Noch immer gibt es im Profifussball der Männer keine offen homosexuell lebenden Fussballer. Was bei den Frauen längst gang und gäbe ist, ist bei den Männern noch immer ein grosses Tabu. Ist der Fussball einfach noch nicht bereit dazu? Das sagen unsere Leserinnen und Leser.

Leserstimmen
zusammengestellt von Sabrina Schäfer
Dieser Artikel basiert auf Zuschriften unserer Leserinnen und Leser und gibt ihre Meinungen, Einschätzungen und Fragen wieder, die sie unserer Redaktion geschickt haben. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Marcus Urban kämpft seit Jahren dafür, dass auch homosexuelle Bundesliga-Spieler offen zu ihrer Sexualität stehen können - bislang erfolglos. Die Hürde, die Angst vor Ablehnung, scheint immer noch zu gross. Dabei gibt es laut Urban auch schwule Paare in der Bundesliga, "und zwar sehr nette, sehr hübsche", wie er gegenüber der "Bild" erklärte.

Empfehlungen der Redaktion

Ist der Fussball also immer noch nicht bereit für ein Coming-out schwuler Spieler? Das wollten wir von unseren Leserinnen und Lesern wissen und haben dazu sehr viele, differenzierte Zuschriften erhalten.

  • "Es wäre halt so was von wichtig. Natürlich haben Profispieler erstmal Angst vor möglichen negativen Reaktionen bei einem LGBTQ-Coming-out. Aber es wäre damit ein 'Engelskreis' in Gang gebracht. Diverses Leben wäre mehr selbstverständlich und die Fussball-Community könnte mit diesem Zeichen die gesellschaftliche und demokratische Resilienz gegenüber dummem, rechtem und/oder intolerantem Gedankengut stärken. Also was auch im Spiel gefragt ist: Mut und Angriff nach dem Anpfiff!" (Ellii, 54 Jahre, Landau in der Pfalz)
  • "Ich würde es sehr befürworten, wenn sich endlich Spieler outen würden. Die Gesellschaft ist dafür auch grundsätzlich bereit, es gibt queere Fanclubs, viele Vereine nehmen an CSDs teil oder hissen die Regenbogenfahne. Traut euch!! Wir stehen zu euch, hört nicht auf die Ewiggestrigen." (Jenny)
  • "Der Männerfussball ist leider noch nicht so weit. Es ist ALLERHÖCHSTE Zeit, dass sich das ändert. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Spieler danach genauso erfolgreich wie vorher sein können. Vermeintliche Freunde und 'Berater' sollten sich mal überlegen, wie sehr ihr 'Oute dich bloss nicht' den Männern schadet. Wer als Fan nach einem Coming-out Diskriminierendes von sich gibt, kann kein Fan sein. Auch Profis haben ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Um sie zu unterstützen, müssten vorab aber glasklare Botschaften der DFL, des DFB und vor allem der Vereine kommen. Aus denen sollte klar hervorgehen, dass die Spieler nicht nur 100-prozentige, sondern 1000-prozentige Unterstützung bekommen. Gerade homophoben 'Fan'-Gruppierungen sollte vorher klargemacht werden, dass es bei Diskriminierung eine Null-Toleranz-Politik gibt! Sie werden ja auch nicht diskriminiert, weil sie offen heterosexuell leben." (Peter, 52 Jahre, Senden)

"Die überwiegende Mehrheit ist nicht bereit dafür"

  • "Ich bin begeisterter Fussballfan. Sport ist eine Sache und die des privaten Lebens eine Andere. Wir leben doch nicht im Mittelalter und jeder Mensch, auch Sportler, hat ein Recht auf sein privates Leben. Für mich ist es wurscht, ob ein toller Sportler hetero oder homosexuell ist. Ich hoffe, dass viele meiner Meinung sind." (Peter, 75 Jahre, Lübeck)
  • "Meiner Meinung nach gibt es im Fussball sicherlich Beteiligte, die für ein Coming-out bereit sind, aber ich denke, dass die überwiegende Mehrheit leider noch nicht dafür bereit ist, da diese noch an veralteten Denkweisen festhält und diese nicht ändern will. Dabei sollte es doch so sein, dass man einen Fussballer oder eine Fussballerin alleine nach den Fähigkeiten bzw. dem Können und nicht nach der sexuellen Ausrichtung beurteilen sollte. Gerade im Frauenfussball sind im Rahmen der gerade beendeten EM mehrere Beziehungen zwischen Fussballerinnen bekannt geworden. Die Leistungen der betreffenden Fussballerinnen waren absolut nicht zu beanstanden und die Fussballerinnen wurden in der Regel wohl auch nicht angefeindet. Wer Personen aufgrund von z.B. sexueller Ausrichtung diskriminiert, disqualifiziert sich eigentlich selbst." (Anonym)
  • "Leider sind wir in Deutschland noch weit weg von einer sinnvollen Toleranz homosexueller Männer im Profifussball. Das gilt sicher auch für andere Sportarten, aber im Profifussball ist das besonders ausgeprägt. Das mag an der breiten Masse der Fans liegen, oder am Herdentrieb der Fans und der Akzeptanz, den Gegner zu verunglimpfen, um das eigene Team anzufeuern. Die traditionelle Sichtweise homosexueller Männer in Deutschland war - und ist leider - unpassend zu einem Sport, der doch sehr als maskulin und kämpferisch gilt und über sehr viele Jahre auch im Publikum männerdominiert war. Da passt das klassische Bild von Homosexualität nicht dazu. Das ist bedauerlich und für die betreffenden Sportler traurig. Aber auch wenn die Gesellschaft immer wieder versucht, von heute auf morgen allgemein festgefahrene Verhaltensweisen zu leugnen, waren und sind diese doch da. Es bedarf einer Aufklärung in der Breite zu diesem Thema und auch dann wird es Jahre dauern, bis der 'Fan' das Thema nicht versucht 'auszuschlachten'." (Volker, 59 Jahre)
  • "Meines Erachtens längst überfällig. Jeder soll leben wie er will und Kritik oder Diskriminierung anderer ist nicht zu tolerieren. Die Vereine müssen da mehr tun, auch als Vorbilder gegenüber der Jugend, damit diese sehen, dass sie unterstützt werden." (Anonym)
  • "Es ist langsam an der Zeit, dass alle Menschen leben und lieben können, wen sie möchten. Leider wird es im Fussball nicht so einfach gehen, da die Fans teilweise radikalisiert sind und ein Spiessrutenlauf für die Fussballer beginnt." (Nicole, 55 Jahre, Saarlouis)

