Deutschland nörgelt über fehlende Stars und Sat.1 füllt "Promi Big Brother" weiter mit D-Promis. Die ersten Kandidaten 2025 sorgen kaum für Glanz. Ob das Format noch echte Überraschungen liefert, bleibt fraglich.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das Lieblingshobby der Deutschen ist Nörgeln. Diese oftmals als Klischee heruntergespielte Pauschalcharakterisierung lässt sich bei näherem Hinsehen leicht belegen. Oft reicht bereits ein Blick in die Kommentarspalten der einschlägigen Social-Media-Plattformen: Wetter Mist, Politik Mist, Job Mist, Fernsehprogramm Mist, Nachbarn Mist. Und dann wird auch noch alles teurer. Besonders einig ist man sich im Land der 80 Millionen hochbegabten Nobelpreisdenker allerdings in einer Sache: Deutschland hat keine Stars mehr.

Wo früher noch Ausnahmetalente wie Karl Lagerfeld, Michael Schumacher, Willy Brandt, Marlene Dietrich, Claudia Schiffer, Romy Schneider, Johann Wolfgang von Goethe oder Siegfried und Roy die deutsche Fahne in der grossen, weiten Welt hochhielten, haben wir heute Harald Glööckler, Heino und Jimi Blue Ochsenknecht. Kein Wunder also, dass das Sat.1-Etikettenschwindel-Format "Promi Big Brother" Probleme hat, eine hochkarätige Containerbesatzung für die jeweils nächste Staffel zusammenzustellen. Nach 12 Staffeln "Promi Big Brother" wird es inzwischen schwierig, überhaupt noch jemanden zu finden, den man theoretisch wenigstens googeln könnte.

Traditionell gibt der passionierte Freizeit-Fatalist vor dem TV-Bildschirm von der heimischen Couch aus eigentlich in jeder PBB-Saison den enttäuschten Starromantiker. PBB, das ist kein fancy TikTok-Star, den niemand kennt, der älter ist als 17 Jahre, aber dafür wirklich jeder im Alter von 8 bis 16. PBB, das ist die Abkürzung für "Promi Big Brother". Jahr für Jahr also gibt Sat.1 ganz stolz seinen Kader für das Dschungelcamp-Trainingslager bekannt. Und Jahr für Jahr reflektiert es aus den Wohnzimmerlogen der Fangemeinde: Also dieses Jahr ist aber jetzt wirklich niemand mehr dabei, den man ernsthaft als Star bezeichnen könnte. Die Promi-Bilanz der ersten Kandidatenlisten liest sich wie ein Konkursverfahren mit Restschuldbefreiung.

Unpromi Big Brother

Da macht das Jahr 2025 keine Ausnahme. Um den Spannungsbogen so dramatisch wie möglich aufrechtzuerhalten, ist Sat.1 schon vor einigen Jahren dazu übergegangen, den Cast für PBB häppchenweise in den Wochen vor Staffelstart an die Medien durchsickern zu lassen. Und man muss wirklich sagen: Dieses Jahr ist in Köln-Ossendorf bislang nicht unbedingt das Jahr der Renaissance der A-Promis eingeläutet worden. Stand heute stehen als PBB-Containerprotagonisten der Eliteklasse von 2025 nämlich fest:

Andrej Mangold

Der ehemalige Basketballspieler hatte sich vor einigen Jahren durch seine toxische Meisterleistung im "Sommerhaus der Stars" eigentlich selbst ins TV-Koma geprügelt und galt seither als Quotengift. Zu viele überwoke Kommentarspalten-Rambos mit überdurchschnittlich verteilter Tagesfreizeit warten nur darauf, an die unangenehmsten Momente von Andrej Mangolds Sommerhaus-Performance zu erinnern, sobald er auch nur in die Nähe eines TV-Formates kommt. Sat.1 hat ihm nun offenbar verziehen und schickt ihn in die diesjährige PBB-Mission.

