Die defensive Schwäche der DFB-Frauen bei der bitteren Niederlage gegen Schweden und die Unsicherheiten von Torhüterin Ann-Katrin Berger werden im ZDF kaum angesprochen. Kommentatorin Claudia Neumann sieht keinen Grund für eine detaillierte Einzelkritik. Eine TV-Kritik zur Übertragung des EM-Spiels.
Es waren noch drei Minuten in der regulären Spielzeit im abschliessenden EM-Gruppenspiel zwischen Deutschland und Schweden am Samstagabend zu spielen, als
"Es erübrigt sich an einem solchen Tag, in die detaillierte Einzelkritik zu gehen. Es ist eine Begegnung gewesen, die einen aussergewöhnlichen Spielverlauf genommen hat", sagte die Kommentatorin während der Live-Übertragung des Spiels.
Tatsächlich war aber das Gegenteil der Fall, eine detaillierte Einzelkritik wäre mehr als angebracht gewesen. Denn die deutsche Mannschaft implodierte nach einer starken Anfangsphase regelrecht und präsentierte sich bei der 1:4-Niederlage vor allem in der Defensive in einer besorgniserregenden Verfassung.
Neumann sprach dies nicht konsequent an, sondern verwies immer wieder auf die Stärke der Schwedinnen, mit denen sich die DFB-Frauen vor Anpfiff noch auf Augenhöhe gewähnt hatten. Als Knackpunkt des Spiels hatte die Kommentatorin die Rote Karte von
Die Unsicherheiten von Torhüterin Ann-Katrin Berger sind im ZDF kein Thema
Allerdings waren der Roten Karte gleich mehrere Fehler in der wackeligen deutschen Defensive vorausgegangen. Auch Torhüterin
Im ZDF wurde das kaum thematisiert, obwohl Bundestrainer
Während Neumann in der Mitte der zweiten Halbzeit ausführlich über Schwedens Spiele in der Qualifikation zur Europameisterschaft und Ergebnisse in der Nations League plauderte, tobte in den sozialen Netzwerken längst eine Torhüterinnen-Diskussion.
Reporterin fragt Berger nach möglichem Duell mit England
Das Thema dürfte die DFB-Frauen und Wück mit ziemlicher Sicherheit bis zum Viertelfinale am Samstag weiter beschäftigen, im ZDF wurde es während des Spiels, in der Halbzeit und auch nach Abpfiff fast komplett vermieden. Moderator
Expertin Kathrin Lehmann, die früher selbst Torhüterin war und unter anderem in der Bundesliga für den FC Bayern München gespielt hatte, sparte das Thema ebenfalls aus.
Reporterin Johanna Rüdiger interviewte schliesslich sogar Berger, sprach sie aber nicht auf ihre Fehlpässe im Spielaufbau an. Stattdessen fragte sie sie unter anderem nach einem möglichen Duell mit England und ihrer Lebensgefährtin Jess Carter im Viertelfinale. Was sicherlich nicht das Thema an diesem aus deutscher Sicht so bitteren Samstagabend war.
Das ZDF betreibt grossen personellen Aufwand
Es war insgesamt ein undankbarer Abend für das ZDF, das erstmals bei der EM ein Deutschland-Spiel übertrug. Der Sender betrieb personell deutlich mehr Aufwand als die ARD bei den Spielen der DFB-Frauen, mit Voss und Lehmann im Studio, sowie den Reporterinnen Lili Engels, Katja Streso und Johanna Rüdiger im Stadion.
Als Expertin war auch Fritzi Kromp in Zürich vor Ort, während des Spiels unterstützte die Trainerin der Frauen von Werder Bremen Claudia Neumann. Kromp hatte allerdings relativ wenig Redezeit und wurde nur gelegentlich zugeschaltet. Sie erklärte aber unter anderem sehr einleuchtend, wie Wück nach dem Platzverweis seine Aufstellung und Taktik verändert hatte.
"Es war nicht alles schlecht, aber vieles ist anders gekommen, als erwartet und erhofft", sagte Kromp gegen Ende des Spiels: "Aber trotzdem muss man natürlich auch den Finger in die Wunde legen und fragen, was passiert ist in den 15 Minuten nach dem 1:1."
Über die offensichtlichen Probleme der DFB-Frauen wird wenig gesprochen
Im ZDF-Studio überwog aber weiter der Optimismus, die deutliche Niederlage wurde als Ausrutscher abgetan. "Was würdest du heute von dem Spiel mitnehmen?", fragte Sven Voss zum Abschluss seine Expertin.
"Die Passqualität, die Überzeugung am Anfang und dass es wunderbar ist, dass es jetzt passiert ist, der Schuss vor den Bug. Und nicht im Viertelfinale", zählte Kathrin Lehmann auf.
"Nehmen wir es mal nicht als Gradmesser, einfach als ein Gruppenspiel. Im Viertelfinale zählt es dann", ergänzte Voss. Es war das Ende eines Fussballabends, an dem über die offensichtlichen Probleme der DFB-Frauen erstaunlich wenig gesprochen wurde.