England-Star Jess Carter macht rassistische Beschimpfungen bei der EM öffentlich. Nun schaltet sich auch Fifa-Boss Gianni Infantino ein.
Nach rassistischen Anfeindungen und Hetze im Internet hat Fifa-Präsident Gianni Infantino den englischen Fussballerinnen um Jess Carter seine Hilfe versprochen. "Wir stehen hinter Jess. Wir stehen hinter jeder Spielerin und jeder Einzelnen, die unter rassistischen Beleidigungen gelitten haben", schrieb der Chef des Weltverbandes bei Instagram.
England-Star machte rassistische Anfeindungen öffentlich
Carter, die Lebensgefährtin der deutschen Nationalmannschaftstorhüterin,
Um sich zu schützen, wolle sie sich aus den sozialen Medien zurückziehen und "einem Team die Kommunikation überlassen". Die Defensivspielerin erhofft sich von ihrem Schritt auch Umdenkungsprozesse: "Mein Wunsch ist, dass mein offenes Wort zu einer weiteren positiven Veränderung beiträgt – für alle."
Der englische Fussballverband kündigte an, mit der Polizei zu kooperieren, um die Verantwortlichen für derartige Hassverbrechen ausfindig zu machen. Infantino sagte dazu: "Wir bieten unsere Unterstützung bei allen weiteren erforderlichen Massnahmen an und werden auch Daten weitergeben, damit geeignete Massnahmen gegen die Täter ergriffen werden können."
"Vor allem im Frauenfussball werden die Online-Beschimpfungen immer schlimmer."
Carters Abwehrkollegin in der englischen Nationalmannschaft, Lucy Bronze, berichtete: "Vor allem im Frauenfussball werden die Online-Beschimpfungen immer schlimmer." Das Team habe das Thema bereits vor Turnierbeginn diskutiert. Englands Stürmerin Alessia Russo sagte, dass sie sich von sozialen Medien fernhalte, weil die Anfeindungen zu viel Schaden anrichteten.
"Je grösser der Sport wird, desto lauter wird der Lärm, desto mehr Fans gibt es, aber auch desto mehr Kritiker", sagte Bronze. "Wir sind natürlich offen für Kritik – deshalb lieben wir den Sport –, aber wir sind nicht offen für Beschimpfungen", erklärte die 33-Jährige. Es gebe für dieses Problem sicher eine Lösung, meinte die Verteidigerin, sie habe aber "keine Antwort".
Bronze nahm die Verbände Fifa und Uefa, aber auch die Betreiber von Social-Media-Plattformen in die Pflicht. "Kleine Schritte" reichten nicht mehr, um das Problem aus der Welt zu schaffen. "Wir wissen, dass es die Leute in den höheren Rängen sind, die letztendlich etwas bewirken können. Aber ich denke, wir wissen auch, dass wir als Spieler nie hilflos sind", sagte sie.
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Engländerinnen knien sich vor Anpfiff nicht mehr hin
Als Reaktion auf die jüngsten Vorfälle entschieden die Engländerinnen, sich vor dem Anpfiff nicht mehr hinzuknien. Die "Lionesses" hatten dies bei den EM-Spielen bislang getan, um auf Rassismus hinzuweisen. "Es ist offensichtlich, dass wir und der Fussball einen anderen Weg finden müssen, um gegen Rassismus vorzugehen", hiess es in einer Teammitteilung. Vor dem Halbfinale gegen Italien am Dienstagabend (21 Uhr/ZDF, DAZN und in unserem Live-Ticker) werden die Spielerinnen stehenbleiben.
Das Team von Auswahltrainerin Sarina Wiegman hoffe, sich auf das Sportliche und den Kampf um den Finaleinzug konzentrieren zu können, während die Behörden gegen Rassismus vorgehen. "All jene, die hinter diesem Online-Gift stehen, müssen zur Verantwortung gezogen werden", hiess es. (dpa/sid/bearbeitet von ms)