Die DFB-Frauen trainieren für die anstehenden Spiele in der Nations League gegen die Niederlande und Österreich. Carolin Simon und Felicitas Rauch sind nicht dabei – und haben Kritik an Bundestrainer Christian Wück geäussert, der mit den beiden nicht gesprochen hat. Auch Nicole Anyomi hat zuvor ihre Stimme erhoben. Laura Freigang hat das Verhalten des Bundestrainers nun erklärt. Warum muss sie das?

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Victoria Kunzmann sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Der "Elefant im Raum" sei das gewesen in den vergangenen Tagen. Seit dem Wochenende sind die DFB-Frauen in Bremen zusammengekommen, um sich auf die beiden Nations-League-Spiele gegen die Niederlande und Österreich vorzubereiten. Und statt "der Elefant im Raum" müsste man auch eher "die Elefanten im Raum" sagen. Elefanten namens Felicitas Rauch, Nicole Anyomi, Lena Oberdorf, Carolin Simon.

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Denn für Aufsehen bei den DFB-Frauen sorgten in den vergangenen Wochen nicht diejenigen Spielerinnen, die Trainer Christian Wück nominiert hat, sondern diejenigen, die nicht spielen – oder die er erst gar nicht nominiert hat. Haben die DFB-Frauen ein Kommunikationsproblem? Wie der Bundestrainer (nicht) kommuniziert – und wie Stürmerin Laura Freigang einen Erklärungsversuch abgab.

Rauch und Anyomi beklagen fehlende Erklärung – Verwirrung auch um Oberdorf

Aussenverteidigerin Felicitas Rauch entledigte sich bei Social Media ihrem Frust, nachdem sie nicht nominiert wurde. Sie wünscht sich eine "viel transparentere Kommunikation" und eine Erklärung dafür, dass sie nur auf Abruf nominiert wurde. Auch Simon und Anyomi, die beide länger nicht eingeladen wurden, hatten bereits öffentlich ausgedrückt, dass sie keinen Kontakt zu Wück hatten. Simon sagte im Interview mit unserer Redaktion, bisher habe es "einen persönlichen Austauscht noch nicht" gegeben.

Frankfurts Stürmerin Anyomi, die die meisten Torbeteiligungen in der abgelaufenen der Frauen-Bundesliga-Saison vorweist (14 Tore, neun Assists), wunderte sich Anfang Mai, dass es "keinen konkreten und direkten Austausch" gegeben habe. Zum aktuellen Lehrgang wurde sie eingeladen, kann aber verletzungsbedingt nicht dabei sein. Dafür ist Oberdorf dabei, die seit ihrem Kreuzbandriss im Juli kein Spiel für die FC Bayern Frauen absolviert hat.

Sie soll beim Lehrgang dabei sein, aber nicht spielen, erzählte Oberdorf in ihrem Podcast "Popcorn und Panenka". Zuletzt war sie mit der Bayern-Mannschaft beim "World Sevens Football"-Turnier in Lissabon, trainierte dort mit, spielte aber ebenfalls keine Sekunde. Was ist Wücks Plan mit Oberdorf? Das versteht (noch) niemand.

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Freigang, die mit Anyomi im Angriff bei Eintracht Frankfurt spielt, versuchte auf der DFB-Pressekonferenz am Dienstag, Christian Wücks Verhalten zu erklären. "Der Christian ist neu zur Mannschaft dazugekommen, er muss wahrscheinlich auch seinen Weg finden. Und wir müssen ihn auch in gewisser Weise verstehen können", sagte Freigang auf Nachfrage unserer Redaktion und forderte Zeit ein, in der sich der Bundestrainer an Mannschaft und Prozedere gewöhne.

Innenverteidigerin Rebecca Knaak von Manchester City ergänzte: "Wir hatten eine interne Besprechung, vom Trainerteam ausgehend." Heisst: Wück und seine Assistentinnen Saskia Bartusiak und Maren Meinert haben gemerkt, dass sie der Stimmung entgegensteuern müssen. Aber warum kam es überhaupt so weit?

Linder und Kett statt Simon und Rauch: Wie Wück sich erklärt

Mit dem Amtsantritt Wücks bei den DFB-Frauen hat sich einiges verändert: Einige langjährige Stamm- und Führungsspielerinnen haben die Mannschaften vor kurzem verlassen – etwa Alexandra Popp, Marina Hegering, Svenja Huth, Melanie Leupolz, Merle Frohms. Das ist ein Hauptgrund, weshalb der 51-Jährige viel experimentiert und acht Spielerinnen zu ihrem A-Nationalmannschaftsdebüt verholfen hat. 33 Spielerinnen kamen insgesamt zum Einsatz. Bisherige Stammspielerinnen sind daher nicht mehr unbedingt gesetzt.

Wück setzt gern jüngere Spielerinnen ein, die in seine Spielweise passen. Für die Linksverteidiger-Position heisst das: Franziska Kett und Sarai Linder bekommen den Vorzug vor Rauch und Simon. Die 32-jährige Bayern-Spielerin etwa ist deutlich offensivorientierter, aber langsamer als beispielsweise ihre Bayern-Kollegin Kett. Für seine Spielweise benötigt Wück aber Aussenverteidigerinnen, die schnell und stabil in der Defensivarbeit – und gleichzeitig konterstark sind. Das hat er zuletzt auf einer Pressekonferenz durchblicken lassen.

"Es ist nun mal so, dass wir auf dieser Position maximal zwei Spielerinnen mitnehmen können", hatte Wück dazu einmal gesagt. Er hoffe, "dass die individuellen Fähigkeiten, die eine Linder und auch eine Kett haben, uns als Mannschaft mehr helfen". Dass das Vorgehen bei Nominierungen bei den Frauen vielleicht ein anderes ist als bei den U-Mannschaften, die Wück vorher trainiert hat, wird der Franke spätestens jetzt gemerkt haben.

Immer wieder Probleme in der Kommunikation

Fakt ist: Anyomi, Rauch und Simon sind nicht die ersten, die mangelnde oder unbefriedigende Kommunikation bei den DFB-Frauen bemängeln. Torhüterin Merle Frohms warf Interimsbundestrainer Horst Hrubesch schlechte Kommunikation vor, sie habe sich "mehr Transparenz" gewünscht, als sie degradiert wurde und nicht mehr die Nummer eins im Tor war. Als Folge trat sie aus der Nationalmannschaft aus.

Mit der vorigen Erfolgstrainerin Martina Voss-Tecklenburg gab es ebenfalls Reibereien, vor allem bei der WM 2023 in Australien, wie beispielsweise aus der ARD-Doku "Born for this" hervorgeht. Dazu zählt zum Beispiel die sehr späte Kadernominierung oder die vielen kleinen Botschaften in den Hotelzimmern der Spielerinnen mit Tipps und Regeln. Auch ihr Abtauchen nach dem WM-Aus sorgte für Irritationen bei den Spielerinnen.

In knapp einem Monat beginnt die EM in der Schweiz, bei der die DFB-Frauen das klare Ziel haben, um den Titel mitzuspielen, wie Lea Schüller zuletzt im Interview mit unserer Redaktion klarstellte. Bis dorthin sollte die Kommunikation zwischen Spielerinnen und Trainerteam kein Problem mehr darstellen – das würde allen Beteiligten helfen.

Verwendete Quellen

Teaserbild: © Kirchner-Media/IMAGO/David Inderlied