Nationalspielerin Alisha Lehmann verleiht dem Schweizer Frauenfussball eine immense Sichtbarkeit. Doch dafür zahlt sie einen hohen Preis.
Alisha Lehmann zeigt sich auf Social Media in knappen Shorts beim Fussballtraining oder im Bikini am Strand, sie hat 16,7 Millionen Follower auf Instagram und zwölf Millionen auf TikTok – und verbringt nach eigener Aussage doch weniger Zeit am Smartphone als fast alle ihre Teamkolleginnen in der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft. "Ich bin 26, da kann ich doch nicht den ganzen Tag am Handy hocken", hat Lehmann kürzlich der Boulevardzeitung Blick gesagt. Ein Foto zu posten, das dauere nicht mehr als "zwei Sekunden".

Weil
Mit ihren Followerzahlen ist Lehmann eine der bekanntesten und schillerndsten Figuren im Fussball der Frauen. Eine, die das Geschäft auf Social Media verstanden und perfektioniert hat, die mit einem Werbepost für einen Sportdrink angebliche Hunderttausende Euro verdient. Und die damit nicht nur ihrem Konto Gutes tut, sondern einer ganzen Sportart, die mühsam um Aufmerksamkeit ringt.
Unter Lehmanns Postings sammeln sich hasserfüllte Kommentare
Doch unter ihren Postings sammeln sich hasserfüllte Kommentare - oft von Menschen, die die Sportlerin auf ihre Netzaktivitäten reduzieren und ihre fussballerischen Fähigkeiten in Frage stellen. "Ich finde es schade, dass das Negative oft fokussiert wird", sagte Lehmann dem Tagesanzeiger, "ich will Frauen und Mädchen motivieren, Fussball zu spielen, das ist alles." Die Ablehnung macht ihr zu schaffen: "Alle Hasskommentare gegen mich sind auf Schweizerdeutsch", sagt sie, "das trifft mich sehr."
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Durch ihre Nominierung für die EM steht Lehmann nun stärker im Fokus denn je – dabei war lange nicht sicher, ob die Mittelfeldspielerin von Juventus Turin ihr Heimatland würde vertreten dürfen. In Italien meist nur Ergänzungsspielerin, ist sie auch in der Nationalmannschaft trotz ihrer bislang 59 Länderspiele nicht erste Wahl. Das befeuerte die Diskussion, ob Lehmann ausschliesslich aus sportlichen Gründen berufen wurde – oder ob der Verband schlicht auf die Werbefigur nicht verzichten wollte.
Die ehemalige deutsche Nationalspielerin und einstige Schweizer Nationaltrainerin Inka Grings hat dazu eine klare Meinung: "Sie ist ein guter Charakter", sagte die 46-Jährige dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, "von ihrer Art und ihrer Persönlichkeit passt sie sehr gut ins Team. Gepaart mit ihren sportlichen Fähigkeiten, ist für mich ihre Nominierung absolut nachvollziehbar."
Jetzt hat Alisha Lehmann die Chance, ganz Europa zu beweisen, dass sie ihrem Team in mehrerlei Hinsicht helfen kann. (SID/bearbeitet von lh)