Der Platz für die Guinea-Paviane im Tiergarten Nürnberg ist zu knapp. Einzelne Tiere sollen deshalb woanders unterkommen – oder getötet werden. Laut Tierschützern gibt es Angebote, die Tiere aufzunehmen. Laut dem Tiergarten sind diese nicht ansprechend.
Seit Wochen wird diskutiert und nach anderen Lösungen gesucht. Doch der Nürnberger Tiergarten plant weiterhin, einzelne Paviane einer zu gross gewordenen Gruppe zu töten.
"Da sich derzeit kein Platz für Guinea-Paviane findet, steht die Tötung nach wie vor im Raum", teilte der Tiergarten auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Es sei endgültig beschlossen, dass die Gruppengrösse aus Tierschutzgründen reduziert werden müsse. Die Suche nach einer anderen Unterkunft für die Tiere blieb bislang ohne Erfolg.
Hintergrund
- Bereits Anfang 2024 hatte der Tiergarten angekündigt, einzelne der etwa 45 Guinea-Paviane töten zu wollen, weil die Gruppe für das Gehege zu gross geworden sei.
- Zwischen den Affen komme es aufgrund der Platzverhältnisse verstärkt zu Konflikten, bei denen sich die Tiere verletzten.
- Ausserdem sei die soziale Struktur innerhalb der Gruppe ungünstig, hiess es zur Begründung.
Tiergarten spricht von faktischem Dilemma
Es handle sich um ein faktisches Dilemma, teilte der Zoo mit. Aufgrund der unsicheren Rechtslage würden derzeit tierschutzrechtliche, tierschutzfachliche, naturschutzrechtliche und strafrechtliche Aspekte abgewogen.
Zum Zeitplan für diese Abwägung will der Zoo keine Angaben machen. Sollten Tötungen stattfinden, werde der Tiergarten darüber berichten.
Die mögliche Tötung mehrerer Paviane sorgt für Kritik. Unter anderem gab es bereits Demonstrationen vor dem Tiergarten Nürnberg. Gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" sagte Tiergartendirektor Dag Encke: "Ist der Tod für das Tier der grösstmögliche Schaden – oder ein schlechtes Leben? Die Tiere können das nicht entscheiden. Tiere begehen keinen Selbstmord." Der Tiergarten habe die Verantwortung für das Wohlergeben der Tiere. Die allerletzte Option sei aus seiner Sicht, Tieren ein schlechtes Leben zu bieten. "Das Töten von Tieren dagegen ist gesellschaftlich anerkannt, etwa um Nahrung herzustellen oder Schädlinge zu bekämpfen."
Abgabe von Tieren sei weiter möglich
Der Tiergarten machte sich auf die Suche nach einer Unterbringung der Paviane in einem anderen Zoo oder einer vergleichbaren Einrichtung. Bislang wurde demnach aber kein geeigneter Platz für die Tiere gefunden. "Aktuell liegt uns jedoch kein konkretes Angebot vor, das auf ein ernstzunehmendes Interesse an der Übernahme schliessen lässt." Auch zwei Tierschutzorganisationen beteiligten sich nach eigenen Angaben an der Suche, konnten dem Tiergarten demnach bislang aber kein konkretes Angebot machen.
Der Tiergarten betonte, es bestehe grundsätzlich nach wie vor die Möglichkeit zur Abgabe von Tieren in eine geeignete Einrichtung. Die Tiere würden weiterhin über ein internationales Netzwerk angeboten.
Guinea-Paviane im Nürnberger Tiergarten
- Guinea-Paviane leben seit 1942 im Nürnberger Tiergarten. Sie sind Teil des europäischen Erhaltungszuchtprogramms.
- Die Primaten finden dem Tiergarten zufolge in der Natur kaum noch Lebensraum, ihr Bestand nimmt ab. Deshalb soll eine Population in Zoos überleben, die in Zukunft ausgewildert werden könnte, wenn es geschützte Gebiete für sie gäbe.
"Die letzte Entscheidung nach allen Abwägungen trifft dann die Direktion des Tiergartens", heisst es zur möglichen Tötung von Pavianen. Bei der Auswahl, welche Tiere in diesem Fall getötet werden, berücksichtige der Tiergarten verschiedene Faktoren. Trächtige Weibchen kämen etwa nicht in Betracht. Die Anzahl der verbleibenden Weibchen habe letztlich Einfluss auf die Zahl der verbleibenden Männchen, da ein ausgewogenes Geschlechter-Verhältnis in den jeweiligen Alterskohorten wichtig sei.
Tierschützer drohen mit Strafanzeige
Tierrechtsorganisationen haben den Nürnberger Tiergarten wiederholt für seine Pläne, einzelne Paviane zu töten, kritisiert. Die Organisation Pro Wildlife etwa kündigte an, in diesem Fall Strafanzeige stellen zu wollen. Nach Einschätzung der Tierrechtsorganisation verstösst die geplante Tötung der Tiere gegen das Tierschutzgesetz, das eine Tötung ohne vernünftigen Grund als Straftat ahnde.
"Die Tötung gesunder Tiere aufgrund selbstverschuldeter Haltungsmängel und Platzprobleme erfüllt diesen 'vernünftigen Grund' nicht", teilte Laura Zodrow von Pro Wildlife mit. "Zoos werben gerne mit ihrem angeblichen Beitrag zum Artenschutz", sagte sie. In Wahrheit zeige sich hier eine Entsorgungsmentalität: Was wirtschaftlich unbequem wird, werde einfach getötet.
Diskussion über Ablehnen verschiedener Angebote
Ausserdem stösst das Ablehnen verschiedenen Angebote bei Tierschützer auf Unverständnis. In einem Video stellt der Youtuber und Umweltschützer Robert Marc Lehmann etwa infrage, wieso das Angebot des Great Ape Projects beziehungsweise eines Sanctuarys in Grossbritannien abgelehnt wurde.
Der Tiergarten Nürnberg argumentiert, man habe trotz mehrmaliger Nachfragen seit Februar 2024 nach wie vor keinerlei Informationen erhalten, "beispielsweise zu der Grösse und Ausstattung der Gehege, zu der geplanten Gruppenzusammensetzung der Tiere oder zu Haltungskapazitäten der Einrichtung".
Auf seiner Website geht der Tiergarten auf die verschiedenen Angebote ein und begründet, weshalb die Affen dort nicht untergebracht werden können. (dpa/bearbeitet von sbi)
Verwendete Quellen
- dpa
- tiergarten.nuernberg.de: "Populationsmanagement bei Pavianen"
- SZ.de: "Wir werden Paviane töten müssen"
- Youtube-Kanal von Robert Marc Lehmann