Lewis Hamilton hat bei Ferrari einen Fehlstart hingelegt. Was für Schlagzeilen sorgte, war aber vor allem der Umgang des Briten damit. Droht das vorzeitige Ende der Traumehe mit der Scuderia? Wir haben mit dem RTL-Experten Christian Danner darüber gesprochen.
Die Worte hallen nach. So sehr, dass auch Christian Danner sie immer noch nicht ganz greifen kann. Es ist zwar bekannt, dass
Doch was er sagte, überraschte auch den langjährigen RTL-Experten, dem der Anblick des 40-Jährigen "ein bisschen wehgetan" und ihn "traurig gemacht" hat, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion sagt.
"Wenn man ihn sprechen hört, wirkt er fast wie ein gebrochener Mann. Ein grosser Rennfahrer wie Lewis Hamilton, der da fast wie ein begossener Pudel dasteht und sagt: 'Es ist eigentlich alles vorbei.' Das hätte ich so nicht erwartet", sagt Danner.
Man muss dazu sagen: Sowohl der Lauf in Saudi-Arabien als auch die nackten Zahlen lassen keine anderen Schlüsse zu: Hamilton hat im Ferrari einen Fehlstart hingelegt. Mehr noch: Seine aktuelle Form ist beängstigend schwach. Er sprach dann nach dem siebten Platz im letzten Rennen bei Sky auch von einer "schrecklichen Erfahrung. Es war absolut unerfreulich. Keine Sekunde Spass, kein Flow, nichts Positives – ausser
Teamkollege Charles Leclerc ist deutlich schneller
Das ist eines der Warnzeichen: Sein Teamkollege Charles Leclerc wurde Dritter und hatte im Ziel etwas mehr als 31 Sekunden Vorsprung auf Hamilton. Was den 40-Jährigen gute 0,62 Sekunden pro Runde langsamer macht, im Qualifying war es eine halbe Sekunde. Und auch sonst war der Monegasse in der Regel stets schneller. "Charles hat grossartig gearbeitet. Ich kann das Problem also nicht auf das Auto schieben", sagte Hamilton. Er konnte bislang mit dem Sieg im Sprint in China ein kleines Erfolgserlebnis feiern, er ist in der WM-Wertung mit 31 Punkten aber nur Siebter, sein Teamkollege kommt auf 47 Zähler.
Was nun besonders verwundert: Hamilton legte eine Ratlosigkeit an den Tag, die nach fünf Rennen schon alarmierend ist. Der Brite ist auch bekannt dafür, im ersten Frust schon mal Dinge zu sagen, die er mit etwas Abstand so wohl nicht mehr von sich geben würde. Und der Frust dürfte nach zuletzt bereits mageren Mercedes-Jahren riesig sein.
Doch letztlich hat er die Saison 2025 im April schon abgeschrieben. So hört es sich zumindest an. "Im Moment gibt es keine Lösung. So wird es für den Rest des Jahres sein. Es wird einfach schmerzhaft sein", sagte er. Also auch im anstehenden Rennen in Miami (alle Sessions live auf Sky, das Qualifying auf RTL+).
Was macht Lewis Hamilton zu schaffen?
Doch was macht ihm nach seinem Wechsel von Mercedes zu Ferrari überhaupt so zu schaffen? Es sei eine Mischung aus mehreren Faktoren, sagt Danner. "Zum einen gibt es die rein technischen Themen: das Fahrverhalten, die Abstimmung, das Verständnis für das Fahrzeug. Welche Stellschrauben muss ich drehen, um das Auto besser auf meine Bedürfnisse abzustimmen?"
Zum anderen gehe es um sogenannte operative Probleme. Wie man also innerhalb des Teams arbeitet, wie man mit den Ingenieuren kommuniziert. Wie man als Fahrer rüberbringt, was man braucht, und wie man es umsetzt, was das Team einem an Rückmeldungen gibt. Doch das sind Dinge, die zur Eingewöhnung dazugehören. Hinzu kommt aber auch, dass Ferrari aktuell im Konzert der Grossen hinter McLaren, Mercedes und Red Bull Racing nur die vierte Kraft ist. Eine schwierige Gemengelage für eine Eingewöhnung. "Die entscheidende Frage ist nicht: Kann er es? Sondern: Will er es auch wirklich?", erklärt Danner.
Klar ist, dass die Saison trotz der Hamilton-Aussagen zum jetzigen Zeitpunkt – also nach fünf von 24 Rennen - weder gelaufen noch die Hamilton-Verpflichtung ein Reinfall gewesen ist. Leclerc ist kein Nasenbohrer, seine Erfolge kommen also nicht von ungefähr, und Hamilton wäre nicht der erste Topfahrer, der einen gewissen Anlauf bei einem neuen Team benötigt.
