehr geschafft, in so kurzen Zeitabständen Romane zu schreiben. Hinzu kam, dass ich mich auch mal ernsteren Stoffen widmen wollte. Aus diesem Wunsch sind meine Bücher "Brunnenstrasse" und "Biarritz" hervorgegangen. Mit der Zeit habe ich festgestellt, dass die Bundschuhs auch ohne Romanvorlage gut zurechtkommen. Wobei ich von den "Bundschuh"-Fans häufig gefragt werde, wann ich mal wieder ein neues Buch schreiben werde. Vielleicht setze ich mich nochmal dran. Ich überlege …

Was spricht dagegen?

Der Zeitfaktor. An meinem aktuellen Roman "Biarritz" habe ich drei Jahre geschrieben. Zum einen aufgrund der Dreharbeiten und zum anderen, weil das Thema sehr schwer für mich war. Schreiben erfordert viel Zeit, Geduld und Konzentration. Nach dem heutigen Stand lege ich erst einmal eine kleine Schreibpause ein und widme mich nur dem Drehen.

Neues Buch "Biarritz": Sawatzki arbeitet schwierige Beziehung zu ihrer Mutter auf

Während es in "Brunnenstrasse" um Ihren an Alzheimer erkrankter Vater geht, ist "Biarritz" ein Mutter-Tochter-Roman geworden. Warum haben Sie sich erneut mit Ihrer eigenen Familiengeschichte auseinandergesetzt und diesmal das Verhältnis zu Ihrer Mutter aufgearbeitet?

Empfehlungen der Redaktion

In gewisser Weise ist "Biarritz" die Fortsetzung meines ersten Romans. Ich habe mich mit dem Thema auseinandergesetzt, weil mich sehr viele Menschen gefragt haben, warum sich die Mutter so zurückgezogen und dem Mädchen aus der "Brunnenstrasse" nicht geholfen hat. So sehr ich jene Nachfragen, die teilweise wie eine Kritik an meiner Mutter klangen, verstehen konnte, wollte ich es so nicht stehen lassen. Aus diesem Grund habe ich versucht, die schwierige Beziehung, die im Übrigen leider häufig zwischen Müttern und Töchtern existiert, zu analysieren. Eklatant ist, dass es in vielen Familien dieses Schweigen gibt. Das hat die Generation unserer Eltern schon sehr geprägt – genauso wie die Hilflosigkeit der Kinder, damit umzugehen.

Zudem wollte ich mit dem Buch auf die momentane Situation in den Pflegeheimen hinweisen. Der Pflegenotstand ist dadurch entstanden, dass die Pflegerinnen und Pfleger so schändlich wenig verdienen. Ich kann nicht nachvollziehen, dass dafür in unserem reichen Land kein Geld übrig sein soll.

Über die Gesprächspartnerin

  • Andrea Sawatzki ist eine deutsche Schauspielerin und Autorin. Ihren Durchbruch hatte sie 1997 an der Seite von Katja Riemann in "Die Apothekerin". Ein Jahr später war sie in Dieter Wedels TV-Drama "Der König von St. Pauli" zu sehen. Von 2001 bis 2009 spielte sie die Oberkommissarin Charlotte Sänger im Frankfurter "Tatort". Die Filmreihe "Familie Bundschuh", in der Sawatzki eine Hauptrolle innehat, basiert auf ihrer eigenen Romanvorlage.