England hat den EM-Titel verteidigt und Spanien geschlagen. Doch das Endspiel gibt einiges mehr her als das reine Geschehen auf dem Platz. Fünf Geschichten.

Ann-Katrin Berger unterstützt Verlobte Jess Carter

Mit der Popularität des Fussballs der Frauen kommen auch Schattenseiten. Das musste Jess Carter bei dieser EM am eigenen Leib und auf die schlimmste Weise erfahren. Denn Carter wurde während der EM in den Sozialen Medien so schlimm rassistisch angegangen, dass sie sich entschied, sich zu ihrem eigenen Schutz zurückzuziehen. Eine Welle der Solidarität folgte, das Halbfinale gegen Italien setzte Carter dennoch aus.

Im Finale jedoch stand sie wieder auf dem Platz, mit wichtiger emotionaler Unterstützung auf den Rängen. Denn Carters Verlobte, Deutschlands Torhüterin Ann-Katrin Berger, liess es sich nicht nehmen, die Verteidigerin live im Stadion anzufeuern. Der Versuch dabei inkognito aufzutreten, scheiterte jedoch grandios.

Nach dem Spiel zeigte sich Berger "Bild.de" gegenüber sehr stolz auf ihre Lebensgefährtin: "Natürlich bin ich sehr stolz auf sie. Sie hat ein fantastisches Spiel im Finale gemacht. Nach den ganzen Problemen der vergangenen Tage hat sie der Welt gezeigt, was sie draufhat." Und auch Carter selbst strahlte. Im Interview mit Sky erklärte sie, sie sei sich nicht sicher gewesen, ob sie es zurück auf den Platz schaffen würde und dankt dann allen Fans, die sie unterstützt haben: "Ich werde meinen Dank nie auch nur annähernd genug ausdrücken können."

Lauren James hat Pech im Finale, aber ihre Familie auf ihrer Seite

Lauren James gilt mit ihren gerade einmal 23 Jahren als grosses Versprechen an die Zukunft des englischen Fussballs. Mit ihren beiden Treffern trug sie zudem entscheidend zu Englands Weg ins Finale bei. Allerdings hatte sie während des gesamten Turniers immer wieder mit einer Knöchelverletzung zu kämpfen. Eine Verletzung, die sie nun ausgerechnet im Finale einholte. Bereits in der 40. Minute musste James ausgewechselt werden.

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Die Trauer über dieses Pech dürfte sich bei James angesichts des EM-Titels jedoch in Grenzen gehalten haben. Vor allem auch deshalb, weil sie zusammen mit ihr gesamten Familie feiern konnte. Auch ihr Bruder Reece James, der wie auch Lauren für den FC Chelsea spielt, jubelte seiner Schwester und den "Lionesses" von der Tribüne zu.

Ella Toone und Beth Mead denken an ihre verstorbenen Eltern

Für Ella Toone und Beth Mead war der Jubel nach dem gewonnenen EM-Titel wohl auch ein Stück weit bittersüss. Denn beide hätten den Triumph nur allzu gerne mit ihren verstorbenen Liebsten gefeiert. Beide haben Elternteile an den Krebs verloren. Beth Meads Mutter starb im Januar 2023 an Eierstock-Krebs, Ella Toones Vater im September 2024 an Prostata-Krebs. Toone und Mead verbindet diese Erfahrung und hat sie enger zusammenrücken lassen. "Wir fühlen uns durch diese schreckliche Sache wirklich verbunden, aber es ist schön, jemanden zu haben, der das Gleiche durchgemacht hat und der versteht und genau weiss, was in meinem Kopf vorgeht", hatte Toone während der EM erklärt.

Nun, im Moment des Triumphes gedachten beide ihrer verstorbenen Eltern. "Wir haben es für unsere Engel im Himmel getan. Immer bei uns. Immer stolz", postete Toone bei Instagram.

Hannah Hampton wird Spielerin des Spiels

Als Hannah Hampton auf die Welt kam, deutete nichts darauf hin, dass sie einst als Torhüterin mit ihren Paraden England zum EM-Titel verhelfen würde. Denn Hampton wurde mit einer Augenkrankheit geboren, die unter anderem ihre Tiefenwahrnehmung beeinträchtigt, Entfernungen kann sie dadurch nur schwer einschätzen. Dreimal wurde sie operiert, Ärzte rieten ihr davon ab, Fussball zu spielen.

Dieser EM-Titel ist der ultimative Triumph über alle Vorhersagen und dass sie im Finale auch noch zur Spielerin des Spiels gewählt wurde, die Kirsche auf der Sahnetorte.

Hannah Hampton mit dem EM-Pokal.
Hannah Hampton mit dem EM-Pokal. © IMAGO/Priscila Bütler/SPP

Chloe Kelly und das Ritual

Und dann wäre da noch Chloe Kelly. Die Frau, der nachgesagt wird, dass sie Eis in den Adern hat. Und die irgendwie das Drama, den grossen Moment zu brauchen scheint. Und so lief Chloe Kelly zu diesem letzten, entscheidenden Elfmeter an – und das, obwohl sie noch im Halbfinale gegen Italien erst im Nachschuss getroffen hatte – und verwandelte sicher. Achja, im Training hatte sie auch noch drei Elfmeter verschossen. Doch der Glaube an die eigene Stärke ist bei Kelly unermesslich. Ihre grosse Stütze ist dabei ihre Routine: das Balldrehen vor dem Hinlegen und ihr Sprung im ersten Schritt des Anlaufs. "Es hat angefangen, als ich in Everton gespielt habe. Ich kann es nicht so genau erklären. Es ist meine Routine, das klappt bei mir", sagte Kelly dazu.

Den Ball drehe sie vor dem Hinlegen genau zehnmal. "Ich mache zehnmal dasselbe. Damit reguliere ich meine Atmung. Für mich passt das, ich glaube fest daran." Der Erfolg gibt ihr Recht.

Chloe Kelly dreht vor jedem Elfmeter den Ball. © IMAGO/Marc Schueler

Verwendete Quellen

Teaserbild: © IMAGO/Marc Schueler