Obwohl sich auch die in Südafrika auf dem RTL-Gnadenhof für Phantom-Karrieren gestrandeten Aufmerksamkeits-Trüffelschweine Tina Ruland, Filip Pavlović, Harald Glööckler, Anouschka Renzi, Peter Althof, Linda Nobat und Manuel Flickinger inzwischen im dritten Jahr einer Pandemie befinden und ziemlich lange das Tanzbein nicht mehr schwingen durften, hat an Tag 11 im Dschungelcamp niemand Lust auf ein Fest. Insbesondere nicht auf ein Stehfest.

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Zu spürbar sind noch die Nachwehen der Zwangsdiät, die Prüfungsverweigerer Eric Stehfest dem Team am Vorabend mit seiner Ego-Rache-Show verordnet hat. Ausgerechnet die spirituelle Speerspitze des diesjährigen Schweinehoden-Verköstigungs-Kaders streikt sich ins Abseits. Auch das Jugendwort des Jahres 2022 steht damit eigentlich bereits heute fest: "Ich stehfeste heute". Das heisst im Sprachjargon der urbanen Cool Kids in etwa: "Ich lasse euch alle hängen."

Stichwort Jugend: Hoffentlich gibt es möglichst viele Überschneidungen zwischen Dschungel-Fans und Teilnehmern an Fridays for Future Demos. Am Beispiel von Eric können die dann nämlich mal live miterleben, wozu das alles führen kann, wenn man dauernd Prüfungen schwänzt.

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Sigmund Freud-Pavlović analysiert

Der Löwenanteil des Montags geht entsprechend für die unterschiedlichen Nachbereitungs- und Analyse-Talkrunden drauf. IBES – Ein Camp sucht nach Antworten. Der Markus Lanz der Lagerfeuer-Lowperformer, Filip, bespricht den Vorfall mit der Anne Will der "Playboy"-Häschen, Linda. Seine Beurteilung fällt wie folgt aus: "Eric hat ein Problem damit, dass ich ein Problem mit ihm habe."

Oder wie Leonardo DiCaprio sagen würde: Problem-Inception. Im Netz ist direkt Montags-Spaziergang der Pavlović-Ultras. Die Filip-Fans haben natürlich ein Problem damit, dass Eric ein Problem damit hat, dass Filip ein Problem mit ihm hat.

Der weitergehende Befund von Psychoanalytiker Filip lautet: "Der Junge ist besessen davon, andere zu beobachten" und "Eric ist eine tickende Zeitbombe". Der Sigmund Freud der Generation TikTok skizziert da ein Profil, das auch auf so ziemlich jeden Serienkiller in zweitklassigen amerikanischen TV-Serien passen würde.

Ein Serienkiller in der Abgeschiedenheit des Dschungels, der sich unter eine wehrlose Gruppe zusammengewürfelter Freizeit-Camper mischt. Ich ahne Schlimmes. Wenn es schlecht läuft, findet "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus" dieses Jahr erstmals auch in der ARD in der Primetime statt. Nämlich im "Brennpunkt".

Auch Anouschka Renzi spürt einen Hauch von unkontrollierter, toxischer Männlichkeit durch das Dschungelcamp wehen: "Ich mag Eric eigentlich, aber ich habe regelrecht Angst, ihn anzusprechen". Silikonbusenfreund Harald Glööckler ist ebenfalls schockiert: "Der wollte nie in die Prüfungen gehen. Da ist sein Plan, Stress machen!"

Ja, ich sach ma, wie konnte es dazu kommen?

Pragmatischer sieht es Camp-Maskottchen Manuel: "Wenn das Erics Einstellung ist, man kann ihn ja nicht festbinden." Naja. Wohl noch nie "Herr der Fliegen" gelesen. Oder "50 Shades of Grey". Parallel blockiert das Corpus Delicti, Eric, den gesamten Vormittag das Sprechzimmer, um die Wogen zu glätten und dem teamworkverliebten TV-Publikum seine Beweggründe näher zu bringen: "Ich versuche gerade, bei mir anzukommen." Ehrlich gesagt, Eric – ich glaube, da hast du den Bus verpasst.

