Der Erfolg des G7-Gipfels in Kanada hängt auch von Donald Trump ab. Es ist der erste multilaterale Gipfel, an dem der US-Präsident seit seiner Rückkehr ins Weisse Haus teilnimmt. Die Länderchefs sind gewappnet.
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Das G7-Treffen ist der erste multilaterale Gipfel, an dem US-Präsident Donald Trump seit seiner Rückkehr ins Weisse Haus teilnimmt. Für die Gipfelpartner geht es darum, den unberechenbaren Rechtspopulisten zu besänftigen, einzubinden – und diplomatischen Schaden abzuwenden. Welche Strategien haben die anderen Gipfelteilnehmer im Umgang mit ihm entwickelt?
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will Beziehungen stärken
Bewährungsprobe geglückt: Das erste Treffen des neuen Kanzlers mit dem US-Präsidenten im Weissen Haus ging ohne Eklat über die Bühne. Was eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, gilt in der Ära Trump schon als diplomatischer Erfolg. In Kanada geht es Merz darum, das zarte Pflänzchen seiner Beziehung zu Trump zu pflegen. Er sucht weiter das Gespräch.
Nach dem Treffen im Weissen Haus fasste Merz sein Fazit zum Umgang mit der Trump-Regierung so zusammen: "Man kann mit ihnen reden, aber man darf sich nicht einschüchtern lassen." Und: "Hören wir mal auf, mit erhobenem Zeigefinger und gerümpfter Nase über Donald Trump zu reden."
Letztlich geht es um die Handlungsfähigkeit der westlichen Staatengruppe in einer aus den Fugen geratenen Welt. Die G7 verstehen sich traditionell als Hüter einer dialogorientierten und regelbasierten Weltordnung. Ein Ausscheren der USA würde den Westen als globalen Akteur weiter schwächen – zur Freude Russlands und Chinas.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nutzt Trumps Schwäche für Prunk
Neben Deutschland und den USA gehören noch Kanada, Frankreich, Japan, Italien und Grossbritannien der G7-Gruppe an. Seit Trumps Rückkehr ins Präsidentenamt gibt es grosse Differenzen zwischen den USA und den restlichen G7-Staaten etwa im Umgang mit Russland und der Ukraine, in der Zollpolitik sowie bei Themen Klimaschutz und Entwicklungshilfe.
Keiner der G7-Chefs kennt Trump schon so lange wie der französische Präsident Emmanuel Macron. Nach aussen hin demonstrieren beide einen freundschaftlichen Umgang. Ihr Verhältnis ist aber regelmässig durch Spannungen belastet, welche aus ihrer sehr unterschiedlichen Weltsicht herrühren. Aktuell steht es nicht zum Besten zwischen den beiden Staatsmännern. Auf dem Weg zum Gipfel machte
Generell bemüht sich Macron aber, ein enges Verhältnis zu pflegen – und dabei auch Trumps Schwäche für Pracht und Prunk für sich zu nutzen: Der Besuch der Pariser Militärparade zum Nationalfeiertag auf Einladung Macrons etwa beeindruckte Trump so nachhaltig, dass er am Samstag in Washington eine ähnliche Parade abhalten liess.
Britischer Premier Keir Starmer setzt auf Schmeicheleien
Trump hat Chaospotenzial: Er könnte einen Eklat provozieren und den Gipfel platzen lassen. Multilateralen Institutionen wie den G7 misstraut er zutiefst. "Trump sieht solche Foren vor allem als Einengung der USA", sagte die Europaexpertin Rachel Rizzo von der Denkfabrik Atlantic Council. "Er betrachtet sie nicht als geeignetes Mittel, Macht und Einfluss der USA auszuweiten." Druck von Seiten der G7-Partner werde sich Trump nicht gefallen lassen.
