Der Star-Trainer kündigt eine Auszeit nach seiner Zeit bei Manchester City an - mit ungewisser Dauer. Das lässt tief blicken, wie gross der Druck im Spitzenfussball sein muss.
Pep Guardiola will nach seiner Zeit bei Manchester City aufhören. Nicht für ein Jahr, wie damals zwischen Barcelona und Bayern München. Sondern für eine unbestimmte Zeit. Vielleicht für immer. "Ich weiss nicht, wie lange ich aufhören werde - ein Jahr, zwei Jahre, drei Jahre, fünf, zehn, fünfzehn", sagt er im Interview mit der spanischen GQ. Das klingt nicht nach einer Pause. Das klingt nach Flucht.
Der 54-Jährige spricht vom katalanischen Wort "badar" - dem ziellosen Verweilen, dem Dasein ohne Zweck. Wie Kühe, die Zügen hinterherschauen. Nach dreizehn Jahren ohne Unterbrechung an der Seitenlinie sehnt sich einer der erfolgreichsten Trainer der Welt nach dem Gegenteil von dem, was ihn gross gemacht hat: nach Kontrollverlust, nach Planlosigkeit, nach dem süssen Nichts.
Diese Sehnsucht offenbart den enormen Druck, unter dem Spitzentrainer heute stehen.
Bemerkenswert ist seine Reflexion über das Scheitern. "Ich freue mich, gescheitert zu sein. Ich liebe Misserfolge", sagt er und attackiert damit die glatte Oberfläche des modernen Fussballs. In einer Branche, die von Siegern lebt und Verlierer vergisst, in einer Gesellschaft, die auf Instagram nur glückliche Gesichter zeigt, bekennt sich Guardiola zum Versagen. Das ist mehr als Koketterie. Es ist eine Kampfansage an die Scheinwelt des Profisports.
Der Fussball frisst seine Besten
Die Ankündigung, möglicherweise 15 Jahre zu pausieren, wirft Fragen auf. Plant Guardiola wirklich nie wieder zu trainieren? Oder ist das die Verzweiflung eines Getriebenen, der keinen anderen Ausweg sieht als die totale Verweigerung? Sein Vertrag bei City läuft noch bis 2027. Zwei Jahre, in denen er versuchen muss, die Balance zwischen seinen drei Zuständen zu finden. Zwei Jahre, bis er endlich den Zügen hinterherschauen kann.
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Guardiolas Geständnis ist ein Weckruf. Wenn selbst die Besten nicht mehr können, stimmt etwas nicht mit dem System. Der Fussball frisst seine Kinder. Und manchmal spuckt er sie aus, bevor sie sich selbst verlieren.
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