In Bosnien finden Hunderte Strassenhunde in einem Asyl und einer Ranch von Bruno Jelovic ein neues Zuhause, in dem sie endlich umsorgt und geliebt werden. Auf Instagram begeistert der Schweizer Hunderttausende Follower mit Einblicken in seine Arbeit. Getan ist sie noch lange nicht.

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Etwa acht Jahre ist es her, als Bruno Jelovic mal wieder seine Familie in Bosnien besuchte. Der gebürtige Bosnier, der seit langem in der Schweiz lebt, machte dabei eine Erfahrung, die sein Leben auf den Kopf stellte. "Bei einem Familienbesuch in Bosnien kam ich an einer improvisierten Müllstelle vorbei", erzählt er. "Mitten in der Natur entsorgen Menschen dort ihren Müll oder werfen ihn in Flüsse oder Bäche." Und noch etwas anderes als Müll hatte jemand dagelassen: Junghunde. "Wir haben den Hunden dann etwas zu essen gegeben. Den einen konnten wir retten und mit nach Hause nehmen, den anderen leider nicht, weil er viel zu viel Angst hatte und nicht zugänglich war", sagt Jelovic.

"Irgendwann fragte mich jemand, ob man dafür spenden könne. Und so kam mir der Gedanke: Wenn ich mehr Geld habe, kann ich auch mehr Hunden helfen."

Jelovic über die Idee, Strassenhunden ein Zuhause zu geben

Nach dieser Erfahrung fuhr er herum und verteilte Futter an Strassenhunde. Das Ganze filmte und postete er in den sozialen Medien. "Das kam gut an", erinnert sich Jelovic. "Irgendwann fragte mich jemand, ob man dafür spenden könne. Und so kam mir der Gedanke: Wenn ich mehr Geld habe, kann ich auch mehr Hunden helfen."

Als "The Godfather of Dogs" hat Jelovic knapp 850.000 Follower

Heute folgen dem Schweizer und Fitness-Coach bei Instagram unter dem Namen "The Godfather of Dogs" knapp 850.000 Menschen. Jelovic gibt sich im Gespräch mit unserer Redaktion bescheiden. "Ich bin eigentlich kein Social-Media-Mensch. Ich wäre viel glücklicher ohne Handy, ohne Instagram, ohne das alles", betont er. "Das ist für mich eher ein Mittel zum Zweck, um den Hunden helfen zu können und um auf ihr Leid aufmerksam zu machen."

Denn die Strassenhunde auf dem Balkan habe kaum jemand auf dem Schirm, sagt er. Die meisten würden vermutlich zuerst an Rumänien, die Türkei oder Griechenland denken. Aber ähnliche Probleme gebe es auch in Bosnien. Die Tiere sind laut dem Verein Save the Dogs BIH häufig abgemagert und krank. Sie müssen im Müll wühlen, um Fressen zu finden. Nicht selten würden die Tiere mit Gegenständen beworfen, getreten, angezündet, vergiftet oder sogar erschossen. Ausserdem würden sie auch für illegale Kämpfe missbraucht.

Nach seinem einschneidenden Erlebnis reflektiert Jelovic viel und sortiert seine Prioritäten neu. Statt Fitness-Content teilt er Videos von Strassenhunden – und die Follower-Anzahl wächst. Er gründet den Verein Save The Dogs BIH und übernimmt ein städtisches Asyl in seiner Heimat. Und damit auch die Verantwortung für die Hunde, für die Mitarbeiter, für die Renovierung. "Auf einen Schlag waren wir für hunderte Hunde verantwortlich", erzählt er.

Seine Arbeit vor Ort finanziert Jelovic durch Spenden und monatliche Beiträge für Hunde-Patenschaften. Die grosse Reichweite auf Instagram ist ein wichtiger Teil des Ganzen. "Ich zeige den Menschen täglich, was mit ihrem gespendeten Geld passiert. Ich mache mindestens drei, vier Posts am Tag, damit die Leute alles live mitverfolgen können", antwortet er auf die Frage, wieso er wohl so viele Follower habe. Über seine Arbeit mit den Strassenhunden hat er auch das Buch "Der Hundebeschützer" geschrieben.

Ranch wird zum neuen Zuhause für hunderte Strassenhunde

Mittlerweile baut der Verein Ranchen. "Der Unterschied zum staatlichen Asyl ist, dass Ranchen sehr viel grösser sind", erklärt Jelovic. "Es gibt mehr Mitarbeiter und das bietet den Hunden in der Regel viel mehr Lebensqualität." Mehrere Hunde leben in verschiedenen Sektoren. Ausserdem gibt es sogenannte Quarantänestationen, in denen Hunde isoliert werden können, die verletzt sind oder sich nicht verstehen.

