Die Verpflichtung von Erik ten Hag kann für Leverkusen-Fans nach einem niederschmetternden Saisonende Hoffnung machen. Denn dass ten Hag sich für Leverkusen entscheidet, zeigt, dass der Klub weiter um Titel spielen will.
Wer es mit Bayer Leverkusen hält, hatte in den vergangenen Wochen nicht unbedingt viel Grund zur Freude. Die Meisterschaft verspielt, Trainer Xabi Alonso weg,
Vieles wirkte ein bisschen so wie das Ende einer kurzen, aber sehr erfolgreichen Ära, als würde der Double-Sieger von 2023/24 in der nächsten Saison wieder in die Untiefen des Bundesliga-Mittelfelds verschwinden. Zeit wurde es also, dass sich die Stimmung beim immer noch de-facto Bayern-Konkurrenten Nummer eins wieder ändert. Leverkusens neuer Trainer Erik ten Hag könnte dafür jetzt sorgen.
Die ten-Hag-Verpflichtung überraschte nicht mehr wirklich
Eine grosse Überraschung war es am Ende nicht mehr, dass ten Hag die Nachfolge von
Rein aus sportlicher Sicht lässt sich das auch schnell begründen: Mit dem spielbestimmenden Ballbesitzfussball, der seine Mannschaften auszeichnet, knüpft ten Hag quasi direkt an das Erbe von Alonso an. Dazu ist ten Hag vereinslos und kostet keine Ablöse, er spricht Deutsch und Englisch. "Unsere Vorstellungen von Fussball decken sich. Mit technisch anspruchsvollem und dominantem Fussball wollen wir auch künftig im Werkself-Stil agieren und in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League höchste Ziele anstreben", erklärte Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes die Verpflichtung des 55-Jährigen.
Ten Hag ist für Leverkusen ein grosser Name
Was den Leverkusener Fans aber besonders Hoffnung geben sollte: Ten Hag ist im europäischen Fussball ein grosser Name unter den Trainern – keiner, der zu einem Klub gehen würde, der in der Bundesliga nur um Platz fünf mitspielt. Auch während der schwierigen Zeit bei Manchester United war ten Hag ein gefragter Trainer bei vielen Klubs, dem FC Bayern sagte er im vergangenen Sommer wohl noch ab.
Alleine das zeigt schon, welchen Schritt Bayer seit der Amtszeit von Xabi Alonso gemacht hat. Der entpuppte sich in Leverkusen zwar als Erfolgstrainer, hatte aber zuvor noch keine grossen Vorerfahrungen aufweisen können. Der Toptrainer Alonso war also mehr oder weniger ein Glücksfall – der Toptrainer ten Hag kann seine Fähigkeiten bereits mit mehreren Meisterschaften und Pokalsiegen untermauern.
Als ten Hag das erste Mal in Deutschland landete, war das noch nicht so. Der damals noch relativ unbekannte Niederländer trat beim deutschen Rekordmeister 2013 seine erst zweite Stelle als Cheftrainer an – natürlich nicht in der ersten Mannschaft. Bei den Bayern trainierte er zwischen 2013 und 2015 die zweite Mannschaft in der viertklassigen Regionalliga, statt nach Madrid oder London ging es nach Illertissen und Seligenporten. Bei Bayern II trainierte er spätere Bundesligaprofis wie Mitchell Weiser, Alessandro Schöpf oder Julian Green und stand im direkten Kontakt mit dem damaligen Bayern-Cheftrainer Pep Guardiola.
Erfolgreich war die Zeit von ten Hag damals noch nicht wirklich: Weder schafften es Talente langfristig in die erste Mannschaft, noch gelang der immer angepeilte Aufstieg in die 3. Liga. Aber: Die Erfahrung, im oft eigenwilligen Fussballland Deutschland schon gearbeitet zu haben, wird ten Hag nicht schaden.
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Durchbruch bei Ajax Amsterdam
Sein tatsächlicher Durchbruch gelang nach zweijähriger Zwischenstation bei Utrecht erst ab 2017 als Trainer von Ajax Amsterdam. Die Ajax-Generation um Matthijs de Ligt, Frenkie de Jong und Donny van de Beek formte ten Hag innerhalb weniger Jahre zu einer Mannschaft, die mit europäischen Spitzenteams mithalten konnte. In der Champions League verhinderte ein Tor von Tottenham Hotspur in der 96. Minute den ersten Champions-League-Finaleinzug eines niederländischen Teams im 21. Jahrhundert.
In Zeiten, in denen Teams ausserhalb der grossen fünf Ligen finanziell eigentlich keine Chance mehr haben sollten, in der Königsklasse überhaupt über das Viertelfinale hinauszukommen, machte das ten Hag natürlich zu einem der gefragtesten Trainer in Europa. Und die heimische Liga zerschoss Ajax im wahrsten Sinne des Wortes, zwei Saisons mit über 100 Toren sprechen für sich. Was ten Hag in seinen fast fünf Jahren bei Ajax ausserdem lernen musste: Jedes Jahr abgewanderte Stammspieler zu ersetzen und trotzdem wieder ein wettbewerbsfähiges Team aufzubauen. Genau diese Fähigkeit wird in den ersten Wochen bei Bayer besonders nötig sein.
Ten Hag scheitert bei Manchester United
Bliebe nur noch das grosse Aber – ten Hags am Ende gescheiterte Amtszeit bei Manchester United. Dort sollte der Niederländer eigentlich nicht weniger als eine Ära einläuten und den gefallenen Serienmeister wieder zurück an die europäische Spitze führen. Die erste Saison, in der er United auf Platz drei führte, machte den Anhängern der "Red Devils" Hoffnung, so wirklich zufrieden aber war man schon damals nicht. Und es wurde von Jahr zu Jahr schlechter: Nachdem die Qualifikation für Europa ein Jahr später nur noch über den Sieg im FA Cup möglich war, entliess ihn United in der Liga auf Platz 14. Wirklich Ruhe hatte ten Hag dabei nie, die Entscheidung für United war die bislang wohl grösste Fehlentscheidung seiner Karriere.
Eine zweite erfolglose Station wird sich ten Hag nicht erlauben können, wenn er weiter im Gespräch sein will, wenn die Topklubs nach neuen Trainern suchen. Bei einem der Topklubs in Deutschland ist er laut eigenen Worten schon mit Bayer Leverkusen gelandet. Der Verein gehöre "zur erweiterten europäischen Elite", sagte ten Hag und kündigte an: "Ich bin nach Leverkusen gekommen, um die in den vergangenen Jahren gewachsenen Ambitionen zu bestätigen." Zumindest diese Worte sollten einige Leverkusener dann doch wieder träumen lassen.