Oliver Kahn sorgt sich um die internationale Konkurrenzfähigkeit der deutschen Klubs - und um den Wettbewerb in der Bundesliga. Der frühere Bayern-Boss spricht von einer "trügerischen Attraktivität".

Der frühere Vorstandschef des FC Bayern, Oliver Kahn, macht sich "Sorgen" um den Wettbewerb in der Fussball-Bundesliga. "Wir sprechen hier von einer Liga, in der es in 13 Jahren zwölfmal mit dem FC Bayern denselben Meister gab. Das kann auf Dauer nicht gesund sein", sagte der 56-Jährige im kicker-Interview.

Die Liga sei aus seiner Sicht "schon länger nicht mehr der angeblich ehrlichste Wettbewerb, weil sie über 34 Spieltage geht. Was ist daran ehrlich, wenn ein 30- oder 40-Millionen-Kaderbudget gegen ein 300-Millionen-Kaderbudget antritt?", so Kahn. Es müsste "schon viel passieren in den kommenden Jahren, damit sich anderen Klubs die Chance bietet, die Bayern konstant zu gefährden."

Zudem werde der Abstand "durch weitere Wettbewerbe wie die künstlich aufgeblähte Klub-Weltmeisterschaft, bei der die teilnehmenden Top-Klubs weitere Einnahmen generieren, immer grösser", sagte der ehemalige Weltklassetorhüter. "Das System verfestigt sich immer mehr mit der Folge, dass der Meisterkampf vorhersehbar und damit langweilig wird."

Kahn fordert Mut, an bestehenden Systemen etwas zu ändern

Sein Ansatz? "Es gibt kein einfaches Regulativ. Eine realistische Lösung für das Problem müsste an vielen Stellen ansetzen. Das reicht von einer anderen Verteilung der Einnahmen über die Nachwuchsförderung bis hin zu Reformen auf europäischer Ebene. Und vor allem braucht es Mut, auch an bestehenden Systemen etwas zu verändern national wie international", sagte Kahn.

Auch in Bezug auf die Attraktivität des deutschen Fussballs ist Kahn bei Matthias Sammer, der zuletzt heftige Kritik geübt hatte. Kahn sprach von einer "trügerischen Attraktivität. Und da liegt Matthias richtig, wenn er sagt, dass wir uns zu oft die Dinge schönreden, statt die Probleme klar zu benennen. Mentalität, taktische Reife, individuelle Klasse all das muss in Deutschland auf ein anderes Niveau kommen, wenn wir dauerhaft mit den Besten mithalten wollen", forderte er.

Deshalb könne er auch Jungstar Florian Wirtz "gut verstehen", der zum FC Liverpool und nicht zu den Bayern wechselte. Die Bundesliga spiele "international weiterhin nicht die ganz grosse Rolle. Wenn ich mich irgendwo auf der Welt mit Leuten unterhalte, gibt es für die keinen grossen Unterschied zwischen der Bundesliga, Serie A und Ligue 1. Die Premier League und La Liga heben sich deutlich ab."

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Dies sei "kein ganz neues Phänomen, und trotzdem sollte es einen schon nachdenklich machen, wenn einer der besten deutschen Spieler lieber nach England wechselt statt zum FC Bayern." (SID/bearbeitet von lh)