Um die 75 Millionen Euro Ablöse kostet Liverpool-Star Luis Díaz den FC Bayern, damit ist er der drittteuerste Transfer der Vereinsgeschichte. Doch ist der Kolumbianer das Geld wert? Sein Fall erinnert an die gescheiterten Bayern-Stars Sadio Mané und James Rodríguez. Eine Wahl hatte Bayern trotzdem nicht.

Pit Gottschalk
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Pit Gottschalk dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Luis Díaz ist, gar keine Frage, ein Superfussballer. Sogar der notorisch kritische Bayern-Experte Didi Hamann ist überzeugt: Die Fans werden ihren neuen Stürmerstar "lieben". Díaz hat ja eine Menge vorzuweisen. 29 Tore und 18 Torvorlagen in 103 Spielen in der Premier League: Das muss man auch beim FC Liverpool erst einmal schaffen.

Die Frage ist eine ganz andere, und nicht nur der "Spiegel" hat sie in der Schlagzeile gestellt: "Luis Díaz kommt für 75 Millionen Euro – aber ist er das auch wert?" Die Antwort fällt eindeutig zweideutig aus. Nein – wenn man den Transfer des Jahres wirtschaftlich betrachtet. Ja – wenn man Sportsgeist in sich trägt und einen geilen Kicker sehen will.

Luis Díaz, FC Bayern, Transfermarkt, Champions League, Investitionsrisiko
Luis Díaz soll dem FC Bayern sofort neuen Schwung verleihen, doch sein hoher Preis und Alter werfen Fragen auf. © IMAGO/Propaganda Photo

Bayerns Díaz-Transfer birgt Chancen und Risiken

Das Nein ist leicht begründbar. Díaz ist 28 Jahre alt und mit der kolportierten Ablösesumme der drittteuerste Einkauf in der Vereinsgeschichte des FC Bayern. Und hier beginnt das Problem. Sein Vertrag läuft vier Jahre mit der Option auf ein fünftes. Payback: nicht realistisch. Er wird dann die 30 durchschritten und seinen Marktwert bestenfalls halbiert haben.

Mit anderen Worten: Díaz ist kein Geschäft mit Zukunftsperspektive – er ist ein Mann für das Hier und Jetzt. Das begründet auch die Ja-Antwort: Luis Díaz verspricht Spektakel auf dem Rasen. Für den fünf Jahre jüngeren Nick Woltemade vom VfB Stuttgart wollten die Bayern keine ähnlich hohe Ablöse zahlen, obwohl der Jungnationalspieler 2030 womöglich das Doppelte wert ist.

Die Umorientierung Richtung Gegenwart verrät einiges über das Innenleben beim FC Bayern: Die Not muss so gross sein, dass keine Zeit für die Mittelfristplanung im Kader bleibt. Der Abgang von Thomas Müller und Leroy Sané, die schwere Verletzung von Jamal Musiala, die Absage von Florian Wirtz: Die Kreativ-Abteilung benötigt frisches Blut – und das sofort.

Mut zum Risiko statt Stillstand

Woltemade, so talentiert er auch ist, kann keine Verstärkung auf Knopfdruck sein. Díaz schon. Und die braucht man auch, wenn man in der Champions League endlich etwas reissen will. Man könnte nun einwenden, dass man Liverpool schon einmal einen Starstürmer abgeluchst und mit ihm eine Enttäuschung erlebt hat: Sadio Mané, wir erinnern uns.

Und auch ein anderer Kolumbianer kam mal zum FC Bayern und enttäuschte das anspruchsvolle Publikum in der Allianz Arena auf ganzer Linie: James Rodríguez, wir erinnern uns. Die Gefahr besteht bei teuren Transfers immer. Gekauft wie gesehen: Eine Erfolgsgarantie ist im Fussball-Business ausgeschlossen. Aber was wäre die Alternative gewesen?

Empfehlungen der Redaktion

Dass Bayern spart und mit einem halbgaren Kader in die Saison geht? Dann lieber Mut zum Restrisiko zeigen und der Bundesliga eine Attraktion schenken. Darum: Danke, FC Bayern!

Verwendete Quellen

Über den Autor

  • Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fussball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
  • Fever Pit'ch ist der tägliche Fussball-Newsletter von Pit Gottschalk. Jeden Morgen um 6:10 Uhr bekommen Abonnenten den Kommentar zum Fussballthema des Tages und die Links zu den besten Fussballstorys in den deutschen Medien.
Teaserbild: © IMAGO/NurPhoto/Suhaimi Abdullah