Ob mit seinen Stand-up-Programmen oder in seinem Podcast: Moritz Neumeier steht für die neue Generation von Comedians, die über ihre Rolle hinaus auch persönliche Einblicke gewähren. Nur aus der Social-Media-Welt hat sich der 37-Jährige, der am Freitag den "Quizduell-Olymp" erklimmen will, weitgehend verabschiedet. Wir haben ihn nach seinen Beweggründen gefragt.

Ein Interview

Für Comedians sind Quizshows "ein zweischneidiges Schwert", sagt Moritz Neumeier. Am Freitag (18:50 Uhr im Ersten) möchte er in der Sendung "Quizduell-Olymp" den Spagat aus Wissen und Humor meistern. An seiner Seite quizzt nicht etwa sein Podcast-Kollege Till Reiners ("Talk ohne Gast"), sondern TV-Urgestein Oliver Kalkofe.

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Im Interview mit unserer Redaktion spricht der Mann mit der Mütze über sein Signature-Accessoire, sein Verständnis von zeitgemässer Comedy und die Kehrseite von Social Media.

Herr Neumeier, werden Sie im "Quizduell-Olymp" für (unfreiwillige) Lacher sorgen?

Moritz Neumeier: Wenn ich an Quizsendungen teilnehme, versuche ich eigentlich immer, etwas Humor mit reinzubringen. Beim "Quizduell-Olymp" war das aber ein bisschen schwieriger, weil es wirklich darum ging, möglichst gut abzuschneiden. Ausserdem hatte ich mit Oliver Kalkofe einen Partner an meiner Seite, der sehr kompetitiv ist. Ihm war es wichtiger, die Fragen richtig zu beantworten als Witze zu machen. So sollte es aber natürlich auch sein.

Moritz Neumeier
Moderatorin Esther Sedlaczek (M.) mit den Kandidaten des Teams "Lustig": Moritz Neumeier (l.) und Oliver Kalkofe (r.) in der neuesten Ausgabe "Quizduell Olymp". © ARD/ITV Studios

Sie persönlich könnten aber auch gut mit Antworten leben, die "falsch, aber lustig" sind, um es mit Ihrem YouTube-Format zu sagen?

Quizshows sind für Comedians immer ein zweischneidiges Schwert. Einerseits möchte man unterhaltsam sein, andererseits möchte man sich natürlich nicht blamieren. Gewisse Parallelen zu "falsch, aber lustig" gibt es übrigens schon, auch wenn es in diesem Format rein gar nichts zu gewinnen gibt.

Welche wären das?

Obwohl die Show sehr humoristisch angelegt ist, ist sie für die Leute auch kompetitiv. Es ist kein Quiz, aber es gibt immer eine direkte Aufgabenstellung. Für die Leute auf und vor der Bühne entsteht da schon ein kleiner Wettbewerb. Wir geben aber bewusst keine Punkte, weil das dem Humor entgegen sprechen würde.

Im Rahmen von "falsch, aber lustig" haben Sie mal das Kompliment "Schöne Mütze, Moritz" bekommen. Tragen Sie diese Mütze, weil sie Ihrem Lebensgefühl entspricht oder weil Sie ein Signature-Accessoire brauchten?

Am Anfang war die Mütze schon ein kleines Signature. Mittlerweile trage ich sie aus reiner Gewohnheit – übrigens auch privat. Für mein vergangenes Programm hatte ich mir allerdings vorgenommen, die Bühne ab und zu auch mal ohne Mütze zu betreten. Das geht auch, wenngleich ich mich ohne Mütze auf dem Kopf etwas nackt fühle.

Warum ist Ihr Podcast-Kollege Till Reiners in der Quizsendung nicht an Ihrer Seite zu sehen?

Ich konnte mir die Person nicht aussuchen. Wenn es aber jemand gewesen wäre, mit dem ich überhaupt nicht harmoniere, hätte ich gar nicht erst zugesagt. Bei Oliver Kalkofe musste ich mir keine Sorgen machen. Ich kenne das, was er macht, seit meinem zwölften Lebensjahr. Mit einem seiner frühen Werke, den "Arschkrampen", bin ich aufgewachsen. Es war schon sehr cool, dass ich ihn jetzt mal treffen durfte.

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Warum Moritz Neumeier auf der Bühne persönliche Einblicke gewährt

Welche Comedy-Legenden haben Sie besonders geprägt?

Es gibt eine Liste von Leuten, bei denen immer klar war, dass mein Vater sie lustig findet und dass ich sie lustig finde. Ich denke da an Helge Schneider, Piet Klocke, Olli Dittrich oder Kurt Krömer. Natürlich zählt auch die erste Generation der "Wochenshow" um Anke Engelke und Bastian Pastewka dazu. Die waren einfach verrückt. Damals war es üblich, dass Comedians mit einer Rolle auf die Bühne gingen. Ich fand es aber immer schon interessant, wenn etwas von dem Charakter des Menschen, der hinter dieser Rolle steht, durchblitzt.

Ist das der Grund, warum Sie auf der Bühne oder im Podcast persönliche Einblicke gewähren und – ähnlich wie Kurt Krömer oder Torsten Sträter – öffentlich über Ihre Depressionen sprechen?

Ja, ich möchte irgendetwas über die Person, die auf der Bühne steht, erfahren. Humor auf der Bühne besteht zu einem grossen Teil aus Technik und Timing. Es gibt Kolleginnen und Kollegen, denen ich eine gute Technik bescheinige und die ihre Pointen perfekt setzen. Doch wenn es darüber nicht hinausgeht, wird es für mich persönlich schnell langweilig. Ich finde es spannender, wenn eine Person auch mal eine persönliche Geschichte, die ihr vielleicht nahe geht, mit Humor verarbeitet. Damit möchte ich aber nicht sagen, dass Comedians, die zu 100 Prozent eine Rolle ausfüllen, nicht stattfinden sollen. Auch die finde ich durchaus lustig.

