Das kommt überraschend: Die nächsten Handball-Weltmeisterschaften laufen nicht mehr bei ARD und ZDF. Stattdessen hat sich ein Privatsender die TV-Rechte gesichert.
Die wichtigsten Spiele der kommenden drei Handball-Weltmeisterschaften laufen im Free-TV, aber nicht bei ARD und ZDF. Im Poker um die TV-Rechte der Turniere 2027, 2029 und 2031 gingen die beiden öffentlich-rechtlichen Sender leer aus und mussten überraschend der privaten Konkurrenz den Vortritt lassen: ProSiebenSat.1 sicherte sich die Live-Übertragungen aller WM-Partien der deutschen Handball-Nationalmannschaften für das frei empfangbare Fernsehen.
Das Medien-Unternehmen schloss nach eigenen Angaben eine umfangreiche Vereinbarung mit der Rechteagentur Sportfive. Auf welchem Sender die Spiele ausgestrahlt werden, ist noch offen.
Deutsche Spiele der Handball-WM werden gratis zu sehen sein
Sicher ist aber, dass die Handballfans keine Zusatzkosten haben und neben den deutschen Partien weitere ausgewählte Spiele inklusive der Endspiele gratis sehen können. Zu dem Paket gehören auch drei WM-Turniere der Frauen sowie die Qualifikationsspiele der Frauen und Männer für Olympia 2028.
"Der Rechteerwerb für die Handball-Weltmeisterschaften ist ein Ausrufezeichen", kommentierte ProSiebenSat.1-Manager Henrik Pabst. Der Rechtekauf unterstreiche die Strategie, das "Sport-Portfolio weiter hochkarätig zu verstärken", sagte der Chief Content Officer. "Es ist grossartig, dass wir die deutschen Handball-Nationalmannschaften in den kommenden sechs Jahren als Free-TV-Partner begleiten werden."
ProSiebenSat.1 baut Sport-Portfolio weiter aus
Das Unternehmen erwarb zuletzt auch Rechte für Basketball-Welt- und Europameisterschaften sowie die neue Klub-WM der Fussballer. Derzeit zeigt ProSieben die deutschen Spiele der Eishockey-WM.
Den Fans bleibt durch den Vertrag ein Free-TV-Blackout wie 2015 und 2017 erspart. Die WM-Spiele waren 2015 beim Pay-TV-Sender Sky und 2017 beim damaligen DHB-Sponsor Deutschen Kreditbank (DKB) im Internet gezeigt worden. Die DKB verbuchte damals weniger als ein Zehntel der bei ARD und ZDF üblichen Zuschauer. Anschliessend waren die WM-Turniere wieder bei den öffentlich-rechtlichen Sendern zu sehen.
Europameisterschaften vorerst noch bei ARD und ZDF
Handball bei den grossen Turnieren ist hinter Fussball der TV-Sport Nummer zwei. Ein Beispiel: Das WM-Aus der deutschen Mannschaft im Viertelfinale gegen Portugal sahen durchschnittlich 7,083 Millionen Menschen. Daher hatten ARD und ZDF auch für die Rechte der Heim-WM 2027 und die beiden folgenden Turniere mitgeboten. Die Agentur Sportfive vermarktete die Rechte im Auftrag des Handball-Weltverbandes IHF.
"Natürlich ist auch ein weinendes Auge dabei, weil die Berichterstattung bei ARD und ZDF sehr gut war."
"Ich sehe die neue Situation als grosse Chance an. Es werden künftig in der Breite auch andere Zielgruppen angesprochen. Davon kann der Handball sehr profitieren – vorausgesetzt, dass die Umsetzung gut erfolgt", sagte Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga, dem Sport-Informations-Dienst. Die Reichweiten mit regelmässigen Zuschauerzahlen zwischen fünf und acht Millionen am TV hätten "zu einer deutlich verbesserten Lizenzsumme" geführt: "Es kann der Sportart nur gut tun, dass es mehr als einen Interessenten gab."
"Natürlich ist auch ein weinendes Auge dabei, weil die Berichterstattung bei ARD und ZDF sehr gut war. Das müssen die neuen Rechteinhaber noch unter Beweis stellen", sagte Bohmann: "Da mache ich mir aber keine grossen Sorgen, da ProSieben und Sat.1 Schwergewichte in der Sportberichterstattung und Unterhaltung sind."
Hanning spricht von einer "grossartigen Nachricht"
Bob Hanning sprach von einer "grossartigen Nachricht für den gesamten Handball. Die Anbiederung, sich für wenig Geld an die Öffentlich-Rechtlichen verkaufen zu müssen, ist endgültig vorbei", sagte der Geschäftsführer der Füchse Berlin dem SID: "Das wird uns voranbringen und ganz neue Zielgruppen für unseren Sport erschliessen. Unser Schritt vor zwei Jahren, zu Dyn zu wechseln, geht spätestens jetzt voll auf. Das Gesamtpaket ist einmalig und sichert uns mit Blick auf die kommenden Jahre unfassbare Möglichkeiten." Die Pay-TV-Rechte aller WM-Spiele hat Dyn, das seit der Saison 2023/24 auch die Bundesliga überträgt, erworben.
Die Rechte für die kommenden EM-Turniere haben sich die beiden öffentlich-rechtlichen Sender bereits gesichert. Die Einigung mit der EHF umfasst die EM-Spiele der deutschen Männer- und Frauen-Nationalmannschaften bis 2030. (dpa/sid/bearbeitet von ms)