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Derzeit ist die Ranch 120.000 Quadratmeter gross, sie soll noch auf 240.000 Quadratmeter vergrössert werden. Über 20 Mitarbeiter kümmern sich dort um die mehr als 400 Hunde. Das ist teuer. Laut Jelovic belaufen sich die monatlichen Kosten für die Ranch und das Asyl auf rund 85.000 Euro.

Ranch
Der Ranch-Alltag beginnt für alle um sieben Uhr. © SAVETHEDOGS/Bruno Jelovic

Die Streuner finden auf der Ranch ein neues Zuhause und erfahren einen geregelten Alltag. "Am Morgen wird gereinigt und die Hunde werden gefüttert. Wir schauen, ob es allen gut geht, untersuchen sie zum Beispiel auf Zecken. Auch die Fellpflege gehört zur Routine", berichtet Jelovic. Prinzipiell gehe es darum, Zeit mit den Hunden zu verbringen. "Da zählen auch Spielen und Spaziergänge dazu."

Angst vor Menschen – aber nicht vor anderen Hunden

Der Schweizer setzt auf ein neues Konzept. Anstatt die Strassenhunde ähnlich wie in Tierheimen einzeln einzusperren, leben sie in einem Rudel. "Ich möchte zeigen, dass es auch anders geht", sagt er. Der Vorteil vom Rudelleben sei, dass die Hunde viel voneinander lernten. "Wenn wir einen traumatisierten Hund retten, können wir Menschen schon ziemlich viel erreichen. Aber das, was die Hunde in der gleichen Zeit erreichen, könnten wir im Leben nicht. Sie kommunizieren, sie schauen voneinander ab, sie locken einander aus der Reserve, weil sie mehr Vertrauen zu anderen Hunden haben als zu Menschen."

Hund Kango
Kango lebt jetzt ein Jahr auf der Ranch - und ist nicht widerzuerkennen. © SAVETHEDOGS/Bruno Jelovic

Häufig hätten gerettete Hunde erst mal Angst vor Menschen. Und einige wenige legten diese Angst auch nie ab. "Da müssen wir das Futter hinlegen, weggehen – und erst dann essen sie." Jelovic erlebe immer wieder, wie grausam Menschen sein können, sagt er. "Zum Beispiel lebt ein Hund bei uns, dem die Pfote abgehakt wurde, weil er in den falschen Garten reingelaufen war."

Die meisten Strassenhunde blühen nach ihrer Rettung förmlich auf. Ein rührendes Beispiel ist Hund Kango, den Jelovic vor rund einem Jahr zu sich holte. "Als ich ihn das erste Mal gesehen habe, war er in einem katastrophalen Zustand", erzählt er. "Mittlerweile ist er unser absoluter Alpha-Hund. Es ist so schön zu sehen, wie gut es ihm hier geht."

Jelovic will "das Problem an der Wurzel packen"

Doch mit der Rettung und Unterbringung der Strassenhunde ist es noch nicht getan. Zumindest nicht für Jelovic. "Ich bin der Meinung, dass man das Problem an der Wurzel packen muss. Sonst geht es mit den Strassenhunden so weiter wie bisher", sagt er. "Es ist wichtig, hunderte und tausende Nachkömmlinge gar nicht erst entstehen zu lassen." Darum kastriert sein Verein die Hunde.

Nimmt das Team einen Strassenhund mit auf die Ranch, kommt er dort erstmal in einer eigenen, rund 30 Quadratmeter grossen Quarantäne-Box unter. Dort soll er sich einige Tage an die Umgebung gewöhnen. Dann werde er untersucht, geimpft und kastriert, erzählt Jelovic. Im Anschluss geht es für den Hund nochmal ein paar Tage in die Box – erst dann darf er die anderen kennenlernen.

Das Projekt werde von den Einheimischen mittlerweile dankend angenommen. "Wenn alles gut läuft, bekommen wir demnächst auch finanzielle Unterstützung der Stadt, in der wir aktiv sind", berichtet Jelovic. "Damit kommen wir zwar bei weitem noch nicht über die Runden, aber es ist eine wichtige Botschaft, dass die Politik hinter uns steht."

Sein langfristiges Ziel sei es, mehrere Ranchen zu eröffnen – zwischen 30 bis 50 in Bosnien – und dadurch auch Arbeitsplätze zu schaffen. "Ich will nachhaltige Lösungen schaffen und aufklären", sagt der selbsternannte "Godfather of Dogs".

Über den Gesprächspartner

  • Geboren 1989 in Travnik, Bosnien, flüchtete Bruno Jelovic mit seinen Eltern während des Balkankrieges in die Schweiz. Dort lebte und arbeitete er, baute sich eine Existenz als Fitness-Coach auf, bevor er 2018 das Projekt savethedogsbih.ch gründete, um Hilfe für Strassenhunde in Bosnien zu leisten und Zuneigung zu schenken.

Verwendete Quellen