Statt auf Druck setzt der britische Premierminister
Starmer braucht auch deshalb gute Beziehungen zu Trump, weil die Wirtschaft seines Post-Brexit-Landes auf Handelskontakte mit den USA angewiesen ist. Der Brite konnte offenbar im Weissen Haus punkten. Trump befand: "Ich denke, er ist ein guter Mensch. Ich mag ihn."
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni pflegt herzliche Beziehung
Auch mit Italiens Ministerpräsidentin
Trumps Zuwendung wertete Meloni international auf: Ihr könnte eine Rolle als Vermittlerin in Streitfragen zwischen Europa und den USA zufallen, etwa im Zollstreit. Dass Meloni als gute Freundin von Trumps Ex-Kumpel Elon Musk gilt, dürfte inzwischen kein Plus mehr für sie sein.
Kanadas Premier Mark Carney verfolgt Balanceakt
Für Kanadas Premierminister und G7-Gipfelgastgeber ist Trump der vermutlich unangenehmste Gast. Schliesslich zeugt es nicht von nachbarschaftlichem Geist, dass Trump den Kanadiern die Eigenstaatlichkeit absprechen und sie den USA als 51. Bundesstaat einverleiben will. Zudem wäre kein anderes Land so schwer von US-Zöllen betroffen wie Kanada, dessen Wirtschaft engstens mit den USA verflochten ist.
Kananaskis als Austragungsort des Gipfels
- Schon zum zweiten Mal findet der G7-Gipfel im kanadischen Kananaskis statt. Kananaskis liegt im Siedlungsgebiet verschiedener indigener Gruppen, die in Kanada "First Nations" (Erste Nationen) genannt werden. Der Gipfel findet auf dem Territorium der Konföderation der Blackfoot-Völker und der Tsuut’ina-Nation statt.
- Bei der Gipfelplanung bemühte sich Kanadas Regierung um die Einbindung der indigenen Gruppen, dennoch gab es im Vorfeld Kritik von deren Seite: Sie betraf die Einschränkungen durch die massiven Sicherheitsvorkehrungen und die von der Regierung angebotene Entschädigung.
Japans Ministerpräsident Shigeru Ishiba versucht es mit Lob
Der japanische Ministerpräsident währenddessen war einer der ersten Staatsgäste nach Trumps Vereidigung. Mit Lobhudeleien rang Ishiba seinem Gastgeber im Oval Office ein breites Lächeln ab: Eine "sehr starke Persönlichkeit" sei Trump. Ishiba weiss: Japan braucht die USA – als Absatzmarkt, aber auch als Garant seiner Sicherheit, insbesondere angesichts eines auftrumpfenden Chinas.
Ishiba dürfte genau Shinzo Abe, einen seiner Vorgänger, studiert haben: Abe galt weltweit als "Trump-Flüsterer" par excellence, durch viele persönliche Treffen hatte Abe ein ungewöhnlich enges Verhältnis zu Trump aufgebaut. Abes Charme geht dem spröden Ishiba zwar ab. Er umschmeichelt Trump aber mit Angeboten, etwa für die US-Energie- und Rüstungswirtschaft.
Israel und Iran auf der Agenda
Aus aktuellem Anlass wird die militärische Auseinandersetzung zwischen Israel und dem Iran weit oben auf der Agenda stehen. Die Unterhändler der G7 ringen um eine gemeinsame Stellungnahme. Kanzler Merz und die europäischen Partner wollen zudem bei Trump für schärfere Sanktionen gegen Russland und mehr Hilfe für die Ukraine werben. Auch um Wege zur Beilegung des von Trump entfesselten Zollstreits soll es gehen.
Auf eine ausführliche Abschlusserklärung, mit der ein G7-Gipfel normalerweise die gemeinsamen Positionen formuliert, soll von vornherein verzichtet werden – zu ungewiss wäre es, ob Trump sich hier einbinden liesse. Es soll aber sachbezogene Einzel-Erklärungen geben – etwa zur Wirtschaftssicherheit, zur Versorgung mit kritischen Rohstoffen, und zur Zusammenarbeit bei neuen Technologien. (afp/bearbeitet von ras)