Am 5. Juli startet die Tour de France. Ein Highlight ist jährlich die Schlussetappe, bei der der Gesamtsieger auf den Champs Elysées feiert. In diesem Jahr fährt das Klassement zusätzlich dreimal den Pariser Hausberg Montmartre hinauf. Ex-Sprinter Marcel Kittel erklärt, wie die Streckenänderung bei Fahrern und Fans ankommt.
Die olympischen Spiele in Paris elektrisierten die Massen. Von der schönen Pariser Kulisse profitierten Anfang August 2024 auch die 90 Radrennfahrer, die sich auf knapp 270 Kilometern an der Seine und den Pariser Schlössern vorbeischlängelten. Das besondere Highlight: die vielen euphorischen Fans, die die Fahrer am Butte Montmartre anfeuerten.
Den Pariser Hausberg kletterten die Fahrer dreimal hinauf – ein besonders mühsamer Streckenabschnitt, denn über 1,1 Kilometer geht es mit 6,5-prozentiger Steigung auf Kopfsteinpflaster nach oben. Ein Highlight, das auch die Streckenplaner der Tour de France fasziniert hat.
Ein Olympia-Highlight für die Tour, das die bisherigen Regeln aushebelt
Die Begeisterung rund um die Olympia-Streckenführung hat dazu geführt, dass der Aufstieg zum Butte Montmartre nun zur 120 Kilometer langen Schlussetappe der diesjährigen Tour de France gehören wird – und aus dem letzten Streckenabschnitt eine Bergwertung macht. Der Technische Direktor der Tour, Thierry Gouvenou, sagt dazu: "Das hatten wir bisher nicht im Programm. Aber als wir diese Euphorie gesehen haben, war uns klar: Das wollten wir in ähnlicher Forma auch versuchen." Dass die Tour de France vor 50 Jahren erstmals auf den Champs Elysées endete, war für die Streckenplaner ein zusätzlicher Anlass, dieses Jahr ein Highlight zu bieten.
Die letzte Etappe 2025 führt die Fahrer am 27. Juli nach der ersten Einfahrt nach Paris dreimal über Kopfsteinpflaster zum Montmartre hinauf. Danach rollen die Fahrer auf den Champs Elysées dem Ziel entgegen. Statt des üblichen Champagners für den Toursieger wartet nun eine harte Etappe mit einem unklaren Ende, wie es Ex-Radprofi Marcel Kittel beschreibt: "Bisher gab es unausgesprochene Regeln zwischen den Rennfahrern auf der letzten Etappe", sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion, "jetzt fragt man sich, ob das Rennen tatsächlich erst auf der Ziellinie vorbei ist - oder ob man noch immer die Absprache einhält, dass man sich gegenseitig nicht attackiert."
Wie die neue Streckenführung auf der Schlussetappe die Tour beeinflusst
Ob die Strecke ein genauso grosses Highlight wie im vergangenen Jahr wird? Mehrere Topfahrer der Tour äusserten bereits Bedenken. "Montmartre macht die Tour unnötig kompliziert, nach drei harten Wochen sorgt das für noch mehr Erschöpfung und Stress", sagt etwa Remco Evenepoel. Auch der zweimalige Tour-Sieger Jonas Vingegaard ist skeptisch: "Bei Olympia sah das schön aus. Aber da waren 50 Fahrer zusammen, jetzt sind es 150 im Positionskampf – keine gute Idee."
Auch Ex-Sprinter Marcel Kittel spricht von einer "ganz anderen Fahrdynamik", die durch den Montmartre in die letzte Etappe, aber auch in die komplette Tour kommt. "Ob es noch zu einem klassischen Sprint kommt, ist total unsicher. Und auch, was das für die Fahrer im Klassement bedeutet." Sprich: Es könnte sein, dass die Tour de France dieses Jahr erst auf der letzten Etappe entschieden wird. Und: Es ist nicht sicher, dass ein Massensprint – wie sonst üblich – diese Etappe entscheidet. Kittel geht aber weiterhin davon aus, dass es für die Sprinter "auch dieses Mal darum geht, auf den Champs Elysées zu sprinten."
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Mehr Stress für die Fahrer, mehr Spannung für die Zuschauer
Auch wenn die neue Streckenführung für die Fahrer eine Anspannung bis zum Schluss bedeutet: Für Zuschauer an der Strecke in Paris und auch für die Radsportfans am Fernseher bedeutet die Änderung mehr Spannung. "Als Zuschauer denke ich mir, dass das schon ein geiles Finale wird", sagt Kittel.
Nach ruhigen ersten zehn Tagen beginnt die Härte der Tour ab der zweiten Woche. Auf der zwölften Etappe wartet die Bergankunft in Hautacam, einer der schwersten Berge in den Pyrenäen. Danach geht es den bekannten Col du Tourmalet hinauf, die Fahrer kommen nach rund 5000 Höhenmetern an. Ebenfalls sehr herausfordernd wird der Mont Ventoux in der Provence mit seinem harten Anstieg.
Die besten Chancen auf den Gesamtsieg sieht Kittel bei Tadej Pogačar – er und seine Teamkollegen von UAE Emirates haben einige Vorbereitungsrennen dominiert, etwa das Critérium du Dauphiné und die Tour de Suisse. "Die Kombination aus Fahrer und Mannschaft UAE Emirates ist schwer zu schlagen. Wenn Pogacar nicht stürzt und gesund bleibt, wird es sehr schwer für die anderen", lautet Kittels Fazit. Man wird also sehen, ob der Toursieg auf der Schlussetappe schon entschieden ist.
Quellen:
- Gespräch mit Marcel Kittel am 24.06.2025
- Sportschau.de: Wie verändert der Montmartre das Tour-Finale?
- Olympics.com: Paris 2024 enthüllt die Strecken für den Olympischen Strassenradsport
- sportschau.de: 21. Etappe: Mantes-La-Ville - Paris (120 km)
- Tageblatt.lu: Radsport - Schikane wie gemalt: Montmartre-Finale missfällt den Tour-Künstlern