Die Zahl der Hitzetage in Städten hat enorm zugenommen und der Klimawandel gefährdet die Lebensweise in Europa. Die Fleischproduktion bleibt medial ein unterschätzter Klimatreiber – und im Amazonas wachsen Bäume durch steigende Treibhausgas-Emissionen schneller – jedoch nicht ohne Risiko. Das sind die aktuellen Klimanews.
2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – und die Auswirkungen der Klimakrise werden spürbarer: Extremwetterereignisse nehmen weltweit zu, ein Negativrekord jagt den nächsten.
Die globale Erwärmung zu bremsen und ihre Folgen beherrschbar zu halten, ist eine der zentralen Herausforderungen für die Menschheit. In dieser Serie halten wir Sie über die aktuellen News und Entwicklungen rund ums Klima auf dem Laufenden.
Städte unter Stress: 25 Prozent mehr extreme Hitzetage seit den 1990ern
Die grössten Metropolen der Welt erleben deutlich häufiger extreme Hitze als noch in den 1990er-Jahren. Eine aktuelle Auswertung des International Institute for Environment and Development (IIED) zeigt: In 43 Hauptstädten stieg die Zahl der Tage mit Temperaturen über 35 Grad Celsius im Schnitt von rund 1.060 pro Jahr in den 1990er-Jahren auf über 1.330 in den vergangenen zehn Jahren – ein Anstieg um 25 Prozent.
In einigen Städten wirkt sich die Entwicklung besonders drastisch aus: In Rom und Peking hat sich die Zahl der Hitzetage seit den 1990ern verdoppelt, in Manila sogar verdreifacht. Madrid verzeichnet mittlerweile durchschnittlich 47 Tage jenseits der 35-Grad-Marke – in den 1990er-Jahren waren es 25. Selbst London, traditionell für eher kühles Klima bekannt, meldet inzwischen doppelt so viele Hitzetage mit mehr als 30 Grad.
Die Forschenden führt diese Entwicklung auf die Klimakrise zurück. Die Verbrennung fossiler Energien heizt die Atmosphäre auf und verstärkt jede Hitzewelle. Millionen Menschen, vor allem Ältere und Bewohner ärmerer Viertel, haben in den vergangenen Jahrzehnten vermutlich vorzeitig durch extreme Hitze ihr Leben verloren. Laut Schätzungen hat der Klimawandel in Europas Metropolen allein 2025 16.500 Hitzetote gefordert. Anpassungsmassnahmen wie Schattenplätze, hitzeresistente Bauweisen und Frühwarnsysteme gelten als entscheidend, um Leben in Grossstädten zu schützen.
Bericht: Umweltzerstörung gefährdet Europas Lebensstil
Die europäische Lebensweise steht laut einem neuen Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA) zunehmend auf dem Spiel. Zwar habe die EU in den vergangenen Jahrzehnten erhebliche Fortschritte bei der Senkung von Treibhausgasen erzielt – seit 1990 sind die Emissionen um 37 Prozent gefallen – doch die Schäden an Klima und Natur bedrohen zentrale Grundlagen von Wirtschaft und Gesellschaft.
Besonders dramatisch ist der Zustand der Biodiversität: Mehr als 80 Prozent der geschützten Lebensräume gelten als in schlechtem Zustand. Intensive Landwirtschaft, übermässiger Konsum und zerstörerische Produktionsweisen treiben Artenverlust und Landschaftszerstörung voran. Hinzu kommt, dass die europäische "Kohlenstoffsenke" – also die Fähigkeit von Wäldern, CO2 aufzunehmen – in nur zehn Jahren um rund 30 Prozent geschrumpft ist. Ursache dafür sind Abholzung, Waldbrände und Schädlingsbefall.
Auch bei der Anpassung an Extremwetter hinkt Europa hinterher: Schon heute leidet ein Drittel der Europäer unter zeitweise unter Wassermangel. Hitzewellen und Dürren verschärfen das Problem weiter. Gleichzeitig stagnieren Emissionen aus Verkehr und Ernährung seit fast zwei Jahrzehnten. Die EEA sieht dadurch die künftige Wettbewerbsfähigkeit und Lebensqualität in Europa gefährdet.
Das Fazit des Berichts fällt ernüchternd aus: Von 22 Umweltzielen für 2030 sind bislang nur zwei auf Kurs. Besonders beim Schutz der Artenvielfalt und beim Umbau zu einer Kreislaufwirtschaft bleibt die EU-weit hinter ihren Plänen zurück. Positiv ist lediglich die Ausweitung geschützter Flächen an Land und auf See. Ein Rückschritt bei den Klimazielen würde nicht Kosten sparen, sondern sie langfristig vervielfachen – ökologisch wie ökonomisch.