Ist Hamilton schon gescheitert?
"Von Scheitern kann noch keine Rede sein", sagt daher auch Danner. Hamilton stecke aktuell in einer extrem schwierigen Situation: "Diese Aufgabe bei Ferrari ist eine, die er in der Form noch nie zu bewältigen hatte." Klar ist aber auch, dass Hamilton mit der aktuellen Auto-Generation mit dem Ground-Effect einfach nicht mehr wirklich warm wird. Mag er sie nicht oder passen sie nicht zu seinem Fahrstil? Auch hier: Verunsicherung. "Ich weiss es nicht. Ich weiss es wirklich nicht", sagte er.
Hinzu kommt, dass Hamilton bei Mercedes über Jahre seinen Status als unangefochtene Nummer eins zementiert hatte. Bei den Silberpfeilen wurden ihm die Wünsche von den Augen abgelesen. Er wurde laut Danner "ein bisschen wie in Watte gepackt. Ausserdem hatte er bei Mercedes ein überlegenes Auto und eine Mannschaft, die ihn blind verstanden hat."
Ein kompletter Neuaufbau
Bei Ferrari sei das anders, weiss Danner, der von den aktuellen Problemen gar nicht überrascht ist. "Er muss sich seine Position und seinen Weg erst hart erarbeiten. Es gibt keinen Toto Wolff, keinen Niki Lauda, der ihn auffängt, sondern italienische Journalisten, die gnadenlos kritisieren. Er muss sich ein ganz neues Verständnis im Team aufbauen. Und das kostet Kraft – enorme Kraft." Hamilton benötigt also eine neue Herangehensweise, eine andere mentale Haltung, dazu eine enorme Energieleistung.
Traut Danner dem Ex-Champion zu, das zu schaffen? Er sieht Fragezeichen bei der Motivation, immerhin ist Hamilton bereits 40 Jahre alt und hat unzählige Erfolge gefeiert: "Will Hamilton das noch? Der Mann hat fast eine Milliarde Euro auf dem Konto, sieben WM-Titel, ist in Hollywood unterwegs, betreibt Modelabels, engagiert sich für soziale Projekte – sein Leben geht weit über die Formel 1 hinaus. Will er all das wirklich hinten anstellen, um diesen Ferrari auf Siegkurs zu bringen?" Falls ja, habe er die Chance, stellt Danner klar. "Falls nicht, wird es sehr schwer. Das Potenzial ist zweifellos vorhanden. Ob die Energie und der Wille noch da sind, wird die Zeit zeigen", sagt Danner.
Keine Zweifel an Hamilton
Für Danner steht fest, dass es intern bei Ferrari keinerlei Zweifel an Hamilton gibt. "Da wird niemand an ihm rütteln, auch nicht in schwierigen Zeiten."
Die italienische Öffentlichkeit ist allerdings eine andere Hausnummer, denn in der Ferrari-Heimat wird die Ungeduld grösser, weil der Kult-Rennstall in Sachen Erwartungen und Emotionen speziell ist. Mitte Mai kommt die Formel 1 erstmals nach Europa – und fährt direkt in Imola. "Die Tifosi wollen Resultate sehen – und zwar bald. Es geht dann nicht mehr darum, in Maranello im schicken Mantel anzukommen, sondern darum, endlich Siege für Ferrari einzufahren."
Danner glaubt allerdings nicht, dass Hamilton, selbst wenn es weiterhin nicht gut läuft, mitten in der Saison das Handtuch wirft. "Er ist ein loyaler Typ, der nicht einfach geht, nur weil es schwierig wird." Was ein Szenario einer vorzeitigen Trennung aber nicht komplett ausschliesst. "Er wird sich sehr genau überlegen, ob er auch 2026 antritt. Innerhalb der nächsten fünf, sechs, sieben Rennen werden wir sehen, ob er die Kurve kriegt." Und falls nicht? Danner: "Dann kann ich mir vorstellen, dass er nach dieser Saison seine Karriere beendet." Zumindest im Moment deutet einiges darauf hin.
Über den Gesprächspartner
- Christian Danner absolvierte zwischen 1985 und 1989 insgesamt 36 Rennen in der Formel 1, daneben fuhr der 67-Jährige unter anderem auch in der DTM und in der WEC. Seit 1998 ist Danner als Co-Kommentator und Formel-1-Experte für RTL im Einsatz.
Verwendete Quellen
- Pressekonferenzen
- TV-Übertragung Sky