Das neue Fifa-Turnier verspricht einen Wettbewerb der weltweit besten Mannschaften. Nur ist das Leistungsgefälle so gross, dass Bayern München das erste WM-Spiel gegen Auckland City 10:0 im Spazier-Modus gewann. Wo liegt der Sinn darin?
Wer Auckland City vorher auch nur den Hauch einer Aussenseiterchance gegen den FC Bayern München eingeräumt hatte, musste hinterher zugeben: Er hat keine Ahnung von Fussball. 10:0 fertigte der Deutsche Meister das überforderte Amateurteam ab. Das ist nicht schlimm und kann passieren – wenn man ein Freundschaftsspiel bestreitet oder die Pokal-Auslosung eine üble Konstellation wollte.
Aber der Kantersieg entsprang keinem Zufall: Der Weltverband Fifa trommelte die angeblich 32 besten Vereinsmannschaften aus allen Kontinenten zusammen, damit sie bei der Klub-WM ihren Weltmeister ausspielen – ohne Rücksicht auf Qualität oder Leistungsgefälle. Das lief schief. Dieses WM-Turnier ist aufgebläht und blamiert die Vereine, denen man Gutes tun wollte.
Trotzdem sollte man die Klub-WM nicht ignorieren, sondern in den USA vor Ort sein. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sieht im neuen XXL-Format eine grosse Chance. Das kann man nachvollziehen. Die Fifa schüttet ungefähr eine Milliarde Euro an die teilnehmenden Vereine aus, den Grossteil an Traditionsklubs wie Borussia Dortmund. Da sieht man über Unzulänglichkeiten gerne hinweg.
Klub-WM: Idee gut, Umsetzung schlecht
Der BVB muss Dienstag ran und bekommt mit dem brasilianischen Vertreter Fluminense eine härtere Nuss vorgesetzt. Die Idee dahinter ist eigentlich schön. Wann sonst haben deutsche Teams Pflichtspiele gegen Mannschaften aus anderen Ecken der Welt? Das Vorrundenspiel PSG gegen Atlético (4:0) war zwar das bisher beste Turniermatch. Aber die Paarung klingt schon nach Champions League. Dafür braucht man keine Klub-WM.
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Der Fehler liegt nicht an der Idee, eine Weltmeisterschaft für Vereinsmannschaften auszurichten, sondern an der Umsetzung. Fifa-Präsident Gianni Infantino neigt halt zum Grössenwahn: Je mehr Teilnehmer seine Veranstaltungen aufbieten können, desto weiter spannt er das Netz in seinem Weltreich. Die kleinen Vertreter werden alles tun, was er will, damit sie beim Konzert der Grossen mitspielen dürfen. Auch bei allen Wahlen.
Spitzensport verlangt Spitzenleistungen – auch bei der Klub-WM
Ist das gut für den Fussball? Einerseits ja: Entwicklungshilfe beginnt ja dort, wo man nicht sportliche Gründe alleine entscheiden lässt, sondern ein Auge zudrückt – Dabeisein kann alles sein. Andererseits nein: In einem Wettbewerb der Besten will man auch nur die Besten sehen – und nicht Spieler, die eine gute Ballbehandlung für Reinigungsarbeiten halten. Spitzensport verlangt Spitzenleistungen.
Der frühere Arsenal-Trainer Arsene Wenger, bei der Fifa inzwischen "Direktor für globale Fussballförderung", haute bei den "kicker"-Kollegen einen verräterischen Satz raus: "Klub-Fussball ohne Klub-WM ist ein unvollständiges Produkt." Da stecken zwei Unverschämtheiten drin. Erstens: Der Weltfussball kam 95 Jahre sehr gut ohne Klub-WM aus. Zweitens: Fussball ist kein Produkt, sondern eine Lebenseinstellung.
Über den Autor
- Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fussball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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