Auf Ihrer Homepage werden Sie als "laut, politisch, sensibel" beschrieben. Welche Adjektive sind im Lauf der Jahre hinzugekommen?

Ich glaube, dass ich immer noch sehr politisch bin. Auch meine Rolle auf der Bühne ist nach wie vor sehr laut. Und "sensibel" lasse ich auch weiterhin gelten. Hinzugekommen ist, dass ich ein bisschen nachdenklicher geworden bin. Vielleicht bin ich auch etwas realistischer geworden, um nicht pessimistisch zu sagen. In meinem nächsten Programm, mit dem ich 2026 auf Tour gehen werde, möchte ich mich selbst und das Umfeld, in dem ich lebe, noch mehr hinterfragen – in der Hoffnung, dass sich einige Leute darin zum Teil wiederfinden.

"Reaktionäre, verweigernde, weisse, ältere Männer"

Neumeier über Kanzler Merz und US-Präsident Trump

Ihr aktuelles Programm heisst "Was soll passieren?". Was hätte nicht passieren sollen, auf wen hätten Sie am ehesten verzichten können: auf den neuen Bundeskanzler Merz, den neuen US-Präsidenten Trump oder den neuen Papst Leo XIV.?

Auf alle drei! Natürlich brauchen die Leute einen Papst, einen Kanzler und einen amerikanischen Präsidenten. Ich hätte aber darauf verzichten können, dass alle Posten mit extrem reaktionären, konservativen, bestimmte Realitäten nicht sehen wollenden und verweigernden, weissen, älteren Männern besetzt worden sind. Wobei ich den neuen Papst hier erst einmal ausklammern würde, da ich ihn noch nicht gut genug einschätzen kann. Allerdings war bei allen drei Ämtern von vornherein klar, dass es exakt darauf hinauslaufen würde. Ich wundere mich, dass es Leute gibt, die sich darüber gewundert haben.

Was sollte jetzt passieren?

Es sind dringend besondere Entwicklungen nötig. Was die katholische Kirche angeht, wissen wir jetzt immerhin, dass sich in den nächsten vier bis 30 Jahren rein gar nichts ändern wird. Insofern bleibt uns nichts anderes übrig, als weiter abzuwarten.

Oder Sie sprechen mit Till Reiners regelmässig in "Talk ohne Gast" über die Entwicklungen …

Das machen Till und ich ja auch – allerdings eher auf der Bühne und in TV-Sendungen. In dem Podcast erwähnen wir hin und wieder zwar mal wichtige Sachen. In erster Linie ist "Talk ohne Gast" aber dafür da, dass die Leute mal ihren Kopf abschalten können. Manche mögen das, was wir beide machen, vielleicht in die Kategorie "Laber-Podcast" einordnen. Am Ende des Tages braucht man aber auch das. Ausserdem ist es ziemlich redundant, sich zu Trump, Merz und Co. zu äussern. Schliesslich findet das regelmässig in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens statt. Till und ich sprechen da lieber die Themen an, die häufig vergessen werden.

Wie haben eigentlich die Wolter-Zwillinge auf Ihren "Schlag den Star"-Vorstoss reagiert? In Ihrem Podcast haben Sie die beiden zum TV-Duell herausgefordert.

Die beiden haben sofort reagiert und gepostet, dass sie bereit wären. Jetzt warten alle Seiten auf die Zusage von ProSieben (lacht). Ich liebe es, mit Till solche Sachen zu machen. An einer Gameshow im Privatfernsehen teilzunehmen, mit einem Publikum, das mich kaum kennt, fällt absolut nicht in meinen Komfortbereich. Aber ich finde es zunehmend spannender, meinen Kosmos zu verlassen.

"Alle reden über Künstliche Intelligenz und von ChatGPT, doch mich macht das einfach nur nervös."

Sie sind in den sozialen Medien kaum aktiv. Warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden, der für einen 37-Jährigen ungewöhnlich erscheint?

Definitiv. Ich bin innerlich älter, als ich aussehe. Tatsächlich habe ich mich aus dem Internet so weit es geht zurückgezogen. Ich bekomme auch diese ganzen technischen Entwicklungen nicht so richtig mit. Alle reden über Künstliche Intelligenz und von ChatGPT, doch mich macht das einfach nur nervös. Als ich noch auf Instagram und Facebook sehr aktiv war, habe ich gemerkt, wie mich das alles belastet. Social Media hat mich psychisch labil gemacht. Der Druck, auf der Bühne gute Arbeit abliefern zu müssen, ist die eine Sache. Aber der Druck, in diesem virtuellen Kosmos immer etwas Neues liefern zu müssen, ist eine ganze andere Sache. Für mich wäre es ungesund, damit noch irgendetwas zu tun zu haben.

Über den Gesprächspartner

  • Moritz Neumeier ist ein deutscher Comedian und Podcaster. In Preetz in Schleswig-Holstein geboren, sammelte er als Teilnehmer von Poetry-Slams seine ersten Erfahrungen auf der Bühne. Im Jahr 2012 feierte sein Soloprogramm "Satire macht frei" in Hamburg Premiere. Seit 2017 führt Neumeier wöchentlich mit Till Reiners durch den gemeinsamen Podcast "Talk ohne Gast". Anfang 2025 analysierte er in dem Podcast "Was will die AfD?" das Wahlprogramm der Partei.