Sind Sie schlauer als Günther Jauch? RTL hat aus dieser Frage eine eigene Show gemacht und ins Gehirn von Günther Jauch geschaut. Natürlich nur mit einem Test. Herausgekommen sind ein durchschnittliches Ergebnis - und eine durchschnittliche Show.

Christian Vock
Eine Kritik

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Wenn eine Show "Bin ich schlauer als Günther Jauch?" heisst, dann ist die richtige Antwort darauf: Schau'n wir mal. Sollte die Frage aber lauten: "Ist RTL schlau?" - dann muss man auf jeden Fall festhalten: Ja, natürlich. Schliesslich diskutiert, auch wenn hier die Zahlen fehlen, Deutschland seit Jahren insgeheim auf dem Familiensofa, wie es denn um das Hirnschmalz des "Wer wird Millionär?"-Moderators selbst bestellt ist.

Der freundliche Streber von nebenan

Dieser Diskussion hat Jauch selbst natürlich einigen Vorschub geleistet, weil er erstens die Quizshow des Landes moderiert. Jauch selbst zudem bei "Wer wird Millionär?" mit diesem "Ich bin auch nicht klüger als Sie"-Image kokettiert und drittens, weil Jauch so ein bisschen wie dieser freundliche Streber Jochen aussieht, der immer alles wusste. Jeder hatte so einen Jochen in der Klasse.

Alles in allem, so suggeriert diese Zusammenstellung, muss es sich bei Günther Jauch um ein ziemlich schlaues Kerlchen handeln. Objektiv gemessen hat man das natürlich nicht, aber in seiner beruflichen Karriere hat er jedenfalls nicht allzu viele dumme Entscheidungen getroffen. Halten wir also in puncto Schläue bei Günther Jauch fest: Er kommt zurecht.

Bei RTL hingegen muss man nachfragen, warum die Idee zu einer Show wie "Sind Sie schlauer als Günther Jauch?" erst nach 20 Jahren "Wer wird Millionär?" kommt. Es war doch klar, dass man sich als Zuschauer irgendwann gerne selbst einmal mit dem Quiz-Meister Deutschlands messen möchte. Aber gut, Ideen kommen, wenn sie kommen und vielleicht war es ja Günther Jauch, der eine solche Show bisher für keine schlaue Idee gehalten hatte.

„Wir gucken ins Gehirn von Günther Jauch“

Nun jedenfalls hielten es alle für eine schlaue Idee und haben erst einmal, das zeigt RTL in einem kleinen Einspieler, die kognitiven Fähigkeiten des Moderators abgeklopft. Oder wie es der Off-Sprecher formulierte: "Wir gucken ins Gehirn von Günther Jauch." Hier die Gehirnaktivität gemessen, dort ein MRT gemacht und am Ende kommt dabei heraus: Soweit alles in Ordnung bei Herrn Jauch, alles dort, wo es sein sollte.

Das diente natürlich nur dem Vorgeplänkel, nun sollte es also zum Hirnschmalz-Duell kommen. Dafür musste Jauch im Vorfeld und im stillen Kämmerlein Aufgaben lösen. Das Resultat, das Jauch am Abend selbst noch nicht kannte, diente dann als Vergleichsbasis. Zum einen mit den Antworten, die Ilka Bessin, Alice Schwarzer und Sonja Zietlow live im Studio geben mussten, zum anderen mit den Antworten von zuvor 1.000 repräsentativ ausgewählten Deutschen.

Man durfte also gerne zu Hause auf dem Sofa mitarbeiten, doch zuvor galt es noch die Frage zu klären: Was ist denn überhaupt schlau? Wenn man weiss, wie man eine kleine Septime an einen E-Dur-Akkord anhängt oder wenn man weiss, wie man sich ohne Hände am Rücken kratzt? Beides kann einem helfen, es kommt immer auf die Situation an und so erklärt es auch Professor Dr. Martin Korte.

Der Biologe und Leiter des Zoologischen Instituts der TU Braunschweig ist so etwas wie der wissenschaftliche Beirat und gleichzeitig Co-Moderator der Show. Er versteht unter "schlau" jemanden, "der auf ganz ungewöhnliche Weise zur Lösung gelangt". Man muss also kein Einser-Abitur haben, um schlau sein zu können. Oder wie der Volksmund sagt: Man darf ruhig blöd sein, man muss sich nur zu helfen wissen.

Promi-Damen müssen sich durch Kategorien kämpfen

Das war dann auch von den Promi-Damen im Studio gefragt, die sich, wie Günther Jauch zuvor durch Kategorien wie "Orientierung", "Schlau im Alltag" oder "Visuelle Wahrnehmung" kämpfen mussten.

Typische Fragen waren hier zum Beispiel "Wie viele linke und wie viele rechte Hände sind auf dem Bild insgesamt zu sehen?" oder "Wie viele Kühe waren zu sehen und wie viele Geräusche waren zu hören?"

Fragen, die während der vierstündigen Show nicht gestellt, aber trotzdem beantwortet wurden, waren: War es schlau, sich bei der Show wirklich nur auf den Reiz der Frage zu verlassen, ob man schlauer als Günther Jauch ist? Sollte man wirklich weite Teile der Unterhaltungsverantwortung einem Biologie-Professor überlassen, der mit Bandwurmsätzen die Schlauheit seiner Zuschauer auf die Probe stellte?

Kurzum: Auch wenn es zu Beginn hiess, dass es sich bei der Show um keinen Intelligenztest handelt und auch nicht um einen klassischen Wissenstest - es war schlicht egal, welches Etikett die Show trug. Sie erinnerte an all die anderen Intelligenz- und Wissensshows, die es bisher so gab, nur dass man sich dabei eben nicht darauf konzentrierte, was Günther Jauch so unter der Haube hat.

Macht das die Show deshalb weniger spannend? Ja und nein. Einmal sein Oberstübchen mit Deutschland und mit Günther Jauch zu messen, kann ganz lustig sein, auch die kurzen wissenschaftlichen Erklärungen von Professor Korte haben einen kaum dümmer gemacht. Aber irgendwann zog es sich dann doch ein bisschen. Und dieses "irgendwann" kam früher, als man wollte.

Günther Jauch so schlau wie der Durchschnitt

So etwa gegen 21 Uhr war es eben nicht mehr unterhaltsam: Alice Schwarzer dabei zuzusehen, wie bei ihr der Groschen fällt, was er aber in der Regel nicht tat. Es war auch nicht mehr spannend, Sonja Zietlows Beschwichtigungsgesten zuzusehen, während sie sich insgeheim doch freute, die Schlauste zu sein.

Dass RTL bei der Show auch noch das Jahr 2019 2019 sein liess und statt eine App zum Mitmachen anzubieten, auf Zettel und Stift verwies, war noch das geringste Problem. Dass auf einer Showbühne dann tatsächlich noch mit Flipcharts operiert wurde, ein ganz anderes.

Am Ende kam bei dem ganzen Schläuetest heraus, dass Sonja Zietlow schlauer ist, als die meisten. Alice Schwarzer eher nicht, aber aufgrund ihres Alters dann irgendwie doch ein bisschen und Günther Jauch ziemlich genauso schlau wie der Durchschnittsdeutsche. Ob es schlau war, für diese Erkenntnis vier Stunden vor dem Fernseher zu verbringen, ist dann wieder eine ganz andere Frage.

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