Unter all den Trash-TV-Shows hat sich der "Kampf der Realitystars" immerhin ein bisschen Selbstironie bewahrt. In Folge zwei sorgt eine neue Kandidatin aber trotzdem für den üblichen Reality-Radau – aber auch für einen Moment der "Realness".

Christian Vock
Eine Kritik
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Spoiler-Warnung: Die zweite Folge "Kampf der Realitystars" ist seit dem 7. Mai bei RTL+, aber erst am 14. Mai bei RTLZWEI zu sehen.

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Es liegt was in der Luft in der Promi-Sala beim "Kampf der Realitystars". Zum einen natürlich die scheinbar unaufhörlichen Blähungen von Dennis Lodi in Folge eins, zum anderen der drohende Rauswurf von Annina Semmelhaack und Ex-Werder-Star Ailton. Drohend, weil die beiden zwar zunächst von ihren Kollegen rausgewählt wurden, nun aber die Chance bekommen, noch eine Nacht als Wackelkandidaten in der Sala bleiben zu dürfen.

Mit diesem Cliffhanger startet Folge zwei, und in der will Semmelhaack von Ailton gleich wissen: "Freust du dich?" "Weiss ich jetzt gar nicht, ganz ehrlich", antwortet der und leitet damit einen kleinen Spass ein, den sich RTLZWEI gönnt. Denn erst lässt der Schnitt den Ex-Kicker erklären, dass er wegen der herabwürdigenden Worte von Trash-TV-Teilnehmerin Giuliana Farfalla und Soap-Darsteller Stephen Dürr vom Vortag auf eine Rückkehr verzichtet, um genau diesem Dürr dann das Wort zu erteilen – ohne dass er von Ailtons Plänen weiss.

"Da wird er was mit anfangen. Es ist ein Fussballer, die können so was ab. Die können analysieren, die nehmen Kritik auf, können was draus umsetzen und dann einfach nochmal Vollgas geben", küchenpsychologisiert Dürr im Einzel-Interview über die vermeintliche Rückkehr Ailtons und setzt damit nach Lodis Darmintonationen ein zweites Ausrufezeichen in puncto Peinlichkeit. Das ist aber schnell vergessen, denn nachdem alle von Ailtons Absichten erfahren haben, fährt Giuliana sämtliche Peinlichkeitsstoppschilder mit dem Bulldozer platt: "Der hat wahrscheinlich auch gesehen: 'Süsse‚ ich bin so 'ne Flasche, ich nehm' mal das Geld, Cocktails und geh zu meiner Frau zurück.'"

"Realness" und "Reality" gleichzeitig?

Ailton sieht die Sache anders und sagt beim Abgang über Dürr und Farfalla: "Ailton ist viel, viel grösser." Eine solide Einstellung, sofern man in solchen Kategorien denkt, daher wäre es interessant gewesen, was Ailton über den nächsten Neuzugang gesagt hätte. Denn Anita Latifi hat nicht nur eine Menge Lautstärke im Gepäck, sondern auch Hybris: Sie nennt sich "Reality-Queen", attestiert sich selbst "gutes Aussehen", ein "gutes Herz" und "die Realness", und sie behauptet: "Ich werd' alles dafür tun, dass ich diese Staffel gewinne."

Dieses "alles" sieht erstmal so aus, dass sie Kollegin Hati Suarez vorwirft, "um jeden Preis fame" werden zu wollen. Die Urteile über sie selbst fallen hingegen gemischt aus: "Die Anita bringt hier richtig Leben in die Bude, die ist ja so ein bisschen asi, aber richtig gute Schnauze", findet Martin Semmelrogge. "Ich denke, dass Anita auf jeden Fall Konfliktpotenzial hat", äussert hingegen Daymian Weiss so seine Bedenken.

