Was verbinden Sie mit Rockmusik? E-Gitarren? Klar. Heavy Metal? Warum denn nicht. So hat man auch in der "Fernsehgarten"-Redaktion gedacht, als man aus der neuesten Ausgabe einen "Rock-Garten" machen wollte. Bei anderen Programmpunkten brauchte man als Zuschauer aber doch ein bisschen mehr Fantasie, um den Rock darin zu erkennen.
Der "ZDF-Fernsehgarten", das müssen Freund und Feind anerkennen, ist ein Phänomen. Hier zimmert zwischen Mai und September das Team des ZDF Sonntag für Sonntag ein wildes und wirres Programm zusammen, das trotzdem einem bestimmten Motto folgen soll. Das gelingt mal gut, mal weniger, das Phänomenale dabei ist aber, dass die Menschen immer in Massen auf den Mainzer Lerchenberg strömen, egal wie das Motto lautet.
Schlager, Malle, Oktoberfest, Discofox –
Der trägt, dem Motto angemessen, ein T-Shirt seiner Lieblingsband Rapsody of Fire, Kiewel erscheint mit weissem Oberteil und Hose im Zebra-Muster – ein kleines Omen für die folgenden zwei Stunden.
Kiewel und Rockmusik – eher nicht so
Denn während Metal-Fan
Statt also mit Rock-Expertise zu glänzen, flüchtet sich Kiewel bei ihren musikalischen Gästen in Floskeln wie "Ist auch 'ne wirklich krasse Nummer" oder "Ich liebe diesen Song". Das kann man allerdings zu fast jedem Auftritt sagen, wenn man denn will. So richtig echt ist ihre Rock-Begeisterung also nicht, aber wie authentisch wäre es, wenn Kiewel sich in jedem Genre zuhause fühlte?
Dementsprechend egal dürfte es Kiewel angesichts ihrer Ahnungslosigkeit auch gewesen sein, wer da am Sonntagmittag auf der "Fernsehgarten"-Bühne auf dem Lerchenberg steht und das Rock-Playback aufdreht: The Rasmus, The Sweet, Bülent Ceylan, Smash into Pieces, Wind Rose, Battle Beast, Gotthard, Bad Loverz, Enemy Inside und Induction sind trotzdem gekommen.
Was nicht passt, wird passend gemacht
Musikalisch darf man das "Fernsehgarten"-Motto "Rock" also ohne schlechtes Gewissen als erfüllt ansehen, man muss die Show ja nicht gleich als "Wacken auf dem Lerchenberg" hochjubeln, wie Kiewel den "Fernsehgarten" mit dem Metal-Festival zu vergleichen versucht.
Beim nicht-musikalischen Programm bekommt die Rock-Ausgabe allerdings nur ein "geht so" verliehen, aber das Rahmenprogramm zeigt eindrücklich, warum der "ZDF-Fernsehgarten" zu jedem Motto zu passen scheint und jedes Motto zum "ZDF-Fernsehgarten".
Zum Beispiel beim Essen. Da hat Kiewel den "Kitchen-Achim" eingeladen, der Mini-Pizzen zubereitet. Kiewel verkauft das als "Wacken-Food", hätte in jeder anderen Ausgabe daraus aber auch "Schlager-Schnittchen" oder "Hiphop-Häppchen" machen können. Eine ähnliche Flexibilität hat das "Fernsehgarten"-Team beim Handwerksgast gezeigt.
Hier kommt ein Zimmerer, der eine Anleitung für einen Holz-Totenkopf zeigt, denn laut Kiewel ist der Totenkopf "das Symbol der Rockmusik". Bei einer Schlagerausgabe hätte der Zimmerer allerdings auch funktioniert und vielleicht eine Diddl-Maus ausgesägt.
Ähnlich verhält es sich bei dem Magier, der auf den Lerchenberg gekommen ist. Der sucht sich vier Zuschauer aus, die er "auf das perfekte Rock-Date mitnehmen" möchte. In der Praxis müssen die vier Zuschauer nur sagen, wo, wie lange, mit welcher Band und wie kostspielig dieses Date sein soll.
Am Ende will der Magier genau diese vier Angaben bereits vorher auf Holztäfelchen geschrieben haben, die er dann auch präsentiert. "Der kann Gedanken lesen, denk lieber nichts", rät Kiewel Hoëcker. Wahrscheinlich aber nicht, die eigentliche Magie des Mannes liegt eher darin, dass er denselben Trick auch mit einem Schlager- oder Pop-Publikum hätte machen können.
Ganz neue Erfindung: der Vollbart
Was nicht passt, wird eben passend gemacht, aber manchmal gerät dieser Spruch auch an seine Grenzen. Zum Beispiel bei den sportlichen Gästen. Den Satz "Wenn die Musik krass ist, muss der Sport natürlich auch krass sein", hält Kiewel für eine gute Überleitung zum Hyrox, einem Sport-Wettkampf, bei dem allerlei Gewichte geschoben, gewuchtet und gezerrt werden, was zwei Hyrox-Sportler dann auch vorführen. Doch so sehr da auch die Eisen gestemmt werden – so richtig rockig wird es nicht.
Auch nicht, als zwei Herren der Barber-Angels, einer Initiative, die Obdachlosen mit kostenlosen Haarschnitten hilft, ein paar Bärte frisiert. Immerhin will Kiewel hier einen Trend ausgemacht haben: "Diesen fetten Vollbart, das ist relativ neu", behauptet die Moderatorin und dürfte überrascht sein, wenn sie feststellt, dass die Rasur ein noch neuerer Trend ist als der Bartwuchs.
Den Abschluss der nicht-rockigen Gäste bildet ein Mann, der so viele Backflips wie möglich macht. Da fällt selbst Kiewel keine passende Rock-Überleitung ein, aber vielleicht hat der Mann ja einen Schwippschwager, der mal wegen eines Metal-Konzertes im Stau stand.
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Aber wie wichtig ist so eine Motto-Treue denn für die Zuschauer? Wahrscheinlich überhaupt nicht und so werden nach der Pause am kommenden Wochenende auch wieder die Massen auf den Lerchenberg strömen, dann zum Motto "Der Fernsehgarten singt". Und da kann man dann wirklich alles machen, was man will.