Die Verleihung des Ballon d’Or ist natürlich eine grosse Party für Nominierte und für Ausgezeichnete. Wofür die Preisträger*innen das Rampenlicht nutzen, zeigt deutlich die Unterschiede zwischen Männerfussball und Frauenfussball.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Mara Pfeiffer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Fussball, das ist mehr als nur ein Sport, mehr als das schöne Spiel. Und auch darauf spielt die wiederkehrende Aussage an, wonach Frauenfussball und Männerfussball eigentlich zwei ganz verschiedene Sportarten sind. Gut beobachten liess sich das rund um die Verleihung des Ballon d’Or, der am Montagabend in Paris verliehen wurde.

Nach den Auszeichnungen für den und die beste U21-Spieler*in an Vicky Lopez und Lamine Yamal (beide FC Barcelona) wurde Sarina Wiegman als Trainerin des Jahres geehrt. Verkünden durfte die Siegerin Fabio Capello. Der wurde scherzhaft damit angekündigt, er bedürfe keiner Vorstellung, nannte die Trainerin aber seinerseits "Sabrina".

Wiegman: Kampf gegen Misogynie und Rassismus

Natürlich ist Wiegman, die dreimal in Folge die EM gewonnen hat, zu sehr Profi, um sich mit diesem Lapsus aufzuhalten. Bezeichnend ist der Moment dennoch. Die Niederländerin nannte die Auszeichnung eine Anerkennung für den Fussball der Frauen und die Reise, die dieser Sport genommen habe. Mit Wachstum gehe Verantwortung einher, gerade auch dafür, eine eigene Identität zu bewahren, authentisch zu sein – ein inklusiver Ort der Zugehörigkeit für alle.

Der Kampf gegen Misogynie und Rassismus müsse weitergehen, so Wiegman, denn Sport solle verbinden, nicht trennen. Die Trainerin schlug auch den Bogen zu Johan Cruyff, nach dem die Auszeichnung für Trainer*innen benannt ist. Ihm fühle sie sich in der Art, wie er Fussball auch gesellschaftlich gelebt habe, verbunden. Durchaus eine grosse Geste, dass die Auszeichnungen für die Frauen nach Männern benannt sind, wurde nämlich zurecht kritisiert.

Emotionaler Empfang: Enrique gratuliert Dembélé zum Ballon d'Or

So süss empfängt sein Trainer Ballon-d'Or-Gewinner Dembele

Nach seinem Triumph beim Ballon d’Or kehrte PSG-Star Ousmane Dembélé nach Paris zurück. Dort wurde er von Trainer Luis Enrique herzlich empfangen.

Welcher moralische Schaden soll das sein?

Bei den Torhüter*innen machten Hannah Hampton und Gianluigi Donnarumma das Rennen. Hampton ging in ihrer emotionalen Rede auf den Tod von Trainer Matt Beard ein, der sich vor allen anderen für den Fussball der Frauen eingesetzt habe. Beards Sohn hatte am Wochenende öffentlich über den Suizid seines Vaters geschrieben. Die Torhüterin betonte sichtlich bewegt, hinter dem grössten Strahlen in einem Raum verberge sich manchmal der tiefste Schmerz und niemand solle in diesen dunklen Momenten alleine sein müssen.

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Bei den Männern wartete man in einer angespannten Weltlage, in der Rechte für Frauen und Minderheiten überall bedroht sind, vergeblich auf Substanz. Dank an Familien und Klub, ein Tränchen hier, ein Lob ans Team da, saure Gesichter bei einigen, die es nicht auf die Bühne schafften. Den Vogel schoss im Nachgang Yamals Vater ab, der in einem Interview sagte, der zweite Platz seines Sohnes beim Spieler des Jahres nach Ousmane Dembélé sei "der grösste moralische Schaden, der einem Menschen zugefügt werden kann". Man möchte den Mann verpflichten, jeden Abend die Weltnachrichten zu schauen nach diesem ungehörigen Satz.

Die Hoffnung für den Fussball der Frauen ist deshalb, niemals wie jener der Männer zu werden. Keine leichte Aufgabe, weil an vielen Stellen längst Männer die Entscheidungen über Frauen treffen, auch in diesem Sport: Warum eigentlich? Die Fussballerinnen, die an diesem Abend das Rampenlicht genutzt haben für Themen unserer Zeit, zeigen, niemand versteht ihren Sport besser als sie. Vielleicht kann Wertschätzung in ihre Richtung damit beginnen, ihre Trophäen künftig nach Frauen in diesem Sport zu benennen. An Vorbildern mangelt es nämlich nicht.