Das "RTL Turmspringen" ist wieder da und die Teilnehmer zauberten am Freitagabend mit ihren Bauchplatschern und Rückenklatschern die schönsten Facetten der Farbe Rot auf ihre Körper. Andere Kandidaten mussten verletzungsbedingt schon vorher die Segel streichen. Sportliche Glanzleistungen gab es aber auch – und einen wenig überraschenden Sieger.

Christian Vock
Eine Kritik
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"Ab zweimal ist es Tradition", begrüsst Frank Buschmann die Zuschauer am Freitagabend aus dem Europasportpark Berlin und erzählt damit nur die halbe Wahrheit. Denn tatsächlich findet das Turmspringen erst zum zweiten Mal bei RTL statt, zuvor klebte aber von 2004 bis 2015 das ProSieben-Logo auf dem Promi-Wassersport-Event. Und wirklich viel hat RTL nicht geändert – aus gutem Grund.

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Denn zum einen sind die Möglichkeiten beim Promi-Turmspringen begrenzt: Promi, Turm, Springen, fertig. Vor allem aber hat, damals wie heute, Stefan Raab seine Finger im Spiel und der weiss, wie man eine Dauerwerbesendung auf die Beine stellt und RTL weiss, dass Raab das weiss. Also hat der Sender mal in seine Trash-TV-WhatsApp-Gruppe gepostet, ob nicht irgendjemand bei der Promi-Springerei mitmachen möchte.

Geantwortet haben Calvin Kleinen, Jolina Mennen, Benedikt Sigmund, Irina Schlauch, Marc Terenzi, Tobias Wegener, Céline Denefleh, Adriano Salvaggio, Gigi Birofio, Fabian Hambüchen, Thomas Drechsel, Timur Ülker, Samira Klampfl, Serkan Yavuz, Lucy Diakovska, Nadja Benaissa, Lars Tönsfeuerborn, Arleen Schüssler, Simon Brunner, Janique Johnson und Laura Dahm. Eigentlich wollte sich auch noch René Casselly mit den anderen in die Tiefe stürzen, doch dazu gleich mehr.

Viele Trainingsunfälle und Absage des Favoriten

Wer jetzt bei dem einen oder der anderen ein Fragezeichen im Gesicht hat, muss sich nicht schämen, im Gegenteil. Denn zum einen ist es doch relativ wurscht, ob da nun der Zweitplatzierte vom Dschungelcamp oder die Achte beim "Bachelor" vom Turm springt. Eine Wurschtigkeit, für die RTL und Co. mit ihrem Überangebot an Trash-TV-Shows selbst gesorgt haben. Ausserdem stellt der Off-Sprecher jeden Teilnehmer noch einmal ironisch vor und sorgt damit für die wenigen lustigen Momente der Show.

Für einen Teilnehmer war die Show bereits im Vorfeld nicht besonders lustig und damit wären wir bei René Casselly. Der Artist sitzt zwar auch mit Bademantel in der Schwimmhalle, darf aber nur mitteilen, dass ihm der Arzt von einer Teilnahme abgeraten hat. Der Grund: Bei einem Trainingssprung vom Zehn-Meter-Brett sind ihm beide Trommelfelle geplatzt. "Vielleicht ein bisschen zu viel riskiert", beschreibt Casselly das Offensichtliche.

Casselly ist nicht der einzige, der sich beim Training Blessuren zugezogen hat. Von blauen Flecken kann jeder Teilnehmer erzählen, doch Vanessa Mariposa verletzte sich so sehr, dass ein Brustimplantat riss. Timur Ülker hingegen erlitt beim Training einen Leistenbruch und Bobsportler Kevin Kuske hat sich sogar die Schultersehnen abgerissen und konnte deshalb am Freitagabend nicht teilnehmen.

"RTL Turmspringen": Zwischen Sport- und Unterhaltungsshow

Von solch schweren Verletzungen bleiben die Promis am Freitagabend zwar verschont, zusammen dürften sie aber doch mit ihren Körpern sämtliche Nuancen der Farbe Rot zusammenstellen können. Den Anfang macht Irina Schlauch. Die erste "Princess Charming" kommt bei ihrem Sprung in geknickter Körperhaltung mit dem Gesicht zuerst auf dem Wasser auf, was Spuren hinterlässt. Beim anschliessenden Beckenrand-Gespräch mit Laura Wontorra muss erst einmal die Blutung im Gesicht gestillt werden.

Ja, es ist ein Abend, bei dem vieles nicht mit Absicht passiert, wenn Nacken und Rücken aufs Wasser klatschen und so freut sich Lars Tönsfeuerborn nach seinem Sprung schon auf "ein Date mit dem Physiotherapeuten". Manches passiert aber dann doch mit Absicht und meistens dann, wenn Fabian Hambüchen auf dem Brett steht. "Das ist Wasserspringen formvollendet", findet da Moderator Frank Buschmann nicht ganz zu Unrecht, am Ende ist die Teilnahme eines Turn-Olympiasiegers beim Promi-Turmspringen aber so, als käme man mit einem Ferrari zum Seifenkisten-Rennen.

Das nimmt natürlich ein bisschen die Spannung aus der Show, auch weil Hambüchens grosser Konkurrent, René Casselly, passen musste. Aber das "RTL Turmspringen" ist eben ein TV- und kein Sport-Event. Das muss dann auch irgendwann Frank Buschmann eingestehen, der zu Beginn der Show noch meinte: "Das ist Hochleistungssport". Doch nur, weil etwas schwierig und anspruchsvoll ist, ist es nicht gleich Hochleistungssport.

Fabian Hambüchen gewinnt das "RTL Turmspringen"

Denn beim Sport gibt es Regeln, bei TV-Shows hingegen sind es maximal Empfehlungen. Denn als Gigi Birofio im ersten Durchgang statt des ersten den zweiten Sprung zeigt, fragt er nach seinem Fauxpas Laura Wontorra: "Kannst du nicht tauschen einfach?" Unter der Hand geht nichts, aber das Schiedsgericht drückt etwas später beide Augen zu und wertet Birofios Sprung trotzdem noch einmal, "weil er nur eine Woche trainiert hat", so der Chefrichter.

"Es ist eine Ausnahme", versucht Frank Buschmann eventuelle Wogen der Zuschauer prophylaktisch zu glätten, er hätte aber auch einfach sagen können: "Auch wenn wir euch das hier als Wettkampf verkaufen: Es ist halt immer noch eine Unterhaltungsshow, also macht euch locker!" Schlussendlich macht er das dann sogar und gibt zu: "Es ist die Mischung: Unterhaltungsshow und Sportshow." Am Ende ist es wenig überraschend, dass Fabian Hambüchen diese Mischung eindeutig für sich entscheidet. Auf Platz zwei und drei folgen Marc Terenzi und Jolina Mennen. Im Synchron-Wettbewerb siegt das Duo Arleen Schüssler und Simon Brunner vor Calvin Kleinen und Tobias Wegener sowie Janique Johnson und Laura Dahm.

"Es wirkt ein bisschen wie Mutter-Kind-Turnen", "Das ist Kunst, was wir gemacht haben" oder "Das ist vom anderen Stern": Es gab viele Sätze, die das Treiben der Promis an diesem Freitagabend beschreiben wollten. Am nächsten an der Wahrheit dürfte allerdings Timur Ülker gewesen sein: "Ich denke, alles ohne Verletzung ist ein Erfolg."

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