Vielleicht aber ja auch nur in der Hoffnung, Mangold würde in alter Routine womöglich wieder reihenweise Katastrophen-Schlagzeilen über seine charakterlich fragwürdigen Handlungsoptionen im Alleingang produzieren. Für TV-Formate aus der Kategorie Reality gilt ja immer noch die alte intellektuelle Problemzonen-Weisheit: Any publicity is good publicity. Die Hoffnung scheint also vorzuherrschen, Mangold könne sich nach dem Sommerhaus in der von Jochen Schropp und Marlene Lufen betreuten Fastprominenten-WG ein zweites Mal selbst beerdigen.

Sarah-Jane Wollny

Sarah-Jane Wollny ist vermutlich eine der Kult-Töchter, deren Namen Clanchefin Silvia Wollny einst noch einfiel, als sie den halben Familienstammbaum die Treppe hoch brüllte? Neben Sarah-Jane rezitierte die PBB-Gewinnerin von 2018 seinerzeit auch noch die Kerninhalte der Geburtsurkunden von: Sylvana, Sarafina, Estefania, Peter, Calantha, Loredana, Mucki und Flo. Wer erinnert sich nicht gerne?

Achim Petry (51)

Qualifiziert sich offiziell als Schlagerstar. Seinen D-Promi-Status verdankt Achim Petry allerdings nicht unbedingt seiner engelsgleichen Stimme, sondern seiner DNA. Er ist der Sohn von Schlagerlegende und Armband-Museum Wolfgang Petry. Obwohl man da nicht zu gemein sein sollte. Sein Song "Rosalie" soll sich 2013 ungefähr 34-mal verkauft haben.

Christina Dimitriou

Kenne ich nicht. Ich habe auch Julian F.M. Stoeckel gefragt. In Berlin kennt Christina Dimitriou niemand. Wir kennen die nicht.

Karina2you

In Zeiten von Delphine Malou oder Wilson Gonzales ist natürlich vieles denkbar, aber Karina2you scheint mir nicht mal ein legal lizenzierter Name zu sein. Ansonsten: siehe Christina Dimitriou.

Michael Naseband

Leider kein plastischer Chirurg mit Schwerpunkt Rhinoplastik. Das wäre lustig. Laut Senderangaben ein TV-Ermittler. Also jemand, der selbst im Fernsehen nur so tut, als würde er im Fernsehen arbeiten. Vermutlich sowas wie Jürgen Trovato. Und selbst den kennt niemand. Obschon der sogar eine PBB-Vergangenheit vorweisen kann: 2019 war Michael Naseband Teil des Insolvenzvermeidungs-Ensembles, wurde aber bereits als dritter von den Zuschauern vor die Tür gesetzt. Da waren sogar Ginger Wollersheim, Sylvia Leifheit und Almklausi beliebter.

Laura Blond

Siehe Christina Dimitriou. Eine kurze Google-Recherche ergibt aber immerhin einen wertvollen optischen Hinweis: Laura Blond ist tatsächlich blond. Anders als etwa Reinhard Mey, der im Dezember geboren ist, oder Nina Hagen, die aus Ost-Berlin kommt, hat da der Nachname noch einen Bezug. Ausserdem sieht Laura Blond ein bisschen aus wie die uneheliche Tochter von Tatjana Gsell und Lukas Podolski. Gsell schaffte es einst immerhin in den nichtprominenten Ableger "Big Brother". Bei Podolski dauert es noch drei, vier Jahre, bis er über eine Teilnahme bei PBB nachdenkt. Hihi, nachdenkt. Ja. Ich weiss.

Falls Sie sich jetzt fragen, wer diese Leute sind: Herzlichen Glückwunsch, Sie sind offiziell prominenter als die Hälfte des Casts. Alles in allem sind diese ersten sieben Kandidaten zusammen etwa halb so bekannt wie Jenny Elvers. Die gewann 2013 die erste Staffel PBB. Auch wenn es inzwischen zu einer Art Legendenspiel geworden ist, die PBB-Belegschaft mit Kommentaren wie "Wer ist das?" oder "Da ist ja meine Oma prominenter" zu belegen, muss man als zertifizierte Trash-TV-Chronistin durchaus anmerken: Hier muss Sat.1 bei der anderen Hälfte der PBB-Teilnehmer, die demnächst verkündet wird, noch deutlich nachbessern.