Das ist aber nur meine Meinung. Der Rest der Nation lässt sich womöglich von Erics Erklärungsversuchen überzeugen. Der setzt auf seine bewegte Vergangenheit als Auslöser für seinen egomanischen Rachefeldzug: "Ich war zehn Jahre lang drogenabhängig. Da arbeiten Stimmen in einem. Dieses Gefühl hatte ich hier plötzlich. Ich habe grosse Angst, wieder dieser Junkie zu werden." Als er sich gestern plötzlich emotional ausgenutzt vorkam, brach es aus ihm raus: "Es geht nicht, dass wir die Menschen da draussen anlügen."

Das würde ich unterschreiben. Andererseits darf auch nicht vergessen werden, dass Eric genau diesen Menschen bereits so evidenzbasierte Storys wie die aufgetischt hat, er hätte im Jahr 1311 schon mal gelebt und dort bereits seine heutige Frau kennengelernt. Die grössten Ekelprüfungen scheinen für Eric nicht Ochsenhoden oder verfaulte Eier zu sein, sondern das Aushalten der Geschichten seiner Mitcamper. Bei seinen eigenen drückt er aber schon mal ein Auge zu. Filip dagegen wird nicht geschont: "Filip hat meine Persönlichkeit beleidigt, andere haben mir Lügengeschichten erzählt und meine Reaktion war, ihr kriegt kein Essen von mir."

Der Glööckler von Notre Dame im Dschungelcamp

Dringend diskussionswürdig erscheint vor diesem Hintergrund nebenbei gesagt übrigens auch, wie es Eric Stehfest eigentlich durch den psychologischen Dschungel-TÜV schaffen konnte, der vor Absegnung der finalen Kandidatenliste obligatorisch ist? Auch ein kommerzieller Spass-Sender hat Verantwortung.

Nicht nur für seine Mitarbeiter und sein Publikum, sondern selbstverständlich auch für seine Kandidaten. Gelegentlich, und das ist kein Phänomen, das in der Historie des Reality-TV noch nie vorgekommen wäre, muss man seine Protagonisten auch vor sich selbst schützen. Hier könnte man sich im Hause RTL in Zukunft womöglich noch etwas sorgfältiger zeigen.

Nach Erics Globalbeichte am Dschungel-Telefon kommt es auch analog in Camp zum Showdown am Feldbett. Harald, der Mann, der mit seinem Nebensatz, es wäre nichts von dem wahr, was er im Camp so erzählt, den Komplettaussetzer von Eric überhaupt erst ausgelöst hatte, wird zum Versöhnungs-Katalysator. Eric erklärt ihm: "Mit deiner Aussage hast du erschüttert, ob ich dir vertrauen und dir glauben kann. Ich könnte sowas nicht akzeptieren."

Glööckler gelingt es jedoch mit einem exzellenten Konrad Adenauer Move wie aus dem Lehrbuch, Erics Trauma aufzulösen: "Ich habe dir nur Dinge erzählt, die 100% wahr sind." Beide sind den Tränen nahe, als Eric die bislang schönste Liebeserklärung der Saison adressiert: "Ich habe dich ins Herz geschlossen und das war auch der Grund, warum es mich so getroffen hat."

Es folgen Schluchzen, tiefe Blicke, Erleichterung und innige Umarmungen. Sogar ein pompööser Schmatzer auf die Wange besiegelt die Versöhnung. Harald ist zufrieden. Eine Mitschuld sieht er allerdings nicht. Für den Lieblingsdesigner von Elton Johns Hausmeister ist die Sache klar: "Erics Ego hat Wahnvorstellungen erzeugt."

Das sagt Edith Stehfest zur Dschungelprüfung-Absage ihres Mannes

Das hat es im Dschungelcamp noch nie gegeben: Eric Stehfest sollte mit Peter Althof zur Dschungelprüfung antreten, doch der Ex-GZSZ-Schauspieler verweigerte die Teilnahme und gab als Grund seine Mitcamper an. Was sagt seine Ehefrau Edith dazu? © ProSiebenSat.1

Canossa ist keine Snack-Salami

Die beinahe romantische Atmosphäre des allabendlichen Lagerfeuer-Stuhlkreises nutzt Eric dann zu seinem persönlichen Gang nach Canossa: "Ich wollte euch sagen, dass es mir leidtut. Das kommt von Herzen. Es ist bei mir ein Thema hochgekommen, von dem ich dachte, ich hätte es schon verarbeitet."

