"Notruf Hafenkante" geht in die 20. Staffel, für Lilli Hollunder ist es die dritte. Wie stressig es an einem Serien-Set mitunter zugeht, hat kürzlich auch ihr Mann René Adler erfahren. Der wird in der nächsten Staffel ein Gastspiel geben, die Szenen sind bereits abgedreht. Wir haben die 39-Jährige gefragt, wie sich der Ex-Nationaltorwart als Schauspieler geschlagen und wie sich ihr Beruf verändert hat.
Als 2007 "Notruf Hafenkante" startete, sammelte
Im Interview mit unserer Redaktion spricht Lilli Hollunder über das "harte Los" von Ü40-Frauen in der Schauspiel-Branche und die Herausforderung, als Mutter von Kleinkindern Berufliches und Privates unter einen Hut zu bekommen.
Frau Hollunder, fühlen Sie sich noch als die Neue im "Hafenkanten"-Team?
Lilli Hollunder: Nein, denn für mich fühlte es sich schon nach zwei, drei Tagen so an, als wäre ich schon immer dabei gewesen. Das ist natürlich unserem Hammer-Team geschuldet. Als Schauspielerin bist du häufig nur an einem Set zu Besuch, hier wirst du sofort in eine Familie aufgenommen. Das empfinden übrigens auch unsere Episoden-Darsteller so, die ja immer nur ein paar Tage mit uns drehen.
Rhea Harder und Sanna Englund sind seit der allerersten Staffel dabei. Die wurde vor fast 20 Jahren ausgestrahlt. Können Sie sich vorstellen, über so eine lange Distanz an einem Set zu arbeiten?
Ich würde es zumindest nicht ausschliessen. Auf jeden Fall sind Rhea und Sanna grosse Vorbilder für mich – auch mit Blick auf ihr Engagement und ihre Professionalität. Sie lassen es niemals schleifen. Und sie kommen jedes Mal mit einer Anspruchshaltung und guter Laune ans Set, als wäre es für sie der erste Tag.
Bei Serien gilt: Nach der Staffel ist vor der Staffel. Wie und wo lernen Sie Ihre Texte?
Bei mir hängt das stark davon ab, wie sich die jeweilige Woche gestaltet. Zum Beispiel lerne ich Texte gerne im Gym mit Bewegung. Mein Körper kann das offenbar gut miteinander verknüpfen. Aktuell drehe ich relativ viel, was zur Folge hat, dass ich meine Texte häufig im Auto auf dem Weg vom Studio nach Hause lerne. Das Problem ist allerdings, dass mir als Beifahrerin meistens schlecht wird. Die Kladde ist also mein ständiger Begleiter – und so sieht sie mittlerweile auch aus (lacht).
Wie sehr kommt es Ihnen entgegen, dass die Serie in Hamburg und damit in der Stadt gedreht wird, in der Sie schon lange leben?
Dieser Drehort ist für mich als Mutter wie ein Sechser im Lotto. Ich wüsste gar nicht, wie das funktionieren sollte, wenn ich nicht in Hamburg wohnen würde – mit Kleinkindern wohlgemerkt. Wenn sie dann eines Tages grösser und selbständiger sind, wäre ich auch wieder bereit, für gute Rollenangebote zu pendeln. Im Moment aber mache ich drei Kreuze, dass es so ist, wie es ist.
"Mir ist bewusst, dass es härtere Jobs gibt. Wir schleppen keine Steine. Aber wenn man Familie hat, dann ist die Schauspielerei nicht der beste Beruf der Welt."
Mir ist bewusst, dass es härtere Jobs gibt. Wir schleppen keine Steine. Aber wenn man Familie hat, dann ist die Schauspielerei nicht der beste Beruf der Welt. Zum Beispiel erfährt man oft erst am Tag vor dem Dreh, wo man am nächsten Morgen arbeiten wird. An dieser Stelle möchte ich mich aber ausdrücklich bei unserer Produktion bedanken, die uns immer unterstützt.
Ihr Mann
Tatsächlich war ich an seinem Drehtag bewusst nicht dabei, weil ich den Druck rausnehmen wollte. Ich weiss ja, wie es sich anfühlt, wenn mir René beim Drehen über die Schulter guckt: Ich bin dann immer ein bisschen verkrampft. Mir wurde aber von den anderen berichtet, dass er es richtig gut gemacht haben soll. Überraschenderweise …
Haben Sie ihm das etwa nicht zugetraut?
Doch, schon. Aber für ihn war das natürlich totales Neuland. Jetzt, nachdem er einmal dabei gewesen ist, hat er noch grösseren Respekt vor dem Stress, dem wir beim Drehen ausgesetzt sind. Du kommunizierst mit unzähligen Leuten und hast immer die Uhr im Nacken. Das ist unser Daily Business. Auch wenn es positiver Stress ist: Ich glaube, jetzt weiss René, warum ich abends immer so fertig bin.