Prominenz im Endstadium

Die Promidichte ist in jeder Pommesbude in Berlin höher, das ist schon länger kein Geheimnis. Dabei hat man durchaus einen Ruf zu verlieren. Es ist ja nicht so, als hätten sich von jeher bei der Köln-Ossendorfer Containersause für TV-Dropouts mit Ex-Promi-Hintergrund immer nur eigenhändig von Sat.1 zu Promis ernannte TikTok-Grössen und Menschen versammelt, die vor 30 Jahren das letzte Mal namentlich im Fernsehen erwähnt wurden.

Immerhin gaben sich schon echte Boulevardgrössen wie Martin Semmelrogge, David Hasselhoff, Nino de Angelo, Désirée Nick, Anja Schüte, Joachim Witt, Evelyn Burdecki, Katja Krasavice, Werner Hansch, Jörg Draeger, Katy Karrenbauer, Jörg Knör, Jörg Dahlmann, Jeremy Fragrance oder Max Kruse die Gemeinschaftsschlafraumklinke in die Hand. Ich hätte da also direkt abgeleitet von den Top-Schlagzeilen der Woche drei sensationelle Vorschläge:

1. Roberto Blanco

Der als Vater von Patricia Blanco bekannt gewordene Sänger schoss dieser Tage gegen den ZDF-Fernsehgarten, den er als "Auslaufmodell" titulierte. Nun begeht Roberto Blanco inzwischen sein 89. Lebensjahr und sein letzter Nummer-1-Hit ist älter als ich. Wenn sich also jemand mit Auslaufmodellen auskennt, dann er.

2. Amira Aly

Die Frau, die Oliver Pocher berühmt gemacht hat, punktet diese Woche mit folgender lasziver Nachricht: "Amira mit Zuversicht und wenig Stoff in die Zukunft". Wenn also einer Karriere im professionellen Rauschgifthandel aufgrund unzureichender Produktverfügbarkeit keine guten Chancen eingeräumt werden: Warum nicht mal bei PBB anheuern? So schlösse sich auch ein Kreis. 2013 moderierte ihr Ex-Mann Oliver Pocher die allererste Staffel PBB. Amira Aly war damals so ungefähr 12 Jahre alt. Es blieb übrigens Pochers einzige Staffel als Moderator. Wenn man so will, hat er mehr Ex-Frauen als PBB-Staffeln.

3. Gloria-Sophie Burkandt

Die Tochter von Verbrenner-Aus-Legende Markus Söder machte zuletzt mit mehreren Top-Schlagzeilen Furore. Zunächst erschütterte sie die Öffentlichkeit und insbesondere Kai Diekmann im ProSieben-Quotenfiasko "Der dümmste Promi Deutschlands" mit der Offenbarung, sie kenne Helmut Kohl nicht. Anschliessend folgte eine bedenklich katastrophale Darbietung beim öffentlichen Kopfrechnen. Gloria-Sophie Burkandt ist so gut in Mathe wie Lothar Matthäus in Oxford-Englisch.

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Den sogenannten Vogel (vegan natürlich) schoss sie dann allerdings mit folgender Breaking News ab: "Söder-Tochter Gloria Burkandt macht neue Liebe öffentlich". Wobei, so richtig öffentlich dann wiederum auch nicht. Bei den bekanntesten Promi-Wettsaufen-Festspielen Europas, dem Münchner Oktoberfest, gab sie zuletzt zu, sie sei glücklich vergeben. Wer ihr Herz erobert hat, behielt sie allerdings für sich. Nur so viel konnten die noch nicht betrunkenen Investigativ-Journalisten aus ihr rausquetschen: Er ist Amerikaner. Das wäre doch mal ein Coup: Söder-Tochter gesteht bei "Promi Big Brother" ihre Beziehung zu Leonardo DiCaprio.

Ich hoffe, Rainer Laux liest hier mit. Ansonsten: Grüsse an Jochen Schropp und Marlene Lufen und am 6. Oktober geht es los mit "Promi Big Brother". Für weitere Skandal-Schlagzeilen ist also mit Sicherheit gesorgt. Mein Tipp für den 20. Oktober, also den Tag des PBB-Finales, lautet: Gewinner wird jemand, von dem wir heute noch nicht mal wissen, dass er existiert. Und das ist immerhin konsequent.