Galatasaray sind mit Leroy Sané und Victor Osimhen gleich zwei Transfercoups gelungen. Für den türkischen Klub ist es der Start einer neuen Offensive im europäischen Fussball. Nach jahrelanger Dominanz in der heimischen Liga steckt sich der Klub höhere Ziele – und hat den Champions-League-Sieg im Visier. Woher kommen die Millionen für die neuen Spieler?
Mit Fanschals, Trikots, Plakaten, gar rot leuchtenden Bengalos auf den Strassen in der Stadt begrüssten die Fans
Bei Victor Osimhen war die Begeisterung sogar so gross, dass seine Ankunft am Flughafen einen Rekord-Internet-Datenstrom am Standort Istanbul auslöste. Als der nigerianische Stürmer aus dem Flugzeug stieg, machten tausende Fans gleichzeitig Fotos und Videos, schliesslich war Osimhen gerade türkischer Rekordtransfer geworden.
Galatasaray erhöht Kapital durch Aktien: Sportlicher Erfolg macht reich?
75 Millionen Euro hat sich Galatasaray Osimhen kosten lassen, vergangene Saison war er bereits von SSC Neapel ausgeliehen, nun zahlte der türkische Topklub weit mehr als für jeden anderen Spieler jemals zuvor. Üppige Gehälter (rund 20 Millionen Euro pro Jahr bei Osimhen und bis zu zwölf Millionen Euro bei Sané) kommen obendrauf. Bisheriger Toptransfer in der Süper Lig: 19,5 Millionen Euro, die Fenerbahce für Youssef En-Nesyri ausgab. Spätestens jetzt – mit den beiden Toptransfers – soll Galatasaray in der europäischen Spitze ankommen, sportlich wie finanziell.
Vor rund drei Jahren begann das Umdenken: Nachdem die Mannschaft am Ende Saison 2021/22 nur den 13. Tabellenrang in der Süper Lig erreicht hatte, wollte Präsident Ursun Özbek mehr. Er verpflichtete Erden Timur als Fussballchef – ein Schachzug, der sich als clever erwies. Galas Glanzzeit begann, die bekannten Spieler kamen. Neben Sané und Osimhen spielen auch Topstars wie Mauro Icardi und Davinson Sanchez für die Türken.
Hinter all den Millionen, die der Klub für die Spieler ausgeben kann, stecken mächtige Kapitalerhöhungen. "Einer der Gründe, weshalb Galatasaray so viel Geld ausgeben kann, ist die Kapitalerhöhung durch Aktien", erklärt Muhammet Duman, türkischer Sportjournalist, der bis vor kurzem für die Zeitung "Hürriyet" arbeitete, unserer Redaktion. "Galatasaray hat die Aufmerksamkeit von Spitzenunternehmen und Personen auf sich gezogen, die in die Türkei investieren möchten." Dazu zählen einige der wertvollsten Unternehmen der Türkei, wie etwa die Unternehmensgruppe Pasifik Holding, die neuer Brustsponsor wird, oder die Fluggesellschaft Turkish Airlines und der Lebensmittelkonzern Ülker. Durch prominente Spieler und den sportlichen Erfolg wollen sich mehr Unternehmen finanziell beteiligen, sagt Duman.
Galas Vizepräsident Niyazi Yelkencioğlu verkündete nach einem weiteren Deal laut "aa.com": "Wir haben die 70-Millionen-Dollar-Marke bei den Sponsoring-Einnahmen überschritten. Das ist ein Rekord in unserer Geschichte. Darauf wollen wir weiter aufbauen." Was die Vereinsführung lieber verschweigt: Galatasaray ist, wie die anderen Istanbuler Topklubs auch, hoch verschuldet und war in den vergangenen Jahren auf staatliche Unterstützung angewiesen.
Goldgrube Florya: Altes Trainingsgelände bringt etliche Millionen Dollar
Zusätzlich winken dem 25-fachen türkischen Meister viele Millionen Euro durch das Metin-Oktay-Trainingsgelände im Villen-Stadtteil Florya. Es sei "vor etwa 50 Jahren erbaut" worden, sagt Duman und war früher enorm wichtig für den Klub. Das neue Trainingsgelände Galatsarays ist jedoch wesentlich moderner und geografischer günstiger gelegen.
Mit dem neuen Eigentümer Nivak hat Galatasaray einen Beteiligungsdeal abgeschlossen: Nivak errichtet auf dem Gelände in dem beliebten Stadtteil Wohn- und Gewerbeimmobilien, der Klub erhält 50 Prozent. Das entspricht umgerechnet rund 300 Millionen Euro. Eine erste Tranche von 50 Millionen Euro soll direkt für den Osimhen-Deal weiterverwendet worden sein. Fakt ist aber auch: Die komplette Summe besitzt Galatasaray noch nicht.
Das Ziel ist der Champions-League-Sieg: Doch wie nachhaltig ist Galas Politik?
Dreimal in Folge hat Galatasaray nun bereits die Süper Lig gewonnen, pro Titel gab es rund zehn Millionen Euro. In der Champions League soll die Gruppenphase überstanden werden, längerfristig ist das Ziel ein anderes: "Galatasaray konzentriert sich derzeit mit aller Kraft auf den wichtigsten Titel Europas", sagt Duman. Er hält grösseren sportlichen Erfolg nicht für unwahrscheinlich, der aktuelle Kader sei "der beste der Geschichte". Ein Kader, der allerdings vor allem aus gekauften Spielern besteht, die Nachwuchsarbeit ist in den vergangenen Jahren wenig gefördert worden.
Der Fall Alvaro Morata zeigt aktuell ausserdem, wie Transfers beim türkischen Topklub nicht laufen sollten: Nachdem Milan die Leihe des Spaniers vorzeitig abgebrochen hatte, forderte Gala eine Kündigungsgebühr von fünf Millionen Euro, Morata verzichte auf rund 600.000 Euro.
Der Stürmer kritisierte anschliessend: "Es gab Momente, in denen das gegebene Wort und die Achtung grundlegender Werte nicht eingehalten wurden", schrieb er bei Instagram. "Bis zum Schluss wurden die gemachten Zusagen nicht eingehalten, sodass mir nichts anderes übrigblieb, als auf einen Teil meines Gehalts und andere vertragliche Rechte zu verzichten, die ich mir durch meine Arbeit bereits verdient hatte."
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Geld allein macht noch keinen Champions-League-Sieger – aber schaden tun die Millionen sicher auch nicht. Und wenn sich die missglückten Transfers in Grenzen halten und die geholten Spieler einschlagen, hat Gala zumindest die Chance, nicht nur in der heimischen Liga zu glänzen.
Über den Gesprächspartner
- Muhammet Duman ist Sportjournalist bei der türkischen Tageszeitung Hürriyet im Ressort Spor Arena. Er berichtet aus Izmir vor allem über Fussball.