"Warum muss die ganze Welt so ein Bohei um die sexuelle Orientierung machen?"

  • "Warum muss man überhaupt über seine Sexualität reden? Und warum, wenn man in der Öffentlichkeit steht? Hauptsache glücklich, das ist wichtig. Ob da jetzt ein Mann oder eine Frau an der Seite mit durchs Leben geht, ist völlig egal! Das sollte bei jedem Menschen gelten, egal ob Fussball oder sonst wo. Und alle, die da kein Verständnis dafür haben, tut mir leid, die sind irgendwo stecken geblieben!" (Nadja, 44 Jahre)
  • "Warum müssen sich Fussballspieler überhaupt 'outen'? Die sollen Fussball spielen. Ob da einer schwul ist oder nicht, ist nicht im Mindesten von Belang. Warum muss die ganze Welt so ein Bohei um die sexuelle Orientierung machen? Freddie Mercury, Elton John, Boy George, Gianna Nannini, George Michael haben tolle Musik gemacht oder machen sie heute noch. Zu wem die abends ins Bettchen gestiegen sind, hat uns (damals) überhaupt nicht interessiert. Man hat es zur Kenntnis genommen und unter 'unwichtig' abgehakt." (Anonym)
  • "Fussballspieler werden für das Fussballspielen bezahlt und nicht für ihren privaten Exhibitionismus! Ich finde es schrecklich, dass Schwule, die dies gar nicht wollen, von einer Minderheit für ihre 'Mission' missbraucht und genötigt werden sollen, sich zu outen. Ist dieser Fundamentalismus besser als der von religiösen Fanatikern? Wäre nicht zuerst einmal Toleranz innerhalb der homosexuellen Gruppe angebracht, bevor man sie von der faktischen Mehrheit der heterosexuellen Gemeinschaft einfordert?" (Diethelm, 69 Jahre, Sigmaringendorf)
  • "Man sieht es niemandem auf der ganzen Welt an, ob er homosexuell ist oder nicht. So ist es auch im Fussball. Warum kein Coming-out? Wen es stört, sollte öffentlich seine Gründe darlegen. Es wird ihn deswegen wohl niemand in unserer demokratischen Gesellschaft, in der Meinungsfreiheit herrscht, verurteilen." (Anonym)

"Es gibt keine Pflicht der Öffentlichkeit gegenüber"

  • "Der Fussball ist bereit. Wer nicht bereit ist, sind die Medien. Wie man an dieser Frage sieht. Warum wird darum ständig solch ein Gewese gemacht? Das sorgt für diese grosse Aufbauschung für dieses private Thema! Um Uli Hoeness zu zitieren: '... da seid ihr doch verantwortlich!'"(Anonym)
  • "Wenn die das nicht bekanntmachen wollen, muss man das respektieren. Es gibt keine 'Pflicht' der Öffentlichkeit gegenüber. Und das ist auch gut so." (Anonym)
  • "Was soll dies Thema? Rede ich von Sport, dann meine ich Sport und alles um den Sport. Welche Neigungen einer hat, oder welche privaten Ansichten, gehört schlicht nicht dazu. Einzige Ausnahme sind Gehälter, da die einen Bezug zur Leistung haben, aber sonst ist es doch Privatsache, was diese Leute tun. Ich finde es ungehörig von den Medien, wenn sie hier Druck aufbauen. Ich persönlich würde mich höchstens dafür interessieren, welcher Frisör oder Modeberater homosexuell ist, und zwar weil das oft die besseren Künstler sind, aber beim Fussball? Hmm ..., das ist knallhartes Handwerk, da spielt es keine Rolle." (Anonym)
  • "Das (mediale) Thema geht so langsam kolossal auf die Nerven. Es ist doch schon längst Usus, dass sich homosexuelle Sportler outen. Ich habe fast den Eindruck, dass es mittlerweile sogar schick ist. Jedenfalls kenne ich keinen Sportler, der sich als heterosexuell outet. Warum können die Medien bei diesem Thema die Leute nicht einfach in Ruhe lassen und jeden das sein, was er ist. Warum ist das für euch überhaupt noch ein Thema? Wo, im gesellschaftlichen Leben, findet denn, neutral überprüft, überhaupt noch eine Diskriminierung von homosexuellen Menschen statt? Oder ruft hier das Sommerloch?" (Christian, München)