Die Sky-Expertin Julia Simic spielte früher für den FC Bayern München und ist heute Nachwuchstrainerin bei Eintracht Frankfurt. Vor dem Duell dieser Mannschaften am Samstagabend vergleicht Simic im Gespräch mit unserer Redaktion die beiden Vereine.

Es dürfte ein torreiches Spiel werden. Mit Eintracht Frankfurt und Bayern München treffen am Samstagabend (18:30 Uhr, live auf Sky) die beiden besten Offensiven der Bundesliga aufeinander. Tabellenführer FC Bayern erzielte in den ersten fünf Saisonspielen 22 Tore, Frankfurt ebenfalls beachtliche 17 Tore.

Und dennoch ist die Ausgangssituation der beiden Vereine komplett unterschiedlich. Der FC Bayern tankte unter der Woche weiter Selbstvertrauen, als sie in der Champions League mit 5:1 gegen den zyprischen Verein Pafos FC gewannen. Frankfurt hingegen kassierte eine bittere 1:5-Niederlage gegen Atletico Madrid.

Junge Mannschaft von Frankfurt hat Schwankungen

"Das Problem der vielen Gegentore zeigt sich teilweise auch in der Liga", sagt die Sky-Expertin Julia Simic im Gespräch mit unserer Redaktion. "Sie spielen über den ganzen Platz mit viel Mut, aber auch mit viel Risiko und bekommen die Defensive nicht ganz geschlossen. Das ist eine sehr junge Mannschaft. Daher gibt es Schwankungen."

Frankfurt zeigte teilweise unterschiedliche Gesichter. Am ersten Spieltag der Champions League gewannen sie noch spektakulär mit 5:1 gegen den türkischen Top-Verein Galatasaray. Daher sei Frankfurt auch in der Bundesliga vieles zuzutrauen: "Vom Potenzial her können sie voll angreifen. Die Top-3 sind möglich, wenn sich die Mannschaft wie erwartet entwickelt. Sie haben die Qualität dazu."

Dennoch sei die Ausgangssituation für den deutschen Rekordmeister besser: "Auf der anderen Seite stehen die Bayern, die ihre Pflichtaufgaben souverän und beeindruckend meistern. Die Bayern zeigen im Gegensatz zu Frankfurt nur ein Gesicht – und das ist hungrig und souverän. Ich erwarte am Samstag ein Spiel mit vielen Toren."

Die Eintracht wächst extrem schnell

Simic kennt die beiden Vereine gut. In ihrer aktiven Zeit spielte sie von 2005 bis 2013 für den FC Bayern in der Bundesliga. Seit Juli 2023 ist sie als Trainerin für den Frauen-Nachwuchs zuständig. Erst war sie zwei Jahre Co-Trainerin der U20, nun ist die 36-Jährige als Cheftrainerin der U20 hauptverantwortlich. Sie stellt eine positive Entwicklung im Verein fest.

"Ich bin jetzt im dritten Jahr bei der Eintracht. Wenn ich sehe, was seitdem hier passiert ist, ist das enorm. Der Verein wächst extrem schnell in allen Bereichen und auf allen Ebenen. Was die Eintracht auszeichnet, ist, dass sie sehr, sehr gute Leute haben, die nach aussen hin extrem stabil wirken. Markus Krösche (Sportvorstand), Axel Hellmann (Vorstandsmitglied), Timmo Hardung (Sportdirektor) – das wirkt alles extrem einig."

Hier sieht Simic Frankfurt gegenüber München sogar im Vorteil: "Das ist vielleicht im Moment auch das, wonach sich Bayern sehnt und wonach sie streben. In Frankfurt halten sie auf der Führungsebene zusammen und funktionieren als Kollektiv. Das hat auch den FC Bayern über viele Jahre ausgezeichnet, aber in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr ganz so."

Lücke zwischen Frankfurt und Bayern wird kleiner

Dennoch gibt es laut Simic noch gewisse Unterschiede zwischen den beiden Vereinen: "Was die Ansprüche, die Internationalisierung, den Markt und das Ansehen angeht, ist Bayern natürlich noch deutlich voraus. Aber die Diskrepanz und die Lücke wird kleiner."

Zumal Frankfurt den Spielern ein tolles Umfeld bieten. "Die Stadt Frankfurt ist definitiv stark im Kern. Ich habe schon öfter gehört, dass Spieler sich teilweise für Frankfurt entscheiden, weil du eine tolle Infrastruktur und eine tolle Anbindung hast", sagt Simic aus Erfahrung.

"Im Frankfurter Rush ist viel los, aber du kannst in der Umgebung auch die Ruhe geniessen. Das ist ein Grund dafür, dass Mario Götze oder auch einige andere Spieler hier so gerne leben. Auch junge Spieler kommen gerne hierher, weil sie sich hier gut entwickeln können."

Es genügt nicht, sich auf Harry Kane zu konzentrieren

Und doch stellt sich die grosse Frage, wie diese junge Mannschaft den FC Bayern vor Probleme stellen soll. "Frankfurt muss das Spiel gegen Atletico ausklammern und den Schwung aus den vorherigen Spielen mitnehmen. Sie haben in jedem Spiel getroffen, teilweise sogar mehrfach", sagt Simic.

Empfehlungen der Redaktion

"Allerdings hat man auch in jedem Spiel Gegentore bekommen. Daher stellt sich die Frage, wie viel Mut angebracht ist. Es würde nicht einmal genügen, sich auf Harry Kane zu konzentrieren und ihn aus dem Spiel zu nehmen. Dafür sind sie auf zu vielen Positionen gut besetzt."

Über die Gesprächspartnerin

  • Julia Simic (Jahrgang 1989) spielte in ihrer aktiven Zeit unter anderem für den FC Bayern München, den VfL Wolfsburg, West Ham United und den AC Mailand, absolvierte ausserdem zwei Länderspiele für die deutsche Nationalmannschaft. Im Mai 2021 beendete sie ihre Karriere. Heute arbeitet sie als TV-Expertin bei "Sky". Zudem ist Simic Trainerin der U-20 Frauen von Eintracht Frankfurt.