René Adlers Schauspiel-Ausflug: Diesen Tipp hat Lilli Hollunder ihrem Mann gegeben
Welche Tipps haben Sie ihm gegeben?
Da er nicht mit mir lernen wollte, habe ich ihm den Tipp gegeben, die Worte laut auszusprechen – und zwar so lange, bis er sich das, was er da sagt, selber glaubt. Das mag sich vielleicht komisch anhören, ist aus meiner Erfahrung aber wirklich sehr hilfreich. Bei meinen Anfängen als Schauspielerin habe ich manchmal – wenn es mal schnell gehen musste – den Fehler gemacht, Texte stumm zu lernen.
Haben Sie Ihren Mann in die "Hafenkante" reingequatscht? Und war das die Retourkutsche dafür, dass er Sie in diesem Jahr zu einer gemeinsamen Teilnahme an einer Quizshow ("Quizduell-Olymp") überredet hat?
Von mir aus können wir das so stehen lassen (lacht). Nein, die Idee ist bei einer Gartenparty unserer Produktion entstanden. Mit einem kalten Getränk in der Hand hat René damals noch grosse Töne gespuckt. Er meinte: "Ich mache es, aber nur, wenn du mir nichts unter zwei Minuten gibst." Am Ende war es gut, dass er nicht zu viel Text bekommen hat. Sein Respekt wurde grösser und grösser, je näher der Drehtag kam. Ich kann das komplett nachvollziehen, denn als Schauspieler machst du dich nackig – metaphorisch gemeint.
Als Promi-Paar werden Sie vermutlich häufig gemeinsam angefragt. Fluch und Segen zugleich?
Wir machen das nicht ganz so gerne. Da wir am Anfang auch fast alles abgesagt haben, werden wir mittlerweile auch gar nicht mehr so häufig gemeinsam angefragt. Als wir damals ein Paar wurden, standen wir beide schon in der Öffentlichkeit. Unser Instinkt war, dass wir unsere Beziehung schützen müssen. Je mehr du preisgibst, desto angreifbarer bist du. Inzwischen haben wir einen guten Mittelweg gefunden. René ist überhaupt kein Freund von roten Teppichen. Doch da muss er halt manchmal durch – genauso wie ich in der Quizshow.
Als "Notruf Hafenkante" 2007 an den Start ging, waren Sie gerade 20 – haben Sie schon damals Notiz von der Serie genommen, in der Sie heute mitspielen?
Nein, das war eine ganz andere Zeit. Ich habe damals mein Abitur gemacht und mein Leben gelebt. Das heisst, ich bin gerne auch mal feiern gegangen – wie es junge Leute nun mal so tun. Serien zu gucken, war damals noch kein grosses Thema für mich. Und Netflix gab es ja noch nicht. Heute klebe ich deutlich mehr vor dem Fernseher und suchte hin und wieder eine Serie weg.
Hollunder: "Gucke total gerne diese sexy Serien bei Netflix"
Haben Sie "Unsagbare Sünden" eigentlich zu Ende gesuchtet? Sie hatten via Instagram auf diese Netflix-Serie hingewiesen.
Ich gucke total gerne diese sexy Serien bei Netflix, aber diese habe ich schnell wieder abgebrochen, weil sie einfach zu schlecht war. Kürzlich habe ich aber die neue Staffel von "The Handmaid's Tale" wieder weggesuchtet. Für mich ist das eine der besten Serien der Welt. Die Handlung ist sehr beängstigend, weil sie immer näher an die Realität heranrückt, was zum Beispiel das konservative Amerika angeht.
Wie hat sich Ihr Beruf im Vergleich zu Ihren Anfängen verändert?
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Mittlerweile gehe ich auf die 40 zu. Meine Agentin hat kürzlich noch zu mir gesagt: "Wenn du eine Frau unter 25 bist, hast du noch viele Chancen zu drehen." In Deutschland wird allgemein aktuell 25 Prozent weniger gedreht als noch vor einigen Jahren. Und wenn du als Frau über 40 bist, wird die Luft einfach langsam dünner. Das bekomme sogar ich, mit knapp 40, schon zu spüren.
Für uns Darstellerinnen und Darsteller ist das ein sehr hartes Los. Meine männlichen Kollegen bekommen neben der Serie deutlich mehr Anfragen als ich. Ich empfinde das als schade und tragisch – mit Blick auf die vielen guten Schauspielerinnen, die von ihrem Beruf nicht mehr leben können.
Über die Gesprächspartnerin
- Lilli Hollunder ist eine deutsche Schauspielerin. Nach ersten Episoden-Rollen in "Alarm für Cobra 11" und "Lindenstrasse" war sie von 2005 bis 2008 als Lisa Brandner in der Vorabendserie "Verbotene Liebe" zu sehen. Seit 2023 gehört Hollunder dem Cast der ZDF-Serie "Notruf Hafenkante" an. Die gebürtige Leverkusenerin ist mit dem ehemaligen Fussballtorwart René Adler verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder und lebt in Hamburg.