Doch auch wenn Latifi in puncto Lautstärke gereicht hätte, setzt RTLZWEI noch einen weiteren Promi am Strand ab. "Das ist Can", stellt Suarez aus der Ferne fest und meint damit Can Kaplan. Der ist deswegen da, weil er mal mit Reality-Sternchen Walentina Doronina liiert war, die ihn jedoch für dessen neuen Sala-Mitbewohner Daymian Weiss verlassen hat. Kaplan will deshalb bei Weiss nun vorsichtig sein für alle Zuschauer, die auf weniger Geschrei stehen, gute Nachrichten. Ebenso für alle Zuschauer, die es nicht so mit Walentina Doronina halten.

Wie definiert man "fame-geil"?

Denn die beiden Exfreunde halten, was sich der Sender von ihrer Buchung versprochen haben dürfte, und plaudern über die Exfreundin: "Die war komisch", sagt Weiss über Doronina, und Kaplan verrät in grosser Runde über die Trennung: "Freunde sind auf mich zugekommen nachher und die haben auch gesagt‚ dass die das vorher schon gesagt hat, dass die nicht mehr gebucht wird. Und sie muss halt jetzt irgendwas machen, damit sie wieder in Dating-Shows reinkommt."

Bis dahin sind das exklusive Inhalte, danach läuft es erstmal wieder ganz klassisch. Die Promis müssen sich selbst nach "Fame-Geilheit" ordnen, und da dämmert Anouschka Renzi so langsam, worauf sie sich mit ihrer Teilnahme eingelassen hat: "Wie kann man so sprechen? So ghetto-mässig." Jens Hilberts Bedenken sind hingegen weniger sprachlicher, sondern vielmehr definitorischer Art: "Meine Idee vorhin von 'fame-geil' war, dass ich mal einen Blumen-Anzug auf dem roten Teppich anhatte, und jetzt ist die Definition, wer mal wem einen in irgendeinem Format geblasen hat."

Das Ergebnis der Abstimmung ist so wurscht wie nur was, wichtig ist nur, dass die Promis ihrer Pflicht zum Radau nachgekommen sind. Daher kann man sich einen kleinen Schwenk zur Aussprache von Daymian Weiss und Can Kaplan leisten. "Es tut mir leid, wie’s passiert ist", erklärt Weiss über das Herummachen mit der noch liierten Doronina in einer Show und gibt Kaplan den Rat: "Sei froh, dass sie weg ist, denn das hat kein Typ verdient." Kaplan wiederum scheint noch nicht ganz versöhnt: "Er muss sich im Spiegel noch angucken können, ich könnte es nicht."

Anita Latifi: "Ich fühl' mich immer angegriffen"

Danach darf Anita Latifi zeigen, was sie genau unter "alles dafür tun" versteht: schreien, pöbeln und beleidigen. Vor allem mit Suarez gerät Latifi aneinander, bei Anouschka Renzi erklärt Latifi dann aber den Grund für ihre Aggression. Sie habe schon immer kämpfen müssen, vor allem aber habe ihr zugesetzt, dass ein Nacktvideo von ihr im Internet hochgeladen worden sei: "Alle waren gegen mich, jeder hat mich runtergemacht. Ich fühl' mich immer angegriffen." "Ich schaff' das voll oft nicht", gesteht Latifi, dass sie ihre Aggression nicht immer kontrollieren könne. Da kommt zwischen all der Reality tatsächlich einmal Realness hervor.

Den Rest der Folge widmet man sich einer aufkommenden Fehde mit Anouschka Renzi, der Schnitt bastelt eine romantische Annäherung von Hati Suarez und Daymian Weiss zusammen, der eine kurze romantische Entfernung folgt, und so trudelt man langsam der Nacht der Entscheidung entgegen. Dort schmeissen die Neuankömmlinge Latifi und Kaplan dann Annina Semmelhaack raus, weil die "nicht so viel Sendezeit abgeliefert" habe – einen Vorwurf, den sich Kaplan und Latifi selbst sicher nicht machen können.