Fleischproduktion bleibt blinder Fleck
Die Lebensmittelproduktion trägt bis zu einem Drittel zu den weltweiten Treibhausgasemissionen bei – Platz 2 gleich nach der Verbrennung fossiler Energien. Innerhalb dieses Sektors ist Fleisch der mit Abstand grösste Klimatreiber: Fast 60 Prozent der agrarbedingten Emissionen gehen laut einer Studie allein auf die Viehzucht zurück, vor allem auf Rinderhaltung, bei der enorme Mengen Methan freigesetzt werden. Doch in der öffentlichen Wahrnehmung spielt dieser Zusammenhang nur eine geringe Rolle.
Eine Analyse von Sentient Media zeigt, wie stark das Thema in der medialen Berichterstattung unterrepräsentiert ist. Von 940 untersuchten Artikeln in elf grossen US-Medien erwähnte nur ein Viertel Landwirtschaft als Klimafaktor. Fleischproduktion tauchte sogar in weniger als vier Prozent der Beiträge auf. Damit bleibt eine der zentralen Ursachen der Erderwärmung weitgehend unsichtbar.
Die Folgen sind gravierend: Rund die Hälfte der bewohnbaren Erdfläche dient inzwischen der Landwirtschaft, wovon etwa 80 Prozent für Weideland oder Tierfutter genutzt werden. Der weltweite Hunger nach Fleisch ist ein Haupttreiber von Entwaldung – alle sechs Sekunden verschwindet ein Fussballfeld tropischen Regenwaldes. Damit gehen nicht nur Kohlenstoffspeicher verloren, sondern auch unzählige Tier- und Pflanzenarten.
Forschende betonen, dass die Klimakrise ohne eine Veränderung unserer Ernährung kaum zu bewältigen ist. Weniger Fleischkonsum in wohlhabenden Ländern könnte die Notwendigkeit weiterer Abholzungen nahezu eliminieren – selbst bei wachsender Weltbevölkerung. Dennoch zögern Regierungen, dieses Thema politisch offensiv anzugehen.
Klimawandel lässt Amazonas-Bäume schneller wachsen
Die Wälder des Amazonas wachsen – buchstäblich. Laut einer im Fachjournal "Nature Plants" veröffentlichten Studie sind die Bäume dort in den vergangenen 30 Jahren im Schnitt um mehr als drei Prozent pro Jahrzehnt grösser geworden. Ursache ist die steigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre, die durch die Verbrennung fossiler Energien kontinuierlich zunimmt und das Pflanzenwachstum ankurbelt.
Der Effekt betrifft nicht nur junge Bäume, sondern auch die grössten Exemplare, die noch mehr Kohlenstoff binden können. Grössere Bäume sind zentrale CO2-Speicher und leisten damit einen wichtigen Beitrag im globalen Klimasystem. Doch die vermeintlich gute Nachricht hat Schattenseiten.
Forschende warnen, dass zunehmender Trockenstress das Wachstum künftig wieder bremsen könnte. Mit zunehmender CO2-Konzentration in der Luft können Pflanzen ihre Blattöffnungen stärker geschlossen halten und dennoch genügend Kohlendioxid für die Fotosynthese aufzunehmen. Dadurch verringern sie zwar ihren Wasserverlust, gleichzeitig geht jedoch auch weniger Wasserdampf in die Atmosphäre über – was die Bildung tropischer Regenfälle abschwächen kann.
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Hinzu kommt die massive Abholzung: Allein im brasilianischen Amazonas verschwanden seit 1985 rund 52 Millionen Hektar Naturwald. Durch Aufforstung können die zum Teil Hunderte Jahre alten tropischen Bäume nicht ersetzt werden, da junge Bäume über Jahrzehnte hinweg nicht die gleiche Menge an Kohlenstoff binden können.
Verwendete Quellen
- International Institute for Environment and Development: World’s major cities hit by a quarter more hot days than in the 1990s
- Europäische Umweltagentur: State of Europe’s environment not good: threats to nature and impacts of climate change top challenges
- Our World in Data: How much of global greenhouse gas emissions come from food?
- Xiaoming Xu et al: Global greenhouse gas emissions from animal-based foods are twice those of plant-based foods, nature journal
- Sentient Media: Analysis: 96.2% of Climate News Stories Don’t Cover Animal Agriculture as a Pollution Source
- Adriane Esquivel-Muelbert: Increasing tree size across Amazonia, nature journal