Das brutale Foul von Kelsey Owusu an Yan Couto überschattet den Pokalsieg des BVB - auch weil nach dem Spiel unglaublicher Hass im Netz über Owusu ausgekübelt wird.
Hetze im Netz, eine Wutrede des eigenen Trainers und der Vergleich mit "einem Anschlag" durch BVB-Coach
Nach "heftigen und teilweise rassistischen Beleidigungen" schloss Rot-Weiss Essen im Anschluss an das in den Hintergrund geratene 0:1 gegen den BVB zeitweise die Kommentarfunktion bei Instagram. Essens Trainer Uwe Koschinat war ausser sich und sagte voller Wut: "Ich glaube, es ist unverzeihlich, wenn ein Spieler so hart einsteigt. Aber es ist nicht deswegen unverzeihlich, weil der Spieler dunkelhäutig ist, sondern weil die Aktion einfach scheisse ist."
Auch Owusu reagierte auf die hasserfüllten Reaktionen und deaktivierte sein Instagram-Profil. Owusus Rückzug aus dem sozialen Netzwerk geschah in Abstimmung mit seinem Verein. Rot-Weiss Essen sicherte dem 21-Jährigen die volle Unterstützung und Solidarität zu und kündigte für den weiteren Tagesverlauf ein Klub-Statement zu der Thematik an.
Trainer Koschinat: "Völlig unangemessen"
Was war passiert? Der 21 Jahre alte Owusu kam bei einem Zweikampf in der Nachspielzeit klar zu spät und erwischte den BVB-Profi mit offener Sohle fast auf Kniehöhe. Als Couto nach Abpfiff mit einer Trage in die Katakomben gebracht wurde, machte sich im Netz schon Hass gegen den Essener Profi breit.

Und das gerade einmal einen Tag nach dem Vorfall beim Erstrundenspiel zwischen Lok Leipzig und dem FC Schalke 04, bei dem Christopher Antwi-Adjei dem Schiedsrichter eine rassistische Beleidigung von der Tribüne gegen ihn kenntlich gemacht hatte. Antwi-Adjei berichtete nach dem Spiel, dass von der Tribüne das "N-Wort" gerufen wurde. Mit dem Begriff "N-Wort" wird heute eine früher gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben.
Im Fall Owusu wurde nicht von den Rängen beleidigt, sondern in den Tiefen der sozialen Netzwerke. "Ich finde das so niederträchtig, was teilweise für Kommentare auf Menschen einprasseln. Das finde ich völlig unangemessen", sagte Koschinat, der nach dem packenden Pokalabend das Gespräch mit Owusu suchte und ihn aufbaute. Der Essener entschuldigte sich später in der BVB-Kabine für sein Einsteigen.
Couto fällt wohl nicht lange aus
Die Dortmunder müssen glücklicherweise keinen längerfristigen Ausfall von Aussenbahnspieler Yan Couto befürchten. Der 23 Jahre alte Brasilianer erlitt im DFB-Pokalspiel bei Rot-Weiss Essen (1:0) nach dpa-Informationen eine leichte Knieverletzung und eine schmerzhafte Prellung. Zuvor hatten unter anderem "Bild" und "WAZ" über die Diagnose berichtet.
Als er von den Beleidigungen noch keine Kenntnis hatte, verurteilte auch Dortmunds Trainer Kovac das brutale Foul in der Nachspielzeit mit scharfen Worten. "Ich muss ganz ehrlich sagen: So geht man nicht hin. Ich will ihm keine Absicht unterstellen, aber das ist fahrlässig, das ist grob fahrlässig. Eigentlich ist das ein Anschlag", sagte Kovac in der ARD kurz nach Spielschluss.
In der Pressekonferenz wählte er seine Worte später mit mehr Bedacht und war spürbar um Deeskalation bemüht. "Ich schliesse mich da auch an: Das ist Sport und es kann nicht sein, dass dann irgendwo irgendjemand irgendwelche Kommentare Richtung dieses Spielers schickt", sagte Kovac. So ein Foul mache "keiner mit Absicht".
BVB mit Personalproblemen in der Defensive
Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl sprach zunächst von "einer klaren Roten Karte". Als er seine Ausführungen in der Interview-Zone beendet hatte, drehte sich Kehl noch einmal zu den Journalisten um und fügte mit ernster Miene an, es habe sich "um ein brutales Foul" gehandelt. Die Beteiligten wirkten sichtlich betroffen von dem Tritt, der in der Bundesliga per Videobeweis sicher auf eine Rote Karte korrigiert worden wäre.
Einen weiteren Ausfall hätte Kovac gerade nicht gebrauchen können. Die Defensive ist ohnehin wacklig, zudem fallen Niklas Süle und Nico Schlotterbeck noch länger aus. Auch Julian Ryerson, der eigentlich Coutos Position rechts auf der Aussenbahn bekleidet, fehlte in Essen, nachdem er im Training einen Schlag auf die Wade bekommen hatte.
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Kehl deutet Transfers an
So kam der 20 Jahre junge Filippo Mané in Essen zu seinem Debüt. Kehl liess offen, ob und wie der Verein noch personell nachlegt. "Wir machen uns die ganze Zeit schon Gedanken. Ich bin doch optimistisch, dass wir noch was tun werden", sagte der Sportdirektor bei Sky. Nicht nur hinten ist Bedarf, sondern auch im Angriff. "Wir wollen etwas machen, wenn es sinnvoll ist", fügte Kehl an.
Über konkrete Namen wollte Kehl nicht sprechen. Der spielerische Auftritt beim holprigen Sieg über einen Drittligisten war nicht gerade ein Mutmacher für den Bundesliga-Start am Samstag (18.30 Uhr/Sky) beim FC St. Pauli. Neben Matchwinner Guirassy zeigte nur der herausragend haltende Torhüter Gregor Kobel wirklich Normalform. (dpa/bearbeitet von ska/jum)