Sogar bei Erzfeind Filip tut er Busse: "Ich hatte dich nicht von Anfang an auf dem Kicker und ich hoffe, wir bekommen es hin, noch noch etwas näher zu rücken". Fast schon euphorisch beschreibt er seine Lernkurve der vergangenen 24 Stunden: "Es gibt so viele Vorurteile über den Dschungel, aber jetzt weiss ich, dass ihr echte Menschen seid."

Eine tolle Service-Meldung auch für alle Zuschauer, die bislang davon ausgegangen waren, das Dschungelcamp wäre in einem TV-Studio in Köln-Hürth aufgebaut und die Bewohner wären aufwändig erstellte 3D-Avatare.

Alle finden Erics apologetischen Realtalk rührend. Naja. Alle, ausser Filip. Dennoch reicht er Eric die Hand und beteuert, die Vergangenheit ruhen zu lassen und sich eine liebevolle Restzeit im Camp zu gestalten. Schwamm drüber.

Stichwort Schwamm: Chefnörglerin Linda Nobat hat noch etwas auf der Pfanne: Das einzige und daher unentbehrliche Kochutensil im Lager ist eine gusseiserne Pfanne. Die ist jedoch mittlerweile verrostet. Schnell in den Baumarkt, reklamieren und umtauschen - geht nicht.

Während der Fehleranalyse wird die Schuldige schnell identifiziert: Anouschka hat die Pfanne mit dem Eisenschwamm gereinigt. Ein schwerer Fehler. Das lernt man doch schon im Hauswirtschaftskurs auf der Grundschule!

Linda ist entsetzt, Anouschka ist genervt: "Es fällt mir schwer, mich von jemandem erziehen zu lassen, der 30 Jahre jünger ist. Linda ist sehr anstrengend. Sie steht vorne und dirigiert das ganze Camp. Es wird immer danach gesucht, wie man jemanden ankacken kann." Mehr Lust auf Ankacken als Linda haben offensichtlich nur noch die Affen in den Bäumen. Grüsse an Filip an dieser Stelle.

Das Stehfest der Liebe

Zur Dschungelprüfung wird anschliessend beinahe einstimmig Filip gewählt. Seine Herausforderung heisst "Hokus Lokus". Mit anderen Worten: Filip wird durchs Klo gespült. In der südafrikanischen Dschungel-Kanalisation begegnen ihm allerlei Untergrundbewohner. "Mutanten-Kakerlaken" zum Beispiel, Ratten oder Krokodile. Rohrtaucher und Tierliebhaber Vieh-Lip lässt sich davon nicht beirren und erspielt sensationelle acht von acht Punkten.

Auch Erics Seelenstriptease trägt am Abend Früchte. Sein von Dschungelcamp-Kennern eigentlich als sicher betrachteter Abgang entfällt. Die Zuschauer wählen nicht ihn auf die Pole Position der Abschussliste, sondern Tina Ruland. Enttäuschung bei allen, ausser bei Anouschka.

Hatte sie doch noch Sekunden vor der Verkündung freimütig zugegeben, auf ihre eigene Abwahl zu hoffen. Selbstverständlich könnte auch Pfannen-Expertin Renzi per "Ich bin ein Star, holt mich hier raus" das Exit-Ticket selbst buchen.

Vor der gesamten Zuschauerschaft, dem interessierten Moderationsduo Hartwich/Zietlow und der entsetzen Rechtsabteilung von RTL plaudert sie jedoch aus, warum das für sie keine Option ist: Wenn man freiwillig aussteigt, erhält man eine geringere Gage.

Anouschka Renzi ist also auf die Gnade zur Ungnade des Publikums angewiesen. Ob es ihr morgen gelingt, die Dschungelcamp-Fans an den TV-Geräten zu Hause zu überzeugen, sie endlich zu exmatrikulieren – ich werde berichten!

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